Kommentar: Wer geht für die Union ins Rennen ums Kanzleramt?

Bis zur Bundestagswahl im Herbst 2025 dauert es noch. Doch bei CDU und CSU wird bereits intensiv sondiert und beäugt. Drei Kandidaten haben dabei die besten Chancen auf die Spitzenkandidatur.

Die drei Rivalen um die Spitzenkandidatur der Union: Hendrik Wüst (links), Friedrich Merz und Markus Söder nach einer Pressekonferenz in Köln (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)
Die drei Rivalen um die Spitzenkandidatur der Union: Hendrik Wüst (links), Friedrich Merz und Markus Söder nach einer Pressekonferenz in Köln. (Bild: REUTERS/Thilo Schmuelgen)

Ein Kommentar von Jan Rübel

An den Toren des Kanzleramtes hätten alle drei gern gerüttelt: Da wollen Friedrich Merz, Hendrik Wüst und Markus Söder rein. Sie sind die aussichtsreichsten Kandidaten der Union. Aber nur einer von ihnen wird es schaffen – offiziell zu rütteln und Kanzler Olaf Scholz herauszufordern.

Getrost kann davon ausgegangen werden, dass der Ehrgeiz bei allen dreien gleich stark ausgeprägt ist. Jeder von ihnen ist Alphatier mit einer eingebauten Navi nach oben. Genug ist ihnen niemals etwas.

Der Platzhirsch: Friedrich Merz

Schon durch die Ämter ist er quasi gesetzt: Merz ist CDU-Parteichef und Fraktionsvorsitzender im Bundestag, also Oppositionsführer. Beide stehen hinter ihm. Sein Profil ist deutlich konservativ, Marke "Einsamer Cowboy". Merz ist vorhersehbar und transparent, bei ihm weiß man, was man hat. Auch lässt er sich kaum verbiegen. Aber er trägt auch Makel: Bei Frauen kommt seine Politik weniger gut an, sein Image als kalter Finanzspekulant bleibt haften. Und was am schwersten negativ wiegt: Merz hat trotz seiner 67 Jahre keine Regierungserfahrung. Er war stets Parlamentarier oder in der Wirtschaft unterwegs. Das macht ihn mehr zum Besserwisser und weniger zum Macher. In der CDU fragen sie sich durchaus, ob die Zielgruppe seiner Anhänger breit genug ist.

Der Herausforderer: Hendrik Wüst

Im Gegensatz zu Merz ist Wüst der perfekte Schwiegersohn und nice guy. Alles in seiner Außenwirkung scheint choreographiert. Und dennoch wirkt der NRW-Ministerpräsident locker und entspannt, vereint in sich mit seinen 47 Jahren eher Junges mit Erfahrung durch sein Amt. Er ist ein Landesmanager. Und er kann mit Grünen, ist offener für Frauenrechte. Wüsts Zielgruppe ist deutlich größer – er scheint geeigneter, in einem Wahlkampf der SPD und den Grünen Stimmen abzujagen. Gegen Wüst spricht, dass er deutschlandweit kaum bekannt ist. NRW ist eben doch nicht BRD. Auch schaut er erst auf eineinhalb Jahre als Ministerpräsident zurück, gilt also als Frischling.

Der Lauerer: Markus Söder

Vielleicht ist er doch der ehrgeizigste unter den drei Kandidaten. Das muss beim bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef genetisch geregelt sein; er kann nicht anders. Söder ist erst 56 Jahre alt, schaut auf lange Erfahrungen zurück, auf einen nicht machtlosen Parteiverband. Und natürlich ist er in seiner Mission "Markus First" davon durchdrungen, einen guten Kanzler abgeben zu können. Er würde auch einen pointierten Wahlkampf führen, mit zugespitzten Parolen. Welche, stünde noch nicht fest. Denn Söder sondiert genau die Wetterlage, bevor er seine Fahne in den Wind hält. Allerdings haben Viele in der CDU nicht vergessen, wie Söder in der vergangenen Bundestagswahl durch seine taktischen Manöver und Sticheleien dem CDU-Kandidaten Armin Laschet das Leben schwermachte. Warum ihn nun belohnen?

Nach jetziger Lage hat Merz die besten Chancen, wenn er den unbedingten Willen zur Spitzenkandidatur zeigt und Fettnäpfchen umkurvt. Wüst ist der Mann der Zukunft, hätte auch noch Zeit. Für Merz wäre die Chance jetzt und kaum später. Und Söder muss abwarten. Sein Buchwert wird sich danach richten, wie die kommende Landtagswahl in Bayern in diesem Herbst ausgeht. Dann wird er seine Chancen sondieren.