Lagerhaft für russischen Menschenrechtler Orlow
Moskau (dpa) - Der bekannte Menschenrechtler Oleg Orlow ist wegen Kriegskritik in Russland zu zweieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Ein Gericht in Moskau befand den 70-Jährigen, der einst die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation Memorial als Co-Vorsitzender mit leitete, der angeblich wiederholten «Diskreditierung» von Russlands Armee für schuldig.
Auf einem von Memorial veröffentlichten Video ist zu sehen, wie Orlow nach der Urteilsverkündung noch im Gerichtssaal Handschellen angelegt wurden. Der Kremlkritiker gilt international als politisch Verfolgter. Zur Urteilsverkündung waren auch mehrere westliche Diplomaten ins Gericht des Moskauer Stadtbezirks Golowinski gekommen.
«Offene und beschämende Zensur»
Wenig später wurden Aufnahmen veröffentlicht, wie Orlow abgeführt und in einem Gefangenentransporter weggefahren wurde. «Dieses Urteil (...) hat nichts mit Recht oder Gerechtigkeit zu tun», teilten frühere Mitglieder der in Russland schon seit längerem verbotenen Organisation Memorial daraufhin mit. «Das ist eine offene und beschämende Zensur, deren einziges Ziel darin besteht, Menschen für Meinungen zu verfolgen, die von der offiziellen abweichen, und jegliche Kritik an den Staatsorganen zu unterbinden.»
Orlow hatte sich im Jahr 2022 in einem Artikel mit dem Titel «Sie wollten den Faschismus, sie haben ihn bekommen» deutlich gegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine positioniert. In dem Text wies er auch ausdrücklich auf das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer hin. Danach begann in Russland ein viel beachtetes Verfahren gegen ihn, das mehrere Monate lang lief.
Nach Geldstrafe Prozess neu aufgerollt
Im vergangenen Oktober wurde gegen ihn zunächst überraschend nur eine verhältnismäßig niedrige Geldstrafe verhängt. Schon im Dezember aber hob eine Richterin das Urteil wieder auf und wies an, den Prozess komplett neu aufzurollen. Orlows Unterstützer befürchteten schon damals, dass der Aktivist letztendlich zu einer Haftstrafe verurteilt werden würde.
Seit Beginn des Einmarsches in die Ukraine vor fast zwei Jahren gehen Russlands Behörden nämlich besonders hart gegen Kritiker und Andersdenkende im eigenen Land vor. Erst vor rund anderthalb Wochen starb einer der bekanntesten russischen Oppositionellen, Alexej Nawalny, im Alter von nur 47 Jahren nach wiederholter Einzelhaft in einem Straflager.