Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Zum zweiten Jahrestag der ersten Kampfhandlungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine werden heute in Kiew mehrere ranghohe westliche Politiker erwartet. Konkrete Namen wurden im Vorfeld nicht öffentlich genannt. Nach offiziell unbestätigten Medienberichten wurden aber unter anderem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie der belgische Regierungschef und amtierende EU-Ratsvorsitzende Alexander De Croo erwartet.
Außerdem gibt es zahlreiche Gedenkveranstaltungen - auch weit über das angegriffene Land hinaus. In Deutschland etwa wollen Menschen ihre Solidarität mit der Ukraine unter anderem bei Kundgebungen in Berlin, Hamburg und Köln zum Ausdruck bringen.
Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft unterdessen weiter auf tatkräftige Unterstützung seines Landes aus dem Westen. Nach der Unterzeichnung eines Sicherheitsabkommens mit Dänemark traf er sich am Freitag in Lwiw mit einer Delegation des US-Senats und unterstrich die Bedeutung eines noch im Repräsentantenhaus in der Schwebe hängenden Milliarden-Hilfspakets für die Schlagkraft der ukrainischen Armee. Die Kämpfe gehen auch nach zwei Jahren unvermindert weiter.
Baerbock an Putin: «Beenden Sie diesen Krieg»
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte den russischen Präsidenten Wladimir Putin eindringlich auf, den Krieg zu beenden. «Lassen Sie die ukrainischen Kinder frei. Ziehen Sie Ihre Truppen zurück. Beenden Sie diesen Krieg. Dann wäre morgen Frieden. Und die ganze Welt könnte endlich wieder aufatmen», sagte sie in einem Gastbeitrag für «Bild». Sie warf Putin zugleich Eroberungslust und fehlende Friedensbereitschaft vor. «So erschütternd es ist: Putin will keine Verhandlungen. Er will keinen Frieden - er will "Eroberungen". Das sagt er selbst.»
Militärexperte: 2024 wird Ukraine-Krieg nicht enden
Nach Einschätzung des Militärexperten Carlo Masala wird der russische Angriffskrieg in der Ukraine auch im Jahr 2024 nicht enden. «Für das Jahr 2024 sehe ich kein Ende für diesen Krieg, da gibt es nichts, was uns Hoffnung geben könnte», sagte der Politikwissenschaftler der «Augsburger Allgemeinen». «Die Ukraine findet keinen Frieden, weil Russland noch immer glaubt, diesen Krieg gewinnen zu können», sagte der Professor der Universität der Bundeswehr München. Die Zeit spiele dabei Russlands Präsidenten Wladimir Putin zunehmend in die Hände.
Neue Drohnenangriffe gegen Odessa - ein Toter
Das russische Militär griff die südukrainische Hafenstadt Odessa die zweite Nacht in Folge mit Kampfdrohnen an. Dabei sei unter anderem ein Wohnhaus zerstört wurden, teilte die örtliche Militärverwaltung in der Nacht mit. Mindestens ein Mensch wurde demnach getötet, drei weitere seien verletzt ins Krankenhaus gebracht worden. Möglicherweise seien noch Menschen unter den Trümmern eingeschlossen, hieß es. Die Suchaktion dauerte zunächst noch an. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.
Explosionen in russischer Stadt Lipezk
In der südrussischen Stadt Lipezk kam es in der Nacht ebenfalls zu Explosionen. Berichten zufolge soll in einem Stahlwerk ein Großbrand ausgebrochen sein. Der Gouverneur des Gebiets, Igor Artamonow, berichtete auf seinem Telegram-Kanal zunächst von einem Feuer in einer Werkshalle. Der Brand sei gelöscht worden, es bestehe keine Gefahr, dass gefährliche Stoffe freigesetzt würden. Die Sicherheitsdienste prüften demnach Informationen über einen Drohnenangriff.
Das russische Verteidigungsministerium in Moskau berichtete unterdessen über weitere ukrainische Drohnenangriffe in den Regionen Kursk und Tula. Mehrere unbemannte Flugkörper seien von der Luftabwehr abgefangen und zerstört worden. Auch diese Angaben waren zunächst nicht überprüfbar.
Kiew will weiteres Spezialflugzeug abgeschossen haben
Die ukrainische Flugabwehr hatte zuvor eigenen Angaben zufolge ein weiteres russisches Aufklärungsflugzeug des Typs A-50 abgeschossen, wie Luftwaffenchef Mykola Oleschtschuk bei Telegram mitteilte. Nach Medienberichten erfolgte der Abschuss über dem russisch kontrollierten Asowschen Meer, das Flugzeug stürzte über dem südrussischen Gebiet Krasnodar ab.
Eine offizielle Bestätigung von russischer Seite gab es nicht. Die Staatsagentur Tass berichtete lediglich von einem Brand in der Region Krasnodar, den ein «herabstürzendes Flugobjekt» verursacht habe. Militärexperten zufolge verfügt Moskau nur über gut ein halbes Dutzend einsatzfähige Flugzeuge dieses Typs.
Selenskyj trifft Senator Schumer: US-Hilfspaket wichtig
Selenskyj unterstrich bei einem Gespräch mit dem demokratischen Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, die Bedeutung des von Kiew dringend erhofften Milliarden-Hilfspakets für sein Land. «Dieses Paket ist nicht gewöhnlich, es ist von grundlegender Bedeutung für unsere Verteidigung, sowohl was seinen Inhalt als auch das Signal betrifft, das die Unterstützung oder Nichtunterstützung dieses Pakets an die Welt sendet», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Das Hilfspaket, in dem 60 Milliarden US-Dollar (rund 56 Milliarden Euro) für die Ukraine vorgesehen sind, hat den Senat als zweite Parlamentskammer bereits passiert. Das Repräsentantenhaus gilt allerdings als größere Hürde. Dort blockieren die Republikaner.
Selenskyj informierte auch über die Lage an den Fronten. Zuletzt hatten seine Streitkräfte an mehreren Abschnitten wegen Munitionsmangels und fehlender Luftabwehr empfindliche Rückschläge erlitten.
Kopenhagen unterzeichnet Sicherheitsabkommen mit Kiew
Unmittelbar vor dem zweiten Jahrestag der russischen Invasion unterzeichnete die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen mit Selenskyj ein zehnjähriges Sicherheitsabkommen zwischen Dänemark und der Ukraine. Damit bekräftigt Kopenhagen seine Unterstützung für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen von 1991. Ähnliche Abkommen hatte Kiew zuvor bereits mit Großbritannien, Deutschland und Frankreich unterzeichnet.
Merz fordert Unterstützung der Ukraine «mit allen Mitteln»
Oppositionsführer Friedrich Merz forderte die Bundesregierung auf, der Ukraine alle für den Abwehrkampf nötigen Waffen zur Verfügung zu stellen. Bisher beteuere die Bundesregierung nur, sie werde der Ukraine so lange wie nötig helfen, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag in einem Videointerview der dpa.
«Ich würde gerne die Formulierung hören: Wir helfen der Ukraine mit allen Mitteln, die wir zur Verfügung haben, damit wir wirklich ein baldiges Ende dieses schrecklichen Krieges sehen.» Bis heute wurden aus Deutschland Rüstungsgüter für 28 Milliarden Euro geliefert oder fest zugesagt.
Merz sagte, man müsse trotzdem heute feststellen: «Wir haben zu spät, zu wenig getan.» Es habe immer wieder Verzögerungen gegeben, aktuell bei den Marschflugkörpern vom Typ Taurus. Der Bundestag hatte am Donnerstag mit den Stimmen der Ampel-Koalition einen Antrag der Union abgelehnt, die Taurus-Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern an die Ukraine zu liefern.
Makeiev kritisiert Ablehnung von Waffenlieferungen
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, kritisierte das Bündnis Sahra Wagenknecht und die AfD für ihre Ablehnung von Waffenlieferungen an sein Land scharf kritisiert. Der «Neuen Osnabrücker Zeitung» sagte Makeiev: «Es ist doch verbrecherisch, sich die russische Propaganda zu eigen zu machen oder zu behaupten, man brauche keine Waffen, um sich zu verteidigen.»
Wagenknecht, Vorsitzende der nach ihr benannten neuen Partei BSW, hat die Bundesregierung wegen der Ausgaben für Rüstung und der Waffenhilfen für die Ukraine scharf attackiert. Die AfD bezeichnete Waffenlieferungen als unnötige Ausgaben.