Der letzte Auftritt von Peter Simonischek: Das sind die DVD-Highlights der Woche

Der im Mai verstorbene Schauspieler Peter Simonischek ("Toni Erdmann") verkörpert in "Der vermessene Mensch" den Ethnologen Josef Ritter von Waldstätten. (Bild: Studiocanal GmbH / Julia Terjung)
Der im Mai verstorbene Schauspieler Peter Simonischek ("Toni Erdmann") verkörpert in "Der vermessene Mensch" den Ethnologen Josef Ritter von Waldstätten. (Bild: Studiocanal GmbH / Julia Terjung)

"Der vermessene Mensch", "Sisi & Ich" und "Divertimento": Das sind die DVDs und Blu-rays der Woche.

Düstere Momente der deutschen Geschichte, aufgearbeitet auf der großen Leinwand: Da geht es meistens um den Nationalsozialismus, selten auch - wie 2022 indirekt bei "Im Westen nichts Neues" - um den Ersten Weltkrieg. Lars Kraume greift in seinem neuen Film aber noch weiter zurück, sein Thema in "Der vermessene Mensch" ist die deutsche Kolonialpolitik um 1900 in Verbindung mit der damals schon weit verbreiteten Rassentheorie. Ein spannender, aber auch höchst unbequemer Blick in die Vergangenheit. Der im Mai verstorbene österreichische Schauspieler Peter Simonischek ("Toni Erdmann") hat in dem Film, der 2023 für den Deutschen Filmpreis in der Kategorie "Bestes Szenenbild" nominiert war, seinen letzten Auftritt. Nun erscheint "Der vermessene Mensch" ebenso wie das Geschichtsdrama "Sisi & Ich" und das Musikdrama "Divertimento" auf DVD und Blu-ray.

"Der vermessene Mensch" ist ein spannender, aber auch höchst unbequemer Blick in die Vergangenheit. (Bild: Arthaus/Studiocanal)
"Der vermessene Mensch" ist ein spannender, aber auch höchst unbequemer Blick in die Vergangenheit. (Bild: Arthaus/Studiocanal)

"Der vermessene Mensch" (VÖ: 7. September)

"Gibt es minderwertige Rassen?", tippt der junge Ethnologe Alexander Hoffmann (Leonard Scheicher) in seine Schreibmaschine. Viele Menschen hätten diese Frage im frühen 20. Jahrhundert für eine rhetorische gehalten. Damals war es eine weitverbreitete Überzeugung, dass der europäische Mensch etwa dem afrikanischen "Buschmann" geistig und kulturell deutlich überlegen sei. Hoffmann aber zweifelt. Sein Professor Josef Ritter von Waldstätten (Peter Simonischek) stellt ihm ein eigenes "Exemplar" zur Untersuchung zur Verfügung, eine junge Frau (Girley Charlene Jazama), an der Hoffmann nichts Minderwertiges finden kann. Dann wird er als Teil einer Forscherdelegation nach Deutsch-Südwestafrika entsandt. Er soll weiteres "Material" zum Zwecke der Forschung beschaffen, gleichzeitig lernt er die Völker der Herero und Nama immer besser kennen und verstehen. Hoffmanns Aufenthalt in Afrika nimmt schließlich einen desaströsen Verlauf, mancher wird sich aus dem Geschichtsunterricht vielleicht noch an den "Herero-Aufstand" erinnern. "Der vermessene Mensch" erzählt eine auf vielen Ebenen gruselige Geschichte.

Preis DVD: circa 13 Euro

DE, 2023, Regie: Lars Kraume, Laufzeit: 111 Minuten

Die österreichische Kaiserin Sisi (Susanne Wolff, links) und ihre Hofdame Irma (Sandra Hüller) stehen sich sehr nahe.  (Bild: 2021 Walker+Worm Film GmbH & Co. KG/Bernd Spauke/Leonine)
Die österreichische Kaiserin Sisi (Susanne Wolff, links) und ihre Hofdame Irma (Sandra Hüller) stehen sich sehr nahe. (Bild: 2021 Walker+Worm Film GmbH & Co. KG/Bernd Spauke/Leonine)

"Sisi & Ich" (VÖ: 8. September)

Das schicksalhafte Leben der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn diente schon oft als Vorlage für Filme: Man denke etwa an die kitschige Triologie "Sissi" mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm (1955 bis 1957) oder an die RTL-Serie "Sisi" mit Dominique Devenport und Jannik Schümann (seit 2021). Regisseurin Frauke Finsterwalder schlägt mit "Sisi & Ich" einen neuen Pfad ein: Statt der Liebe zu Kaiser Franz Joseph steht dabei die enge Beziehung zwischen der Monarchin (Susanne Wolff) und ihrer Hofdame ins Zentrum: Die ungarische Gräfin Irma von Sztáray (Sandra Hüller) war die letzte Begleiterin der 1898 ermordeten Monarchin. In dem preisgekrönten Filmdrama allerdings muss sie zunächst ihre Tauglichkeit durch harte Prüfungen unter Beweis stellen, ehe sie auf der griechischen Insel Korfu eine Beziehung zur Kaiserin aufbaut, die bald weiter reicht, als es für die damalige Zeit schicklich ist ...

Preis DVD: circa 15 Euro

DE/AT/CH, 2023, Regie: Frauke Finsterwalder, Laufzeit: 126 Minuten

"Sisi & Ich" ist nur einer von vielen filmischen Adaptionen über das Leben von Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, die in den letzten jahren erschienen. (Bild: Leonine)
"Sisi & Ich" ist nur einer von vielen filmischen Adaptionen über das Leben von Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, die in den letzten jahren erschienen. (Bild: Leonine)

"Divertimento - Ein Orchester für alle" (VÖ: 14. September)

Sie spiele die Bratsche, erklärt die junge Frau, aber eigentlich wolle sie Dirigentin werden. "Dirigent", entgegnet der alte weiße Mann abschätzig, sei "kein Beruf für Frauen". Wenn dieser Sergiu Celibidache (Niels Arestruo) auf Zahia (Oulaya Amamra) blickt, sieht er aber nicht nur eine Frau. Ein junges Ding aus der verrufenen Banlieue, mit algerischen Wurzeln, gerade einmal 17 Jahre alt: Wie soll dieses Mädchen sich in der elitären, komplett von Männern dominierten klassischen Musikszene behaupten? Und doch will sie es versuchen, das ist die Geschichte von "Divertimento - Ein Orchester für alle". Eine Frau in einem vermeintlichen Männerberuf, davon erzählte zuletzt schon sehr prominent das sechsfach Oscar-nominierte Drama "Tár" mit Hauptdarstellerin Cate Blanchett. Anders als bei dem Film von Todd Field handelt es sich bei "Divertimento" aber um eine wahre Geschichte. Die echte Zahia Ziouani machte sich Mitte der 90-er auf, ihren Traum vom Dirigieren zu verwirklichen - man kennt ihren Namen in der Klassik-Szene. Vor "Divertimento" wurde ihr bemerkenswerter Werdegang bereits in zwei Dokumentarfilmen aufgearbeitet.

Preis DVD: circa 16 Euro

FR, 2022, Regie: Marie-Castille Mention-Schaar, Laufzeit: 110 Minuten

"Divertimento" erzählt, basierend auf einer wahren Geschichte, von der jungen Zahia (Oulaya Amamra), die Dirigentin werden und ein eigenes Orchester gründen möchte. (Bild: EuroVideo)
"Divertimento" erzählt, basierend auf einer wahren Geschichte, von der jungen Zahia (Oulaya Amamra), die Dirigentin werden und ein eigenes Orchester gründen möchte. (Bild: EuroVideo)