Ein Leben ohne Hoffnung: Doku porträtiert sechs zum Tode verurteilte Frauen

Rund 2.500 Häftlinge befinden sich in den USA im "Todestrakt". Die Doku "Frauen im Todestrakt" stellt sechs Einzelfälle von verurteilten Frauen vor.  (Bild: Crime + Investigation / A+E Networks)
Rund 2.500 Häftlinge befinden sich in den USA im "Todestrakt". Die Doku "Frauen im Todestrakt" stellt sechs Einzelfälle von verurteilten Frauen vor. (Bild: Crime + Investigation / A+E Networks)

Rund 2.500 Menschen warten in den USA auf die Vollstreckung ihres Todesurteils. Wie sieht der Alltag im Gefängnis aus? Und was macht das Urteil mit ihren Angehörigen? Die Doku "Frauen im Todestrakt" beantwortet diese Fragen anhand von sechs bewegenden Biografien.

Die Debatte um die moralische Legitimität der Todesstrafe teilt die Welt schon lange in unterschiedliche Lager. Während sie in Deutschland seit über 70 Jahren abgeschafft ist, wird sie in 27 von 50 US-Bundesstaaten nach wie vor verhängt: "Über 2.500 Häftlingen in den Vereinigten Staaten droht derzeit die Hinrichtung", heißt es zu Beginn der Dokumentation "Frauen im Todestrakt". Nur 50 davon seien Frauen. Die sechs Episoden beschäftigen sich mit jeweils einem dahinterstehenden Schicksal. Zu sehen sind sie in Doppelfolgen ab Montag, 11. Dezember, wöchentlich um 20.15 Uhr auf Crime + Investigation sowie im Stream und auf Abruf beispielsweise über WOW von Sky, die YouTube Primetime Channels und die Amazon Prime Video Channels.

Den Anfang macht Shawna Forde: Im Februar 2011 wurde sie wegen des Mordes an Raul Flores und seiner neunjährigen Tochter Brisenia zum Tode verurteilt. Die heute 55-Jährige hatte eine Untergrundmiliz gegründet, die an der Grenze zu Mexiko patrouillierte, gewaltsam gegen illegale Migranten vorging und Drogenkartellhändlern ihr Geld und ihre Drogen abnahm.

Shawna Forde wurde 2011 wegen des Mordes an einem Mann und seiner neun Jahre alten Tochter in Arizona zum Tode verurteilt.  (Bild: Crime + Investigation / A+E Networks)
Shawna Forde wurde 2011 wegen des Mordes an einem Mann und seiner neun Jahre alten Tochter in Arizona zum Tode verurteilt. (Bild: Crime + Investigation / A+E Networks)

Mittschnitt des Notrufs schockiert

Der Film beginnt mit einem ergreifenden Mitschnitt des Notrufs, der am 30. Mai 2009 beim Sheriff Department des Pima Countys einging: Gina, die Ehefrau und Mutter der Ermordeten, schildert weinend, wie Fremde in ihr Haus eingedrungen seien, ihren Mann und ihre Tochter erschossen hätten. Sie selbst wurde ins Bein getroffen. Gina überlebte. Heute, so heißt es am Ende des Films, lebe sie mit ihrer zweiten Tochter, die sich zum Tatzeitpunkt nicht zu Hause war, in Mexiko.

Sergeant Jill Isley war eine der ersten Polizisten am Tatort. Sie berichtet von dem grauenvollen Anblick vor Ort. Sie erzählt auch, wie die Ermittler den Todesschützen Albert Gaxiola und kurz darauf Shawna Forde und Jason Bush als Komplizen identifizierten. In den darauffolgenden Prozessen werden Shawna und Bush zum Tode verurteilt. Albert erhält eine lebenslange Haftstrafe.

Emilia Carr soll 2009 eine Frau gekidnappt und aus Eifersucht um einen Mann getötet haben. Auch ihr Schicksal wird in der Doku-Reihe behandelt. (Bild: Crime + Investigation / A+E Networks)
Emilia Carr soll 2009 eine Frau gekidnappt und aus Eifersucht um einen Mann getötet haben. Auch ihr Schicksal wird in der Doku-Reihe behandelt. (Bild: Crime + Investigation / A+E Networks)

Ein Leben ohne Hoffnung

Die Todesstrafe könne nicht für einen "einfachen Mord" verhängt werden, erklärt Michelle Lyons, ehemalige Sprecherin der texanischen Abteilung für Strafjustiz: "Es muss sich um einen Kapitalmord handeln. Und ein Kapitalmord ist ein Mord und die Begehung eines anderen Verbrechens." Es sei denn, das Opfer sei ein Kind.

Doch auch Shawna, die inzwischen seit über zehn Jahren auf die Vollstreckung des Urteils wartet, kommt ausführlich zu Wort: Sie erzählt, wie sie und die anderen Frauen im "Todestrakt" 22,5 Stunden am Tag eingesperrt bleiben in Räumen, die sich im Sommer leicht auf knapp 40 Grad Celsius aufheizten. Hoffnung und Träume, sagt sie, gebe es hier nicht: "Du musst die Tatsache akzeptieren, dass Menschen dich umbringen wollen." Auch wenn Shawna im Film wie auch in Archivaufnahmen aus dem Prozess keine Gelegenheit auslässt, ihre Unschuld zu beteuern, fällt es doch schwer, angesichts der Grausamkeit des Verbrechens Mitleid zu empfinden.

Sandi Nieves wartet seit über 20 Jahren auf die Vollstreckung ihres Todesurteils: Das Gericht von Los Angeles befand sie des Mordes an ihren vier Kindern im Zuge eines Sorgerechtsstreits als schuldig. (Bild: Crime + Investigation / A+E Networks)
Sandi Nieves wartet seit über 20 Jahren auf die Vollstreckung ihres Todesurteils: Das Gericht von Los Angeles befand sie des Mordes an ihren vier Kindern im Zuge eines Sorgerechtsstreits als schuldig. (Bild: Crime + Investigation / A+E Networks)

Das Leid der Angehörigen

Anders ist es bei ihren Angehörigen: Ihr Halbbruder Merrill Metzger hatte Shawna den Behörden gemeldet. Im Film erzählt er sichtlich bewegt von Shawnas schwieriger Kindheit. "Ich bin wütend auf meine Schwester", sagt er. Er liebe sie trotz allem, die Anzeige bereue er jedoch nicht. Shawnas inzwischen erwachsene Tochter Jaszmin Eddy hat andere Ansichten: "Ich war 17 Jahre alt, als ich meine Mutter zum letzten Mal sah", erzählt sie. Die Anschuldigungen könne sie bis heute nicht glauben. Der Film begleitet sie vor und nach einem Wiedersehen mit ihrer Mutter. Es wird deutlich, wie groß das Leid für die Angehörigen der Verurteilten ist.

Sollte das Todesurteil an Shawna Fordes eines Tages vollstreckt werden, möchte ihre Tochter zugegen sein. Derzeit, so heißt es am Ende des Films, warte sie auf eine Entscheidung über ihre Berufung auf Bundesebene. Leider versäumt es die Dokumentation, eine Erklärung für die lange Zeitspanne zwischen dem Urteil und der Vollstreckung zu liefern. Auch eine moralische Debatte, ob es die Todesstrafe überhaupt geben sollte, bleibt die erste Episode schuldig. Weitere Fälle, die die Doku-Reihe behandelt, sind die von Sandi Nieves, Emilia Carr, Linda Carty, Kerry Lynn Dalton und Melissa Lucio.