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Kommentar: Wegen Panzerlieferung – Droht uns nun der Dritte Weltkrieg?

Ein Demonstrant warnt im Herbst 2022 in Frankfurt vor einer deutschen Kriegsbeteiligung in der Ukraine (Bild: REUTERS/Alex Kraus)
Ein Demonstrant warnt im Herbst 2022 in Frankfurt vor einer deutschen Kriegsbeteiligung in der Ukraine (Bild: REUTERS/Alex Kraus)

Dass die Bundesregierung nun Leopard-2-Panzer an die angegriffene Ukraine schickt, weckt auch Befürchtungen. Rückt man dadurch einem Krieg näher? Linkspartei und AfD warnen davor. Dabei verschweigen sie ein wichtiges Detail.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Im russischen Staatsfernsehen ist man schon alarmiert. Da wird der Zeiger einer symbolischen Uhr nach vorn geschoben – sie soll die Gefahr eines Atomkrieges ausdrücken. „In Moskau betrachten wir dies als direkte Beteiligung am Krieg“, sagte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow mit Blick auf die Entscheidung der deutschen Bundesregierung, nun doch moderne Versionen des als sehr effektiv geltenden Panzers Leopard 2 der Ukraine zur Verfügung zu stellen.

Und in Deutschland selbst gibt es Kritik von Teilen der Opposition. „Das ist keine gute Nachricht, weil wir befürchten, dass das wirklich ein ganz gefährlicher Irrweg ist“, sagte Janine Wissler, die Linken-Parteichefin. Der Ukraine und den Menschen in dem Land sei nicht geholfen, wenn dieser Krieg über die Ukraine hinaus eskaliere "und wir in eine Rutschbahn kommen, die wirklich eine ganz gefährliche Eskalation bedeuten kann", warnte sie weiter. Immer mehr und immer schwerere Waffen in dieses Land reinzuliefern, das ist keine Strategie.

Die Linken-Chefin forderte stattdessen stärkere diplomatische Bemühungen. Russland müsse an den Verhandlungstisch gezwungen werden. "Was wir brauchen, ist eine europäisch abgestimmte Friedensinitiative" sagte auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch im Bayerischen Rundfunk. "Wer meint, dass dieser Konflikt auf dem Schlachtfeld entschieden wird, der liegt falsch", kritisierte er.

Im Boot mit der Linkspartei sitzt – diesmal – die AfD. "Sie laufen sehenden Auges direkt ins offene Feuer, ich muss es so offen sagen, direkt in den dritten Weltkrieg", sagte AfD-Co-Parteichef Tino Chrupalla. Wer glaube, mit Waffenlieferungen Frieden zu schaffen, sei mehr als naiv. Und die Vize-Parteivorsitzende Mariana Harder-Kühnel sagte, Lieferungen gerade von schweren Waffen würden die Gefahr bergen, „selbst zur Kriegspartei zu werden und dementsprechend von der Russischen Föderation behandelt zu werden.“

Haben all diese Politiker recht?

Wer lügt, wirkt wenig glaubhaft

Gehen wir der Reihe nach durch. Im russischen Fernsehen wird viel gesagt, wenn der Tag lang ist, das gilt selbst im Winter. Am gleichen Tag sagte Präsident Wladimir Putin, manche westliche Länder würden die Ukraine dazu nutzen, die russische Kultur auslöschen zu wollen. Und streng genommen sei Deutschland immer noch von den USA besetzt. Haha.

Die russische Staatsspitze verbreitet also Nonsens. Niemand will die russische Kultur auslöschen – für diese Behauptung gibt es keinen Beleg. Vielmehr sprechen russische Staatsmedien zigfach davon, die ukrainische Kultur auslöschen zu wollen – dafür gibt es hunderte Belege.

Die Formulierung „direkte Beteiligung am Krieg“ ist jedoch interessant. Man kann schon sagen, dass man sich mit dem Überlassen von Panzern an einem Krieg auch beteiligt. Aber: Mehr auch nicht. Entscheidend ist, dass Deutschland „nicht-kriegführende“ Partei bleibt. Denn dies ist ein großer Unterschied. Erst wenn deutsche Soldaten entsandt würden, wäre dies ein Kriegseintritt. Juristisch, also völkerrechtlich gesehen, ist die Leopard-Entscheidung kein Kriegseintritt.

Aber ist es ein gefährlicher Irrweg, wie Wissler sagt? Er wäre es, wenn Russland nun den Krieg ausweiten würde. Dafür gibt es aber keinerlei Anzeichen. Die russischen Truppen haben schon genug entlang der Ukraine zu tun, um nicht komplett zu scheitern. Ein Angriff an der Westflanke gegen ein Natomitglied würde selbst dem semiverrückten Lügenverbrecher Putin nicht einfallen. Es gibt also keine Rutschbahn, keine Eskalation. Stattdessen gibt es vorauseilendes Verständnis für einen Kriegsherrn. Wissler meint ferner, die Lieferung schwerer Waffen sei keine Strategie. Aha. Natürlich ist es eine, denn dies soll verhindern, dass russische Truppen bei der zu erwartenden Frühlingsoffensive neues Leid über die Ukraine bringen. Was Wissler selbst vorschlägt, ist jedenfalls KEINE Strategie. Wie will sie Russland an einen Verhandlungstisch zwingen? Ihr fallen nur Sanktionen ein, und viel reden. Beides ist sehr wichtig, beides wird bereits getan, somit ist ihr Beitrag bestenfalls überflüssig. Auch Bartsch kommt nur auf die Idee, sich neunmalklug zu geben: Natürlich werden Konflikte zuweilen auf dem Schlachtfeld entschieden oder vorentschieden. Putin spricht gerade nur die Sprache der Gewalt, ansonsten: Kein Anschluss unter dieser Nummer. Entsprechend ist ihm zu antworten.

Die wahren Motive des Taubentalks

Und der Rechtspopulist Chrupalla begründet schlicht nicht, warum es naiv sei, auf Waffenlieferungen zu setzen. Beim Beitrag von Harder-Kühnel scheint schließlich die eigene Parteiwebsite sich nicht einig zu sein, was sie nun gesagt hat: Im Lauftext heißt es, die Lieferungen würden die Gefahr bergen, selbst Kriegspartei zu werden – und in der Überschrift heißt es: „Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine macht Deutschland zur Kriegspartei“. Also, was denn nun? Es geht hier schließlich um Wichtiges.

Diese Äußerungen von Spitzenpolitikern aus Linke und AfD folgen einem Muster. Man will zum einen keinen Konflikt, weil Solidarität mit Schwächeren zu einem Fremdwort wird, wenn es die eigene Befindlichkeit betreffen könnte. Und zum anderen existiert in beiden Lagern eine heimliche bis offene Sympathie für den Autokraten im Kreml. Bei der Linken rührt diese aus alter Verbundenheit von den DDR-Zeiten her, und bei AfD-Politikern ist die Vorliebe für Antidemokratisches und Rassistisches.

So wird es aber nicht formuliert. Lieber wirft man dem Nächsten Naivität vor, fabuliert von Verhandlungen und gibt sich als Friedenstäubchen. Ein Krieg ist die vielleicht schlimmste aller Krisen. In Krisen haben sich Parteien zu bewähren. AfD und Linke fallen gerade durch.

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