Faeser im Innenausschuss: Mehr Kontrollen direkt an Grenze

Über die Landgrenze zu Österreich hinaus will Bundesinnenministerin Nancy Faeser aktuell keine stationären Grenzkontrollen bei der EU-Kommission beantragen.

Die Schleuserkriminalität an den Grenzen zu Tschechien und Polen muss stärker bekämpft werden, fordert Innenministerin Faeser. (Bild: Kay Nietfeld/dpa)
Die Schleuserkriminalität an den Grenzen zu Tschechien und Polen muss stärker bekämpft werden, fordert Innenministerin Faeser. (Bild: Kay Nietfeld/dpa)

Die SPD-Politikerin stellte heute in einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestages ihre Pläne für verstärkte Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen vor.

Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen sagte sie, die geplanten Maßnahmen "entlang der Schleuserroute" sollten "lageabhängig auch an der Grenze", "wechselnd und flexibel" sein.

Seit Herbst 2015 gibt es stationäre Kontrollen in Bayern an der Grenze zu Österreich. Diese vorübergehenden Kontrollen müssen regelmäßig bei der EU-Kommission notifiziert werden.

Aufgrund der gestiegenen Zahl von Asylbewerbern hatten Landesinnenminister der CDU Faeser aufgefordert, solche Kontrollen auch an den Grenzen zu Tschechien und Polen zu beantragen. Wer an der Grenze ein Asylbegehren äußert, kann im Regelfall jedoch auch bei stationären Grenzkontrollen nicht gleich abgewiesen werden.

Statistik: Anzahl der polizeilich erfassten Fälle des Einschleusens von Ausländern nach Deutschland von 2011 bis 2022 | Statista
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Buschmann: Asylverfahren in Drittstaaten

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte: "Menschen, die nicht aus humanitären Gründen hierherkommen und keine Bleibeperspektive haben, müssen zügiger abgeschoben werden." Er sprach sich dafür aus, dass Asylverfahren in Drittstaaten durchgeführt werden sollten.

Bislang verfolgt die Bundesregierung solche Pläne allerdings nicht. Auch hat sich bisher kein Staat außerhalb der Europäischen Union angeboten, in dem Asylbewerber dann auf den Abschluss ihres Verfahrens warten könnten.

Lindner sagt Unterstützung des Zolls zu

Die zusätzlichen Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien sollen vom deutschen Zoll mit bis 500 Vollzugsbeamten unterstützt werden. Das kündigte der für den Zoll zuständige Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Regierungsbefragung im Bundestag an. "Nach 2015 hat Deutschland streckenweise die Kontrolle über den Zugang in dieses Land verloren", räumte Lindner ein. "Dieser Zustand darf nicht fortgesetzt werden."

Unterschiedliche Stimmen der Parteien

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt rief Faeser im Vorfeld dazu auf, die in Aussicht gestellten zusätzlichen Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien bei der EU anzumelden. Dies müsse umgehend geschehen, ansonsten sei es eine Verschleppung.

Hingegen äußerte die Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, am Abend in den ARD-"Tagesthemen" noch einmal Zweifel am Sinn stationärer Grenzkontrollen. Sie bedeuteten sehr viel Personal, das dann an anderen Stellen, etwa an den Bahnhöfen, fehle. "Und deshalb haben wir immer gesagt, vielleicht sind punktuelle, mobile Grenzkontrollen, stichprobenhaft wichtiger und richtiger."

Haßelmann erklärte, man müsse sich auch fragen, ob schwerpunktmäßige Kontrollen nicht der bessere Weg seien als stationäre Kontrollen. "Wir müssen ja immer auch abwägen, was bedeutet das eigentlich im Lebensalltag vieler Menschen, die hier im geeinten Europa eben im einen Land arbeiten, im anderen Land wohnen?" Die Grünen-Politikerin betonte aber auch: "Im Ziel sind wir vollkommen einig: Die Bekämpfung der Schleuserkriminalität muss verstärkt werden."

Bundesregierung unter Druck

Die Debatte wird vor dem Hintergrund der nahenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen geführt, sie sind am 8. Oktober. Ministerin Faeser ist zugleich SPD-Spitzenkandidatin in Hessen - der dortige CDU-Ministerpräsident Boris Rhein will sein Amt verteidigen. Die SPD liegt nach letzten Umfragen in dem Land deutlich hinter der CDU.

Die Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) steht auch in der EU unter erheblichem Druck, weil sie die Vorschläge zur geplanten Reform des EU-Asylsystems ablehnt. Diese Position sei maßgeblich dafür verantwortlich, dass notwendige Verhandlungen mit dem Europaparlament derzeit blockiert seien, hatten mehrere Diplomaten und EU-Beamte der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Vor allem die Grünen gelten als entscheidend für die Position Deutschlands. Morgen treffen sich die EU-Innenminister in Brüssel. Aber eine schnelle Einigung in dem Streit ist nicht in Sicht.

Im Video: Nach Faeser-Vorschlag - Polizeigewerkschaft gegen stationäre Grenzkontrollen