Kommentar: Steinmeier ist zurecht unerwünscht
Den Bundespräsidenten möchte man in der Ukraine nicht empfangen. Dieser Affront ist hausgemacht. Frank-Walter Steinmeier büßt für seine Fehler. Sie sind so groß, dass auch Schloss Bellevue eigentlich keine Adresse für ihn ist.
Ein Kommentar von Jan Rübel
Die deutschen "Leitmedien" sind sich an diesem Morgen einig. "Unnötiger Affront", "falsch", "Bärendienst" – die Entscheidung der angegriffenen ukrainischen Führung, den deutschen Bundespräsidenten nicht empfangen zu wollen, wird einhellig verurteilt. Da kommt schon der Eindruck auf, als fühlte sich mancher Kommentator persönlich auf den Schlips getreten.
Dabei handelt es sich nicht um Majestätsbeleidigung, sondern es ist die schlichte Verweigerung einer Geste reinen Friedefreudeeierkuchens, den die Leute in Kiew nun wirklich nicht nötig haben. Steinmeier erhält die Quittung für seine Politik der vergangenen Jahre.
Der Bundespräsident fühlt sich missverstanden. In seinen Augen hat er sich immer für Frieden in Europa eingesetzt und versucht, die russische Regierung zu solch einem Kurs zu bewegen. Damit hat er sich selbst überschätzt und die Schergen rund um Wladimir Putin entweder als solche nicht erkannt oder nicht erkennen wollen. Beides ist desaströs.
Ross und Reiter waren zu nennen
Steinmeier hat Unrecht nie angemessen als Unrecht bezeichnet. Er meinte, ein vertrauensvolles Männerverhältnis würde es schon richten. Nebenbei sorgte er geflissentlich dafür, dass die Diktatoren im Kreml weiter ihr Geld verdienen – durch den Ausbau der Öl- und Gasabhängigkeit. Steinmeier hat Karriere im Fahrwasser von Gerhard Schröder gemacht. Er war Buddy und Diener zugleich. Als sich die halbe Welt über den Ex-Kanzler den Mund zerriss, weil der nach seinem Ausscheiden aus der Berufspolitik einfach die korrupten Putingelder zu scheffeln begann, schwieg Steinmeier höflich. Und auch Putin ließ er kommentarlos gewähren, nur um ab und zu ein diplomatisch verbrämtes Kritikchen zu murmeln.
Doch in seiner Realpolitik förderte Steinmeier das Terrorregime in Moskau.
Putin wusste seit Jahren, dass ihm von dieser SPD und Steinmeier keine Gefahr für seine eigene Realpolitik droht. Damit waren die Genossen nicht allein. Angela Merkels CDU agierte ähnlich, die CSU natürlich in ihrem Behauptungsdrang auch, die Linke gab sich selbst ihren Träumen hin und nur den Grünen sowie kleinen Teilen der FDP überließ man die moralische Empörung.
Dabei galt immer: Den Faschisten in Putin zu erkennen war nicht schwer. Man musste nur hinschauen. Und entsprechende Konsequenzen daraus ziehen. Doch Steinmeier war schon immer der Mann warmer Worte, die nichts kosten. Schönwetterreden sind seine Spezialität. Im nett Dreinschauen verwaltet er den Status quo.
Deutschland, der unangenehme Onkel
Dass also nun in Deutschland allgemein über die Nicht-Einladung gelästert wird, mit hochgezogenen Augenbrauen, ist nur Ausdruck unserer Arroganz. Die Ukrainer sollen jetzt schön höflich bleiben, artig geradezu, sonst führen wir unsere Panzer für sie nicht Gassi – ich meine die Helme, mit denen alles anfing. Diese bräsige Überheblichkeit war schon immer ein bundesrepublikanisches Laster. Da jammert etwa die SPD-Politikerin Aydan Özoğuz, dass die ukrainische Regierung "so ziemlich alles von uns fordert". Ja, was fällt denen auch ein? Sollen die sich doch die Bomben aufs Haupt fallen lassen, in den Schießpausen sollte aber Zeit für ein Kaffeekränzchen mit Steini sein.
Besser nicht. Der Bundespräsident stellt immer noch seine Russlandpolitik als aus damaliger Sicht gut und alternativlos da. Aber das war sie nicht. Dafür soll er seinen kalten Kaffee bittschön allein schlürfen.