Konzertfilme: Läuten Taylor Swift und Beyoncé eine neue Kino-Ära ein?

Mit Renaissance: A Film by Beyoncé und Taylor Swift: The Eras Tour füllen die beiden Superstars gerade weltweit Kinosäle - Läutet die jüngste Welle von Konzertfilmen eine neue Ära in den Kinos ein?

Beyoncé und Taylor Swift füllen aktuell nicht nur Stadien, sondern auch Kinos. (Bild: Getty Images)
Beyoncé und Taylor Swift füllen aktuell nicht nur Stadien, sondern auch Kinos. (Bild: Getty Images)

Nach den jüngsten Erfolgen des Konzertfilms Taylor Swift: The Eras Tour und dem Dokumentarfilm Renaissance: A Film by Beyoncé, der an seinem Eröffnungswochenende 21 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 19,45 Mio. Euro) an den Kinokassen einspielte, ist dies "auf jeden Fall" der Beginn eines neuen Kapitels, meint Travis Knox, Privatdozent am Dodge College of Film and Media Arts der Chapman University, Kalifornien.

"Hollywood ist eine Nachahmungsindustrie"

"Es gibt nicht viel, was so relativ billig zu produzieren und zu vermarkten ist, aber mit einer garantierten Fülle an kostenloser Werbung einhergeht", sagte er gegenüber Yahoo Entertainment. "Konzerte wie die von Swift und Beyoncé sind ein absolutes Muss."

Ray Nutt, CEO von Fathom Events, einem Unternehmen, das live Veranstaltungen wie Konzerte, Theateraufführungen oder Sportveranstaltungen ins Kino bringt (das nächste Event ist eine fünftägige Theateraufführung des Musicals Waitress von Sara Bareilles), sagte, dass Erfolg oft zu mehr Erfolg führe – oder zumindest zu Versuchen, diesen zu erreichen.

"Hollywood ist eine Nachahmungsindustrie. Das war schon immer so. Wenn die Leute sehen, dass etwas gut läuft, werden sie versuchen, es zu kopieren", erklärte Nutt.

"Taylor Swift: The Eras Tour" bricht Rekorde

Swifts Konzertfilm The Eras Tour, den Nutt als "Einhorn-Ereignis" bezeichnet, zeigt in zwei Stunden und 49 Minuten die zehn musikalischen Epochen der 33-jährigen Sängerin und bricht Rekorde an den Kinokassen. Als er am 13. Oktober in die Kinos kam, spielte er allein am Eröffnungswochenende in den USA 92,8 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwas 85 Mio. Euro) ein. Das war mit Abstand der beste Start eines Konzertfilms aller Zeiten.

Weltweit hat Swifts Film, der von AMC Theatres vertrieben wird, bisher mehr als 249 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 230,6 Mio. Euro) an den Kinokassen eingespielt, berichtet BoxOfficeMojo. Damit liegt er nach Michael Jacksons posthumer Konzertdokumentation This Is It, die 2009 weltweit über 261 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 241,7 Mio. Euro) einspielte, an zweiter Stelle. Ab dem 13. Dezember, Swifts 34. Geburtstag, wird eine verlängerte Version von The Eras Tour auf Streaming-Plattformen wie Apple TV, Prime Video und YouTube zum Mieten verfügbar sein.

Jetzt folgt Beyoncés Konzertfilm

Beyoncé folgte Swifts Beispiel und veröffentlichte am 1. Dezember ihren eigenen Konzertfilm, der ihre rekordverdächtige sechsmonatige "Renaissance World Tour" dokumentiert und unveröffentlichtes Material hinter den Kulissen enthält. Der fast dreistündige Film Renaissance: A Film by Beyoncé, der ebenfalls von AMC Theatres vertrieben wird, spielte nach Angaben der Fachzeitschrift Hollywood Reporter in den ersten drei Tagen in Nordamerika 21,8 Millionen US-Dollar (umgerchnet etwa 20,19 Mio. Euro) ein und erreichte damit das höchste Einspielergebnis für eine Premiere Anfang Dezember seit zwei Jahrzehnten.

"Die 'Eras'- und die 'Renaissance'-Tour sind die Touren mit dem höchsten Bruttoumsatz pro Show aller Zeiten", so Knox. Swift führt die Liste mit einem atemberaubenden Durchschnitt von 12,86 Millionen US-Dollar [umgerechnet etwa 11,91 Mio. Euro] pro Konzert an, während Beyoncé durchschnittlich 10,35 Millionen US-Dollar [umgerechnet etwa 9,59 Mio. Euro] einnahm. Mit dieser begeisterten Fangemeinde werden die Einnahmen bestimmt riesig sein."

Die Sängerinnen sind nicht die ersten im Business

Konzertfilme sind kein neues Phänomen. Im Februar veröffentlichte die Pop-Supergruppe BTS ihr letztes Konzert (bis zur geplanten Wiedervereinigung der Gruppe im Jahr 2025), Yet to Come – das ursprünglich im November letzten Jahres kostenlos per Live-Stream übertragen wurde – für ein begrenztes Kinoereignis in über 5.800 Kinos in 128 Ländern durch Trafalgar Releasing. Der Film spielte weltweit mehr als 53 Millionen US-Dollar (umgerechnet etwa 49 Mio. Euro) an den Kinokassen ein. (Ihren bisherigen Rekord hatten sie 2022 mit dem Konzert Permission to Dance on Stage – Seoul: Live Viewing erreicht, das nur einen Tag lang per Live-Stream in die Kinos weltweit übertragen wurde und 32,6 Millionen US-Dollar einspielte).

Die koreanische Gruppe und andere Künstler wie Coldplay und Metallica haben das Kino als eine weitere Möglichkeit genutzt, ihre Musik und ihre Geschichte für diejenigen erlebbar zu machen, die sonst keinen Zugang dazu hätten, zum Teil aufgrund geografischer Beschränkungen oder dem hohen Preise für Konzertkarten.

Die Tickets für Swifts "Eras Tour"-Konzerte in den USA lagen zwischen 45 und 416 Euro, gingen aber auf dem Wiederverkaufsmarkt in die Tausende. Ihre Kinokarten für die Konzerte waren erschwinglicher: umgerechnet etwas 18,40 Euro für Erwachsene, 12 Euro für Kinder und Senioren. Die Tickets für Beyoncés "Renaissance-Tournee" in den USA lagen zum Nennwert zwischen 57 und 926 Euro, während eine Kinokarte für ihr Konzert etwa 20 Euro kostete.

Backstage-Szenen, Gemeinschaft & Erfahrung

"Auf der Couch zu sitzen, kann das Live-Musik-Erlebnis niemals wiedergeben. Wenn der Film jedoch so gut gemacht ist wie der von Beyoncé und in einem erstklassigen Rahmen erlebt werden kann, kommt der Nervenkitzel der Veranstaltung viel näher", erklärte Knox. "Shows wie [die von Taylor Swift und Beyoncé] ziehen große Gruppen von Fans an, die sich das Live-Erlebnis sonst nicht leisten könnten und einen unvergesslichen Abend erleben, und Fans, die die Tournee gesehen haben, sie aber mit den zusätzlichen Backstage-Szenen noch einmal erleben wollen."

Beyoncé auf der Bühne während ihrer „Renaissance World Tour
Beyoncé auf der Bühne während ihrer "Renaissance World Tour". (Bild: Kevin Mazur/WireImage für Parkwood)

Es gibt auch den Gemeinschafts-Aspekt, mit anderen zusammen zu sein, die ähnliche Interessen haben und motiviert sind, einen hochwertig produzierten Konzertfilm zu sehen, in dem sie Details sehen können, die sie vorher vielleicht verpasst haben. Manche sehnen sich einfach nach einer interaktiven Erfahrung im Kino, anstatt einen traditionellen Film zu sehen.

"Die Leute wollen eine andere Art von Erfahrung machen. Bei einem Konzert [Film] ist jeder Sitzplatz ein Platz in der ersten Reihe", sagte Nutt und fügte hinzu, dass sich die Kinos "weiterentwickeln müssen". Wenn man den Leuten andere Gründe für einen Kinobesuch bietet, wie z. B. Konzertfilme, wird das hoffentlich "ein ganz neues Publikum ansprechen".

"Ich kenne viele Leute, die das 'Eras'-Konzert live im Stadion gesehen haben und sagten: 'Ich kann es kaum erwarten, das im Kino zu sehen, denn ich saß unter dem Dach. Ich möchte unbedingt sehen, wie ihre Mimik aussah.' Ich kenne Leute, die [die Show] live gesehen haben und dann zwei oder drei Mal ins Kino gegangen sind", so Nutt.

Taylor Swift besucht die Weltpremiere des Konzertfilms „Taylor Swift: The Eras Tour“ in Los Angeles. (John Shearer/Getty Images für TAS) (John Shearer via Getty Images)
Taylor Swift besucht die Weltpremiere des Konzertfilms "Taylor Swift: The Eras Tour" in Los Angeles. (Bild: John Shearer/Getty Images für TAS)

Es gibt Künstler, die ihre Fans theoretisch dazu anregen könnten, ins Kino zu gehen. Knox vermutete, dass "große Tournee-Acts" mit begeisterten Fans wie Harry Styles und Bad Bunny "eine Menge Leute anziehen könnten".

"Ich glaube schon, dass sich das durchsetzen wird", sagte Nutt über das derzeitige Wiederaufleben von Konzertfilmen, obwohl er anmerkte, dass es in Hollywood oft Ebbe und Flut gebe.

Knox stimmte dem zu und erklärte, dass es im Laufe der Zeit zu einer Übersättigung kommen könnte, "da immer mehr Künstler Geld verdienen wollen". Sobald Konzertfilme anfangen, "schlechter abzuschneiden", prognostizierte er, "wird sich der Markt zurückziehen".

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