Lena: "Ich finde mich total in den Kindern wieder"
Beim ESC in Oslo ging einst ihr Stern auf, heute sitzt die Pop-Sängerin bereits zum neunten Mal in der Jury von "The Voice Kids". Im Interview spricht Lena über ihre häuslichen Privat-Auftritte als Kind, die Bedeutung des mentalen Supports für ihre Schützlinge und ihre Liebe zum Radio.
Mit der Castingshow "Unser Star für Oslo" startete sie als 18-jährige Schülerin ihre Musikkarriere, es folgte der große Durchbruch mit dem Raab-schen Hit "Satellite" und dem Sieg beim ESC. Rund 13 Jahre später ist Lena Meyer-Landrut - inzwischen 31 - eine deutsche Pop-Größe und aus der Jury der Talentshow "The Voice Kids" (ab 10. März, freitags, 20.15 Uhr, SAT.1) nicht mehr wegzudenken. Die gebürtige Hannoveranerin und Wahlberlinerin nimmt bereits zum neunten Mal auf dem drehbaren Stuhl Platz. Im Interview spricht die Sängerin über ihre vielseitigen Performances im Kindesalter, ihre Verantwortung gegenüber den Kids und ihre persönliche Vorliebe für ältere Musik.
teleschau: "The Voice Kids" geht bereits in die elfte Staffel, es ist Ihre neunte. Warum macht es Ihnen immer noch Spaß?
Lena Meyer-Landrut: Für mich ist es einfach ein wunderschönes Format für die ganze Familie. "The Voice Kids" ist noch eine der wenigen Fernsehshows, die mir persönlich gefallen und ich auch privat schauen würde. Ich möchte nicht einfach durchzappen, sondern selbst bestimmen, was ich schaue und was nicht.
teleschau: Welche Momente machen "The Voice Kids" für Sie besonders?
Meyer-Landrut: Generell sind für mich die Blind Auditions immer ein Highlight. Dieses Konzept sorgt immer wieder für Nervenkitzel. Das macht einfach wahnsinnig viel Spaß. Aber das Tollste an "The Voice Kids" ist für mich die Zusammenarbeit mit den Talenten: zu verstehen, wie sie ticken. Alles ist so nett, und es gibt nicht diesen extremen Wettkampf.
"Ich bin niemand, der regelmäßig in Erinnerungen schwelgt"
teleschau: Hätten Sie sich im Alter von sechs oder sieben Jahren auf so eine Bühne getraut?
Meyer-Landrut: Ja, das hätte ich mir auf jeden Fall vorstellen können. Ich finde mich auch total in den Kindern wieder. Damals habe ich wirklich jede Bühne genutzt und wahnsinnig gerne performt. Bei jedem Besuch habe ich eine Performance vorbereitet: einen Tanz, eine Choreografie, ein Gesangsstück oder eine Zaubershow. Die Grenzen verliefen völlig wild. Dass ich mal beruflich auftrete, hat sich da aber noch nicht abgezeichnet.
teleschau: Und ab wann hat sich das abgezeichnet?
Meyer-Landrut: Eigentlich erst, als ich zu "Unser Star für Oslo" gegangen bin. Ich habe immer nur aus Spaß gesungen, das war mein Hobby. Nie war ich hinterher, das beruflich pushen zu wollen. Erst mal wollte ich die Schule fertig machen. Damals war ich nicht die Vorausplanende - das bin ich übrigens heute immer noch nicht -, deswegen war das bei mir alles sehr im Moment.
teleschau: Denken Sie manchmal nostalgisch an diese Anfangsjahre zurück?
Meyer-Landrut: Nö. Wenn man zusammensitzt und sich über damals unterhält, ist es natürlich schön. Aber ich bin niemand, der regelmäßig in Erinnerungen schwelgt, von wegen "Früher war alles besser".
teleschau: Aber ESC-Fan sind Sie noch?
Meyer-Landrut: Ich bin vielleicht nicht der allergrößte Ultra-Fan, aber ich verfolge das Event auf jeden Fall noch. Irgendwie gehört der ESC ja auch zu mir.
teleschau: Haben Castingshows noch die gleiche Bedeutung wie damals?
Meyer-Landrut: Ne, ich glaube nicht. "The Voice Kids" empfinde ich aber auch nicht als Castingshow, sondern als Unterhaltungsshow. Und ich finde es auch schön, dass es nicht darum geht, dass der Gewinner so und so viel Geld bekommt und einen Plattenvertrag. Es geht um das Erlebnis, um die Erfahrung, hier in der Show dabei gewesen zu sein. Außerdem kann man hier etwas lernen und Freunde finden. Das wird bei uns hoch- und runtergepredigt.
"Jetzt kann ich ganz anders für die Kinder da sein"
teleschau: Sie sind die dienstälteste Jurorin. Hat sich Ihr Coaching im Vergleich zum Jahr 2013 verändert?
Meyer-Landrut: Ja, das hat sich auf jeden Fall verändert. Ich bin zehn Jahre älter geworden, und da kommt natürlich eine Menge Erfahrung mit dazu. Jetzt kann ich ganz anders für die Kinder da sein. Außerdem habe ich das Gefühl, dass es mir wichtiger geworden ist. Als 20-Jährige habe ich die Bedeutung nicht so wahrgenommen, wie ich sie jetzt empfinde. Nun spüre ich auch eine größere Verantwortung den Kids gegenüber.
teleschau: Hand aufs Herz: Wer nervt im Stechen um die jungen Talente am meisten?
Meyer-Landrut: (lacht). Es kommt darauf an, welches Talent dort steht. Wenn da ein Teenie-Mädchen oder ein Teenie-Junge steht, haben eigentlich alle außer Wincent schon verloren. Das nervt. Sobald es ein internationales Talent ist, hat man das Gefühl, außer Alvaro können alle einpacken. Bei vielen "Kleinis" ist es so, dass deren Eltern zur Fantas-Generation gehören. Die sind dann die Influencer, die sagen: "Gehe auf jeden Fall zu den Fantas!"
teleschau: Nach Ihrem musikalischen Durchbruch und der ersten Euphorie ging es Ihnen nicht gut. Wie erhält man sich in jungen Jahren die Unbekümmertheit im Musikbusiness?
Meyer-Landrut: Ich weiß nicht, ob man sich eine Naivität behalten kann, wenn man Erfahrungen sammelt. Man kann sich auf jeden Fall erhalten, zu versuchen, im Moment zu leben. Aber aus Erfahrungen lernt man eben. Bis zu einem gewissen Grad unvoreingenommen zu sein, ist glaube ich kindlich und toll, aber komplett alle Red Flags zu missachten, obwohl man sie doch eigentlich sieht, finde ich ehrlich gesagt auch Quatsch (lacht).
teleschau: Wie interpretieren Sie Ihre Aufgabe als Coach?
Meyer-Landrut: Ich würde sagen, es ist 50:50 Gesangstraining und mentaler Support. Da geht es auch ganz viel um Gefühle: "Wie geht's dir? Was macht das mit dir? Wie bist du auf der Bühne?" Diese Sachen sind mindestens so wichtig wie Vocal-Coaching. Auf die Musikindustrie vorzubereiten, wäre in dem Alter hingegen verschwendete Zeit. Unter diesem Stern soll das hier nicht stehen.
teleschau: Aber werden Sie nach solchen Tipps gefragt?
Meyer-Landrut: Für mich ist wichtig: Wenn der Rummel vorbei ist und absehbar ist, dass es möglicherweise weitergeht, kann man mir gerne Fragen stellen. Auch die Situation im Business ist ja individuell. Ich habe auch immer noch Kontakt zu ehemaligen "The Voice Kids"-Schützlingen. Zuletzt ging es da aber mehr darum, sich auszutauschen.
"Heute sind schon wieder ganz andere Sachen problematisch"
teleschau: In einem Interview haben Sie gefordert, dass sich auch öffentliche Personen zu gesellschaftlichen Themen äußern sollen, um damit etwas zu bewegen. Wie wählen Sie diese Themen aus?
Meyer-Landrut: Gefühl?! - Ich weiß eben, dass ich nicht alles machen kann. Aber wenn ich hier sitze und merke, jemand brennt für ein Thema, dann würde ich mich darauf einlassen, mit ihm oder ihr in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen.
teleschau: Hohe Wellen schlug Ende 2018 ihr Instagram-Post gegen Mobbing.
Meyer-Landrut: Ja. Das Spiegel-Foto mit den beleidigenden Sprüchen war Teil einer Album-Kampagne. Da war generell das Ziel, sich gegen Mobbing stark zu machen. Das Lied damals hieß "Thank You For Knocking Me Down", also: "Danke, dass du mir eine reingehauen hast". Es ging darum, dass man aus den schwachen Situationen, die man erlebt, auch stärker hervorgehen kann, laut zu werden und aufzuzeigen, was es mit Leuten machen kann, wenn sie mental runtergemacht werden.
teleschau: Haben Sie den Eindruck, dass die Sensibilisierung für das Thema inzwischen fortgeschritten ist?
Meyer-Landrut: Es hat sich auf jeden Fall verändert. Die Kampagne war Ende 2018, das ist auch schon wieder vier Jahre her. Ich habe das Gefühl, Social Media und die gesamte Welt verändern sich so schnell. Damals war TikTok noch nicht so ein riesiges Thema, heute ist es total aktuell. Ich glaube, da sind schon wieder ganz andere Sachen flashy und problematisch.
"Ich konsumiere einfach gerne alte Sachen"
teleschau: Zu Ihrer Musik: Aktuell covern Sie in einer YouTube-Reihe Songs bekannter Künstlerinnen und Künstler.
Meyer-Landrut: Dieses Jahr will ich noch viel eigene Musik veröffentlichen: Ein Album ist in Planung. Deshalb ist es für mich auch schön, durch diese Coverversionen wieder mehr in die musikalische Sparte reinzurutschen. Zur Vorbereitung auf das musikalische Jahr covere ich Songs, die ich selbst gerne höre.
teleschau: Und die Cover-Songs finden sich dann in Ihrer eigenen Playlist wieder?
Meyer-Landrut: Ich bin ein klassischer Playlisten-Konsument, aber bin zu faul, mir meine eigenen zusammenzustellen. Beispielsweise bin ich ein großer Fan von Classic Acoustic aus den 70-ern. Im Auto höre ich aber Radio, ich liebe Radio. Vielleicht ist das auch ein bisschen Berufskrankheit. Ich will ja informiert bleiben und wissen, was gespielt wird.
teleschau: Ihre Empfehlungen als Radio-Fan?
Meyer-Landrut: Ich wohne ja in Berlin, da empfehle ich Spreeradio: Am Wochenende laufen da nur Eighties - supergeil! Dann gibt es das Spreeradio als Weihnachtssender. Zur Weihnachtszeit laufen da ausschließlich Weihnachtssongs. Tippitoppi! Unter anderem höre ich aber auch meine zu-Hause-Sender aus Hannover: FFN, Hitradio Antenne und NDR.
teleschau: Klingt nach einer Vorliebe für ältere Musik.
Meyer-Landrut: Die Tendenz geht musikalisch zum Alten. Das hat auf jeden Fall auch einen Einfluss auf meine eigene Musik. Zwar bin ich gerne auf der Höhe der Zeit und habe auch Bock mitzumachen, aber ich konsumiere einfach gerne alte Sachen: Beatles, Eagles, Fleetwood Mac, aber eben auch Classic John Mayer und alte Coldplay-Alben. Toll!