Wenn's im Millionen-Business zugeht wie in der Kreisliga

Wenn's im Millionen-Business zugeht wie in der Kreisliga
Wenn's im Millionen-Business zugeht wie in der Kreisliga

Es klingt wie eine klassische Kreisliga-Geschichte: Da ist ein Spieler gerade im Supermarkt, um ein paar Besorgungen zu machen, als er einen Anruf bekommt. Er wird gefragt, ob er nicht Zeit hätte, spontan zum Spiel zu kommen, die Mannschaft bräuchte da noch jemanden.

Der Spieler hat nichts anderes vor, also sagt er zu.

Nur dass er sich in diesem Fall nicht in sein Auto schwingt, um drei Dörfer weiter auf irgendeinem Sportplatz aufzulaufen, sondern in ein Flugzeug von Seattle nach Sacramento - um dort noch am selben Abend das Trikot der Dallas Mavericks überzustreifen. In der NBA, der besten Basketball-Liga der Welt. An der Seite von Teamkollegen, mit denen er noch nie trainiert, geschweige denn zusammengespielt hat. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der NBA)

NBA reaktiviert ausgemusterte Oldies

Das Beispiel von Isaiah Thomas ist nur eines von vielen, das gerade in den USA für Schlagzeilen sorgt, aber eben ein besonders eindrückliches.

Dass nicht nur Thomas, sondern auch in der NBA eigentlich längst ausrangierte Veteranen wie der 40-jährige Joe Johnson, Ex-Bayern-Profi Greg Monroe oder der skandalträchtige Lance Stephenson plötzlich wieder unter Vertrag stehen, mutet zunehmend skurril an.

Corona macht‘s möglich - denn die Spiele sollen weitergehen, trotz diverser Spielabsagen und täglich neuer positiver Fälle quer durch alle Teams.

Und damit steht die NBA nicht alleine da: Auch in der NFL häufen sich ausgerechnet in der entscheidenden Phase vor den Playoffs die coronabedingten Ausfälle - und die Situation im europäischen Spitzensport ist nicht viel besser.

Barca plagen große Corona-Sorgen

Bei den Fußballprofis des FC Barcelona explodieren die Fallzahlen, auch die Bundesligisten melden laufend positive Tests, in der englischen Premier League werden reihenweise Spiele abgesagt. Geradezu absurd mutet es angesichts dessen an, dass die Partien, die auf der Insel über die Bühne gehen können, vor vollen Rängen ausgetragen werden.

Masken bei den Zuschauern? Meistens Fehlanzeige - nicht nur zum Ärger von Pep Guardiola. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Premier League)

Auch bei der Darts-WM im Londoner Alexandra Palace wird weiter vor frenetisch jubelnden Fans gespielt, obwohl inzwischen fünf WM-Teilnehmer unmittelbar vor oder nach ihren Spielen positiv getestet wurden und deshalb bereits drei Partien ausfallen mussten.

Darts-WM ohne Zuschauer wäre eine andere

Nicht falsch verstehen: Natürlich sind wir Sportjournalisten froh, dass weiterhin über aktuelles Geschehen auf den Plätzen und in den Hallen berichtet werden kann. Der weltweite Sport-Lockdown im Frühjahr 2020 ist längst nicht vergessen.

Und natürlich schreibt eine Darts-WM mit Zuschauern und den dazugehörigen Emotionen die deutlich besseren Geschichten als ohne - genauso wie wohl jeder Fußballfan genug hat von Geisterspielen.

Aber dass die deutsche Fußball-Bundesliga nach der Winterpause im Gegensatz zur Premier League eben nicht vor vollen Stadien in die Rückrunde startet, ist mit Blick auf die allgemeine Corona-Lage das einzig Richtige.

Irgendwo zwischen einem kompletten Stopp und 70.000 unmaskierten Zuschauern sollte schließlich ein bisschen Raum für Vernunft bleiben.

Kleine leiden unter Corona-Folgen

Wie konsequentes Vorgehen in Extremsituationen aussieht, müssen ausgerechnet die Randsportarten vormachen: Die U20-WM im Eishockey wurde nach einer Reihe positiver Corona-Tests bei verschiedenen Teams abgebrochen.

Noch drastischer, aber leider auch bezeichnend: Die U18-WM der Frauen war von vornherein abgesagt worden, was die berechtigte Frage aufwarf, ob das Risiko bei diesem Turnier wirklich höher war als bei vergleichbaren Männer-Veranstaltungen - oder vielleicht doch nur die Wertschätzung geringer.

Am Ende leiden eben doch wieder die (vermeintlich) Kleinen. Dort, wo das große Geld regiert, geht die Show dagegen weiter.

Auch wenn das im Zweifel bedeutet, ein Millionenbusiness mit Kreisliga-Methoden aufrechtzuerhalten.