KZ-Gedenkstätte Dachau: Antisemitisches Flugblatt im Archiv

Am Wochenende hatte ein antisemitisches Flugblatt Bayerns Vize-Regierungschef Aiwanger unter Druck gesetzt. Jetzt wurde bekannt: Das Flugblatt ist öffentlich zugänglich.

Hubert Aiwanger ist nach der Veröffentlichung des antisemitischen Flugblattes weiterhin unter Druck. (Bild: Pia Bayer / dpa)
Hubert Aiwanger ist nach der Veröffentlichung des antisemitischen Flugblattes weiterhin unter Druck. (Bild: Pia Bayer / dpa)

Das antisemitische Flugblatt aus Schulzeiten, für das der Bruder von Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger die Verantwortung als Autor übernommen hat, ist als Teil einer Schülerarbeit in der KZ-Gedenkstätte Dachau archiviert. Das bestätigte eine Sprecherin der Gedenkstätte am Abend. Die «Welt» hatte zuerst darüber berichtet.

Die Zeitung hatte herausgefunden, dass das Flugblatt in der Schülerarbeit «Letzte Heimat Steinrain? Zur Geschichte des Judenfriedhofs bei Mallersdorf-Pfaffenberg» von Roman Serlitzky abgedruckt ist. Die Arbeit wurde demnach im Schuljahr 1988/89 verfasst und gewann den zweiten Preis beim Schülerwettbewerb «Deutsche Geschichte» des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Seitdem liege sie in der Dachauer KZ-Gedenkstätte, schreibt die «Welt».

Flugblatt als Teil der Schülerarbeit

Die Sprecherin der Gedenkstätte erläuterte, das Flugblatt sei in der Schülerarbeit ohne Nennung eines Verfassers abgedruckt. «Das Flugblatt liegt nicht als einzelnes Exemplar, sondern ausschließlich im Rahmen der Schülerarbeit vor.»

Der Autor der Arbeit stellt laut «Welt» das Flugblatt einem Flugblatt der «Schülermitverantwortung» (SMV) des Burkhart-Gymnasiums gegenüber, in dem diese 1985 zu einer Mahnwache auf dem Judenfriedhof aufgerufen hatte. Er schrieb: «Als Negativbeispiel, wie sich andere Jugendliche derselben Altersstufe mit dem 3. Reich beschäftigen, sei nicht verschwiegen ein Flugblatt, das in Schulklos zirkulierte und von der Schulleitung rechtzeitig kassiert wurde.» Das Flugblatt bestätige einen «unterschwellig immer vorhandenen antisemitischen Trend», heißt es weiter. «Wo sich solcher Un-geist (sic!) regt, hat kein Jude eine Chance auf Heimat. Den braunen Sumpf gibt es noch.»

Serlitzky: Über Verfasser nichts bekannt

Roman Serlitzky sagte «Welt», er habe das Flugblatt in Kopie von seinem Lehrer erhalten. «An der Schule hatte ich vorher nichts über das Flugblatt mitbekommen. Über die Verfasser war und ist mir nichts bekannt.» Das Pamphlet sei von der Schule «bewusst kleingehalten» worden, habe sein Lehrer erzählt. «Die Schule hatte Partnerschaften mit französischen und polnischen Schulen. Man wollte kein großes Aufsehen erregen, um die Partnerschaften nicht zu gefährden.»

Bayerns Wirtschaftsminister und Chef der Freien Wähler, Aiwanger, war am Wochenende wegen des Flugblatts unter Druck geraten. Aiwanger hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die «Süddeutsche Zeitung» berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien «ein oder wenige Exemplare» in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben. Später sagte er, er glaube, dass sein Bruder Hubert die Flugblätter wieder habe einsammeln wollen.

Im Video: Flugblatt-Affäre: Aiwanger von Söder angezählt