Krieg in Israel: Die Lage am Montag

Im Gazastreifen sind noch immer knapp 180 Verschleppte in der Gewalt der islamistischen Hamas. Die Verhandlungen um eine Verlängerung der viertägigen Feuerpause laufen auf Hochtouren. Im Folgenden ein Überblick über die Ereignisse der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.

Palästinensische Familien nutzten die Feuerpause um aus dem nördlichen Gazastreifen in Richtung Süden zu fliehen.
Palästinensische Familien nutzten die Feuerpause um aus dem nördlichen Gazastreifen in Richtung Süden zu fliehen.

Tel Aviv/Gaza - Im Gaza-Krieg deutet sich nach der Freilassung Dutzender Geiseln aus der Gewalt der Terrororganisation Hamas eine Verlängerung der bis Dienstagmorgen befristeten Feuerpause an. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu signalisierte am Sonntagabend grundsätzlich Bereitschaft dazu. Und auch die Hamas strebt nach eigener Darstellung eine Verlängerung an, um im Austausch gegen Geiseln mehr palästinensische Häftlinge aus Israel zu bekommen.

Freilassung zehn weiterer Geiseln erwartet

An diesem Montag wird zunächst die Freilassung zehn weiterer Geiseln erwartet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier setzt unterdessen seinen Besuch in Israel fort. Nach einem Besuch in einem Kibbuz und einem Gespräch mit Netanjahu will er eine Klinik in Ost-Jerusalem aufsuchen, wo palästinensische Patienten behandelt werden, die jetzt nicht zu ihren Angehörigen zurück können.

Katar: Israel und Hamas verlängern Feuerpause um zwei Tage

Wenige Stunden vor Ablauf der zunächst auf vier Tage angelegten Feuerpause im Gaza-Krieg haben Israel und die islamistische Hamas sich nach Darstellung Katars auf eine Verlängerung geeinigt. Die seit Freitagmorgen geltende Feuerpause werde um zwei Tage verlängert, teilte Madschid al-Ansari, Sprecher des katarischen Außenministeriums, am Montag mit. Damit dürfte sie bis Donnerstagfrüh andauern. Auch die islamistische Hamas bestätigte die Verlängerung der Feuerpause. Nach Darstellung der Terrororganisation gelten für die zwei weiteren Tage der Kampfpause die gleichen Bedingungen wie für die vier zuvor.

Laut dem ägyptischen Staatsinformationsdienst soll die verlängerte Waffenpause auch die tägliche Freilassung von zehn im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln im Austausch gegen 30 palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen umfassen. Zusätzlich solle die Einfuhr von medizinischen Hilfsgütern, Nahrungsmitteln und Treibstoff in den Gazastreifen fortgesetzt werden.

Katars Regierungschef: Vernichtung der Hamas kaum möglich

Das im Gaza-Krieg vermittelnde Golfemirat Katar hält die von Israel als Kriegsziel genannte Vernichtung der Hamas für kaum realisierbar. «Man wird die Hamas nicht so einfach vernichten können. Ob wir mit ihr übereinstimmen oder nicht, sie ist Teil der Gesellschaft in Gaza und auch im Westjordanland», sagte der katarische Ministerpräsident und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag). Katar habe die Beziehung zur Hamas aufgebaut, «um Ruhe und Stabilität in der Region zu bewahren». Wenn sein Land dann sehe, dass ein Krieg ausbricht, dann würden diese Kommunikationskanäle - wie bereits in der Vergangenheit - genutzt.

Geisel schwebt in Lebensgefahr

Eine am Sonntag von der Hamas freigelassene Geisel schwebt Medien zufolge in Lebensgefahr. Die 84-jährige Frau sei in einem lebensbedrohlichen Zustand in eine Klinik gebracht worden, meldeten israelische Medien unter Berufung auf die Klinik in Beerscheba. Zum ersten Mal war am Sonntag mit einem vierjährigen Mädchen auch eine Geisel freigelassen worden, die die US-Staatsangehörigkeit besitzt.

Kleines Mädchen überlebte unter Leiche des Vaters

Das Schicksal der Kleinen bewegt seither viele Menschen. Am 7. Oktober, als Hamas-Terroristen ein beispielloses Massaker an israelischen Zivilisten anrichteten, musste das Mädchen mit ansehen, wie ihre Mutter erschossen wurde, wie US-Medien berichteten. Als ihr Vater sich schützend über seine Tochter legte, sei auch er erschossen worden. Die 10 und 6 Jahre alten Geschwister des Mädchens überlebten, weil sie sich im Schrank versteckten, bevor sie gerettet wurden.

Ihre kleine Schwester, die zunächst für tot gehalten worden sei, sei unter der Leiche ihres Vaters hervorgekrochen und zum Haus eines Nachbarn gerannt, zitierte die «Washington Post» eine Verwandte des Mädchens weiter. Die Terroristen griffen sich dort das Mädchen zusammen mit der fünfköpfigen Nachbarsfamilie und verschleppten sie mit vielen anderen in den Gazastreifen. Am vergangenen Freitag wurde das Mädchen in der Gefangenschaft vier Jahre alt. Nun kam sie frei.

Hoffnung auf Freilassung weiterer Geiseln

Es gibt Hoffnung, dass jetzt noch mehr Geiseln freikommen. Das Abkommen sehe die Möglichkeit vor, die Kampfpause im Gegenzug für die Freilassung zehn weiterer Geiseln pro Tag zu verlängern, sagte Netanjahu am Sonntagabend nach einem Gespräch mit Biden. «Das wäre zu begrüßen.» Gleichzeitig habe er Biden gesagt, dass die Kämpfe nach der Feuerpause wieder aufgenommen würden. Nach Ende des Abkommens werde Israel seine Kriegsziele «mit voller Kraft verwirklichen».

Bundespräsident Steinmeier hatte am Vortag Israel die unverbrüchliche Unterstützung Deutschlands zugesagt. «Unsere Solidarität mit Israel gilt», sagte er in Jerusalem bei einer Pressekonferenz mit Israels Staatspräsidenten Herzog. «Sie gilt nicht nur mit dem Israel als Opfer des Terrors. Unsere Solidarität gilt auch mit dem Israel, das sich wehrt, das kämpft gegen eine existenzielle Bedrohung.» Steinmeier sagte dies mit Blick auf Kritik an Israels Kriegsführung in Gaza, die bereits Tausende zivile Opfer gekostet hat. Es sei nötig, die Zivilisten in Gaza zu schonen und sie mit dem Lebensnotwendigsten zu versorgen, sagte Steinmeier. «Das verlangt das humanitäre Völkerrecht.»

Was am Montag wichtig wird

Steinmeier will das Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Ost-Jerusalem aufsuchen. In ihm werden fast 100 palästinensische Patienten behandelt. Der Bundespräsident will zeigen, dass er auch das Leid der palästinensischen Bevölkerung sieht. Es wird erwartet, dass am selben Tag zehn weitere Geiseln aus dem Gazastreifen freikommen. Tech-Milliardär Elon Musk trifft derweil in Jerusalem Israels Präsidenten Herzog. Zugleich laufen die Verhandlungen über eine Verlängerung der bis Dienstagmorgen befristeten Feuerpause weiter.

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