Lauf-Skandal: "Jetzt ist das Kartenhaus zusammengefallen"

Lauf-Skandal: "Jetzt ist das Kartenhaus zusammengefallen"
Lauf-Skandal: "Jetzt ist das Kartenhaus zusammengefallen"

Für Doping-Experte Prof. Dr. Fritz Sörgel ergibt sich im Fall der Mittenstrecken-Läuferinnen Sara und Sofia Benfares ein immer deutlicheres Bild.

„Jetzt ist das Kartenhaus der Familie Benfares zusammengefallen“, bilanziert der bekannte Pharmakologe im Gespräch mit SPORT1 die neuesten Entwicklungen.

Ende Januar wurde die 22 Jahre alte Sara Benfares positiv auf EPO und Testosteron getestet. Nun haben die Doping-Jäger der NADA auch deren kleinere Schwester aus dem Verkehr gezogen. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat am Donnerstag bestätigt, dass die 19-jährige Sofia Benfares aufgrund eines Dopingverdachts vorläufig suspendiert wurde. Wie die Saarbrücker Zeitung und der Saarländische Rundfunk zuvor berichtet hatten, soll es um einen positiven EPO-Test gehen.

Die neue Lage um Schwester Sofia wirft auch ein neues Licht auf den Fall der großen Schwester und deren Verteidigungslinie: Vater Samir, ehemaliger französischer 1500-Meter-Meister hatte erklärt, dass Sara an Knochenkrebs leide, therapeutisch behandelt werde - und die Familie sich aufgrund medizinischer Dringlichkeit nicht um die nötigen Ausnahmegenehmigungen hätte kümmern können.

Mittlerweile hat sich Vater Samir auch zum Fall Sofia zu Wort gemeldet - und mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet.

Fall Benfares: Sörgel sieht Glaubwürdigkeit erschüttert

Im Gespräch mit dem französischen, auf Anti-Doping-Themen spezialisierten Portal Spe15, stellt Samir Benfares angebliche Verfahrensfehler in den Raum: „Sie hat keine Benachrichtigung bekommen“, heißt es. Und: „Die Deutschen bringen alles durcheinander. Sie respektieren die Krankenakte nicht, die ihnen vorliegt.“

Vater Benfares vermischt an dieser Stelle die Fälle Sara und Sofia und gibt keine Erklärung für Sofias Positivtest. Auch Spe15 weist mittlerweile explizit auf die diversen Ungereimtheiten in Benfares‘ Darstellung hin und spricht von einer „unglaublichen Wendung“.

Aus Sicht von Sörgel ist die Glaubwürdigkeit der Familie schwer erschüttert, ein „krimineller“ Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz liege nahe. Er sagt SPORT1: „Der Dopingverstoß wird eine harte Strafe nach sich ziehen, aber wenn sich bewahrheiten sollte, dass Sarah gar keinen Krebs hat, dann wäre das einer der übelsten Dopingskandale. Eine Krebserkrankung vorzugeben verletzt die Hunderttausenden Krebskranken im Land. Aber dafür wird es im Strafgesetzbuch keinen Paragrafen geben. Für mich wäre dieser Bluff moralisch noch schlimmer als die Einnahme der Dopingmittel.“ Vater Samir sei in der Hinsicht moralisch auch stärker in der Verantwortung als seine jungen Töchter.

Sörgel hält es im Fall Sofia Benfares zugleich „nicht für ausgeschlossen, dass sie noch mit einer Story zum Bedarf einer Medikation von EPO aus einem anderen Grund kommen. Nierenerkrankung wäre eine Möglichkeit, oder Blutarmut. Aber auch dann hätten sie eine Ausnahmegenehmigung gebraucht.“

Der Verein von Sara und Sofia Benfares, der LC Rehlingen, fordert die Familie zum Austritt aus. Die Benfares-Schwestern starten seit 2022 für Deutschland, nachdem sich die Familie nach einem Streit mit dem Verband des Geburtslands Frankreich neu orientiert hatte.

Pikantes Foto sorgte für zusätzlichen Wirbel

Ein zusätzlich belastendes Indiz ist ein Foto, das Sara Benfares bei der EM 2023 zusammen mit dem rumänischen Vater-Sohn-Paar Carol und Daniel Santa zeigt. Die beiden haben in der Szene einen belasteten Ruf. Sörgel nennt sie „obskur“, für „sauberen Sport“ seien die beiden nicht bekannt. 2022 wurde etwa Aras Kaya, der Verbindungen zu den Santas hat, wegen EPO-Dopings für drei Jahre gesperrt.

Das Trainer-Manager-Duo trug auf dem Foto Trainingsanzüge des von Samir Benfares geführtem Verein Montreuil, der zweiten Heimatbasis seiner Töchter, Daniel postete das Foto selbst bei Facebook.

Samir Benfares hatte das Bild wie folgt erklärt: Er hätte sich 2020 mit den Santas persönlich angefreundet, ohne ihre Geschichte zu kennen. Sie hätten ihnen damals durch ihre Kontakte geholfen, das Land Kenia zu verlassen, das er wegen eines Praktikums seiner Töchter in Kenia bereist hatte und in dem er wegen der damals erlassenen Corona-Beschränkungen festgesessen hätte. Zum Dank hätte er sie in Montreuil empfangen und ihnen bei dieser Gelegenheit die Trainingsanzüge geschenkt - die sie dann bei der Begegnung mit Sara in München getragen hätten, rein zufällig,