Kommentar: Wie die AfD als Putins Pferd Deutschland schadet

AfD-Mitparteichef Tino Chrupalla bei einer Pressekonferenz in Riesa (Bild: REUTERS/Matthias Rietschel)
AfD-Mitparteichef Tino Chrupalla bei einer Pressekonferenz in Riesa (Bild: REUTERS/Matthias Rietschel)

Derzeit macht die AfD auf Frieden. Klingt neu, soll aber verfangen bei allen, die den Angriff des russischen Staates auf seinen Nachbarn Ukraine nicht als ihren Krieg sehen. Das ist nicht nur billige Ignoranz. Die AfD erreicht mit ihrem Pseudopazifismus für das Land auch das Gegenteil.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Dass es in der AfD einen weit verbreiteten Binnenpluralismus gibt, war ja bekannt. Die Meinungen bei den Rechtspopulisten gehen weit auseinander, es ist im Grund eine innerparteiliche Demokratie. Nur setzt sich zuweilen bei gewissen Themen ein Trend durch. Gerade passiert sowas. Es betrifft die Haltung der Partei zum Krieg in der Ukraine.

In den westlichen Landesverbänden, gerade bei den Mitgliedern und Wählern, herrscht schon die Auffassung vor: Das ist nicht in Ordnung, was Russlands Präsident Wladimir Putin da anstellt. Historisch aus dem Kalten Krieg wirkt noch ein Argwohn nach, vielleicht auch ein Rassismus, jedenfalls stark ein gewisses Wohlgefallen am Leben hier, das man in seinen politischen Freiheiten kaum mit der Autokratie des Kremls tauschen würde.

So hat etwa der NRW-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen schon ein Problem mit seinen ostdeutschen Kollegen in puncto Ukrainekrieg. „Man könnte auch zu der Auffassung gelangen, dass das so etwas wie Landesverrat ist“, sagte er mit Blick auf einen Auftritt seines Parlamentarierkollegen Eugen Schmidt, der im russischen Fernsehen Deutschland beschrieb, als wäre es eine Bananenrepublik.

Es gibt da ein Problem. Leute wie Lucassen werden abgedrängt. In den Vordergrund schieben sich Stimmen, die ganz auf Linie der russischen Propaganda sein – angefangen beim AfD-Mitchef Tino Chrupalla.

Eine Menge nachgeträllert

Nun hat sich der Bundesverfassungsschutz gemeldet. Dessen Präsident Thomas Haldenwang sagte heute im „Morgenmagazin“: „Indem aus Teilen dieser Partei heraus auch russische Narrative weitergegeben werden, weitergesteuert werden, trägt das dazu bei, dass Rechtsextremismus in Deutschland expandieren kann und auch in diesen Kreisen dann eben Putins Lied gesungen wird." Klar, der Verfassungsschutz und die AfD werden wohl kaum noch Freunde. Und die AfD braucht auch nicht Putin, um Rechtsextremismus expandieren zu lassen – keine Ahnung, was Haldenwang damit meint. Aber bei der Bewertung des Angriffskriegs gegen die Ukraine stimmt sein Ansatz: Die AfD entwickelt sich zum Trojanischen Pferd des Kremls.

Eine Kostprobe gefällig? „Ich halte das wirklich für abwegig, eine Atommacht in die Knie zu zwingen. Und noch dazu auf dem Rücken der Ukrainer. Die Amerikaner kämpfen auf ukrainischem Gebiet bis zum letzten Ukrainer. Sie sind die eigentlichen Profiteure dieses Krieges und so kann es nicht weitergehen.“ O-Ton Chrupalla. Heißt: Wer viele dicke Raketen hat, soll machen, was er will. Was würde dies letztendlich für Deutschland bedeuten? Und der Partei- und Fraktionsboss tut so, als wären die Ukrainer willenlose, gezwungene oder angeheuerte Komparsen in einem US-Krieg. Ich glaube, in der Ukraine sieht man das etwas anders. Es ist eher so, dass Teile der Linken finden: Dass die USA seinerzeit Vietnam angegriffen haben, werden sie den Ukrainern nie verzeihen. Und Rechte ziehen nach. Die Ukrainer werden hüben wie drüben entrechtet. Mieser Move. Im Schlepptau Chrupallas beweinen er und andere Spitzenpolitiker der AfD, dass nun die Leopardpanzer an die Ukraine geliefert werden. Sich als „Friedenspartei“ stilisierend, tun sie so, als würden damit deutsche Panzer wieder gegen Russland rollen – wie im Zweiten Weltkrieg; obwohl die Panzer für den Einsatz in der Ukraine sind, nicht in Russland.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow formuliert es ganz ähnlich. „Hitler hat die Mehrheit der europäischen Länder erobert und sie gegen die Sowjetunion in den Krieg geschickt“, sagte er nach Angaben des RBB. „So ist es jetzt auch: Die Vereinigten Staaten bildeten eine Koalition aus fast allen Europäern und führen über die Ukraine – quasi mit einer Vollmacht – einen Krieg gegen unser Land mit der gleichen Aufgabe: der endgültigen Lösung der ‚russischen Frage‘". Und der Kreml-Propagandist Wladimir Solowjow: „Also wird Deutschland zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg sagen: 'Achtung Panzer nach Osten'. Und für Russen sind deutsche Panzer auf unserem Land nicht nur eine rote Linie. Das ist nicht nur die rote Linie. Das ist der Beginn des Heiligen Krieges." Solowjow fordert nun Bomben auf Berlin.

Man kann auch sagen: Die AfD redet diese Rhetorik Russlands herbei. Sie baut ein Trojanisches Pferd und verrichtet den Job der in Deutschland offiziell verbotenen russischen Staatssender, die all zu viele Lügen verbreitet hatten.

Eine Nummer auf dem Rücken Anderer

Dabei ist es gar kein Problem, dass Chrupalla sich am 9. Mai in der russischen Botschaft zu Berlin hat sehen lassen – zum Gedenken an den Sieg der angegriffenen Sowjetunion über Nazi-Deutschland. Das Maul wurde über Chrupalla zerrissen. Ich finde, der Besuch war in Ordnung. Man hätte ihn nutzen können, um dem Botschafter ins Gesicht zu sagen, dass er einen Aggressionsstaat vertritt, den andere Länder ungern zum Nachbarn haben. Und der 9. Mai bleibt ein Tag, an dem man dankbar und demutsvoll auf Russland schaut – und auf die ukrainischen und polnischen Soldaten, die Berlin mit befreiten. Chrupalla indes verhielt sich beim Botschaftsempfang nicht wie ein deutscher Parteichef, sondern wie ein buckelnder Diener ohne Serviertablett.

Damit zeigt sich die AfD als Gefahr für Deutschland. Russland manipuliert durch Fakenews, Trolls und echte Hacks das politische Leben in Deutschland – seit Jahren. Versucht unsere Republik als schwach und fies zugleich dastehen zu lassen. Im Grunde hält das Regime des Ex-Geheimagenten Putin sein eigenes Spiegelbild gen Westen und so, als sei der so. Und die AfD versucht sich im Schlechtmachen Deutschlands, weil sie davon zu profitieren versucht.

Die westdeutschen AfD-Anhänger sind nicht zu beneiden. Diese Schlacht haben sie schon verloren.