Kommentar: WM-Deal mit Saudis – wie der Fußball verkauft wird
FIFA-Generaloberst Gianni Infantino regiert durch. Die Fußball-WM für das Jahr 2034 schustert er indirekt Saudi-Arabien zu. War da nicht was? Nee, Geld regiert die Welt. Jedenfalls die des globalen Verbandsfußballs.
Ein Kommentar von Jan Rübel
Ups, er hat es wieder getan. Gianni Infantino, Chef eines korrupten Netzwerks, das im Nebenjob mit Fußball zu tun hat, zeigte es mal wieder allen. Er entscheidet. Und dies im Sinne jener, die ihm am meisten nützen.
Da kommen die Regenten aus Saudi-Arabien gerade richtig, haben sie doch einerseits Taschen voll Petrodollars und andererseits ein dringendes Bedürfnis, ihre miese Diktatur durch den Glanz der Pille im Schein aufzuhübschen. Also sind Infantino nun zwei Überraschungscoups gelungen.
Zuerst sorgte er für beschwerdefreie Verhältnisse, indem sich sein Führungsstab ein Potpourri für die Ausrichtung der Fußball-WM 2030 ausdachte: Die ersten drei der wahrscheinlich 104 Spiele werden in Südamerika stattfinden, während der Rest an Spanien, Portugal und Marokko geht. Letzteres wird, so lauten die Gerüchte, nur wenige Spiele ausrichten.
Daraus lernen wir dreierlei: Erstens wird Südamerika abgespeist. Zweitens wird Afrika abgespeist. Beide Kontinente sollen sich nicht beschweren, sie kriegen ja etwas, damit sind sie erstmal bedient. Und drittens wird diese Weltmeisterschaft in der Wahrnehmung virtuell, weil über drei Kontinente verteilt. Das Fernsehen wird sie regieren. Eine geballte Fanstimmung wird so nur schwer entstehen. Aber Fans sind in Infantinos Welt eher lästiges Beiwerk.
Vordergründige FIFA-Demokratie
Die zweite Überraschung ist, dass Infantino nonchalant verkündete, nun sollten sich für die WM 2034 nur Verbände aus Asien und Ozeanien bewerben. Das klingt vordergründig gerecht, geht doch die WM vier Jahre davor an – ja, das wissen wir nun. Komischerweise schickte sofort Saudi-Arabien ein Bewerbungsvideo viral. Wer wird sich dem Ölgiganten in den Weg stellen? Neuseeland? Offiziell nennt man es in der FIFA Demokratie. In Wirklichkeit ist es ein abgekartetes Spiel.
Saudi-Arabien investiert in letzter Zeit Unsummen in Fußball. Das Land kauft Spieler hohen Marktwerts. Fußball ist für die Scheichs ein Markt. Auch ein politischer. Denn das Land öffnet sich zwar und reduziert den Einfluss der ultrakonservativen Geistlichkeit – dazu passt die WM, die diesen wichtigen Weg unterstützen könnte. Aber die andere Seite der Regierung ist hässlich. Frauen werden nach wie vor drangsaliert. Die Forderung nach Menschenrechten, nach liberalen Werten beantwortet Riad mit schierer Gewalt. Leute werden hingerichtet. Vorher gefoltert. Das Regime hat einen Überwachungsapparat für seine Bürger aufgebaut, bei dem George Orwell erblasste.
Eine Fußball-WM sollte nicht an ein Land gehen, das mittels seines Reichtums nur vom eigenen Machtmissbrauch ablenken will.
Fußball ist doch ein Volkssport
Klar, solch ein globales Ereignis kann nicht nur an Länder gehen, die demokratisch-parlamentarisch verfasst sind, die Welt ist nun mal schlecht, das sagte schon Bert Brecht. Aber ginge es vielleicht mal mit einem nicht krass wohlhabenden Land? Und wie wäre es, wenn man Saudi-Arabien zwingen würde, sich die Ausrichtung wie 2030 mit anderen Ländern zu teilen? Mir fällt der Jemen ein. Das Land ist kriegsversehrt, unter anderem wegen den saudischen Bombardements. Oder Israel: Riad nähert sich dem Staat an, eine Aussöhnung wird derzeit verhandelt – wie wäre es, wenn die WM in Israel, den Palästinensischen Autonomiegebieten und Saudi-Arabien stattfände? Oder wie wäre es mit dem Libanon: Die Bürger dort müssen überleben, ohne einen echten Staat zu haben. Die politische Elite dauerversagt, aber die muss ja nicht in die Stadien – wie wäre es mit einem internationalen Kraftakt, um dem Zedernland auch infrastrukturell auf die Beine zu helfen?
Der Fußball ist auf globaler Ebene verkauft worden. Es ist Zeit, ihn wieder aus sportlicher Perspektive zu betrachten. Ihn den Fans zurückzugeben. Jenen, denen er Hoffnung geben kann.
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