Live-Ticker zum Israel-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Nach dem beispiellosen Angriff der islamistischen Hamas auf Israel gehen die Kämpfe weiter. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Die aktuellen Entwicklungen im Israel-Krieg im Live-Ticker. (Symbolbild: Getty)
Die aktuellen Entwicklungen im Israel-Krieg im Live-Ticker. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Hier können Sie die wichtigsten Ereignisse des Tages nachlesen:

  • Berlin: Polizei registriert 850 Straftaten im Kontext des Gaza-Krieges

  • 250 000 Menschen verlassen in Israel Wohnorte wegen Kriegsbedrohung

  • Armee: Zahl der Geiseln im Gazastreifen beträgt mindestens 224

  • Palästinensischer Außenminister fordert sofortigen Waffenstillstand

  • Hamas-Ministerium: Zahl der Toten in Gaza steigt auf mehr als 7000

  • Entwurf für Gipfelerklärung: EU fordert Feuerpausen für Gazastreifen

  • Israelische Armee: Begrenzter Panzervorstoß im Gazastreifen

+++ Berlin: Polizei registriert 850 Straftaten im Kontext des Gaza-Krieges +++

Seit Beginn des Gaza-Krieges hat die Polizei in Berlin mehr als 850 Straftaten in diesem Kontext registriert. Knapp 350 Tatverdächtige sind im selben Zeitraum bis zum Donnerstagmorgen ermittelt worden, wie die Polizei mitteilte. Details nannte sie nicht.

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel kam es in Berlin in den vergangenen Tagen immer wieder zu Angriffen auf israelische Einrichtungen. Nach pro-palästinensischen Kundgebungen und Demonstrationen, die vielfach von der Polizei verboten worden waren, gab es insbesondere in Neukölln wiederholt Ausschreitungen. Hunderte Einsatzkräfte sind derzeit nachts deshalb im Einsatz.

+++ Österreichs Kanzler: Waffenruhen in Gaza würden Hamas bestärken +++

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat Forderungen nach einem längeren Aussetzen der Kämpfe gegen die Hamas im Gazastreifen heftig kritisiert. Österreich habe sich immer dazu bekannt, dass Korridore geöffnet werden, in denen humanitäre Hilfe zulässig und auch notwendig ist, sagte er am Donnerstag am Rande eines Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der EU-Länder in Brüssel. Es sei klar, dass in diesem Fall die Waffen schweigen. «Aber nur für diesen Fall. Alle Fantasien von Waffenstillstand, Feuerpausen et cetera führen dazu, dass die Hamas sich bestärkt fühlt, weiterzumachen, diesen schrecklichen Terror fortzuführen.»

Um Forderungen nach einem sofortigen humanitären Waffenstillstand für den Gazastreifen hatte es zuvor heftigen Streit in der EU gegeben. Länder wie Spanien oder Irland setzen sich wegen der vielen zivilen Opfer bei israelischen Angriffen auf Ziele im Gazastreifen für einen solchen Aufruf ein.

Länder wie Deutschland, Österreich und Ungarn sprachen sich hingegen klar dagegen aus, dass sich die EU solchen Aufrufen öffentlich anschließt. Sie argumentieren, ein solcher Vorstoß sei angesichts des anhaltenden Terrors der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas unangemessen. Als Kompromiss zeichnete sich zuletzt ab, dass die EU sich auf einen Aufruf zu zeitlich begrenzten Feuerpausen für Hilfslieferungen einigt.

+++ Hamas-Vertreter im russischen Außenministerium in Moskau +++

Diplomaten des russischen Außenministeriums haben in Moskau mit einem Hamas-Vertreter über eine Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen ausländischen Geiseln gesprochen. Das teilte das Ministerium am Donnerstag nach dem Treffen mit Musa Abu Marsuk mit, der demnach zur Führung der islamistischen Palästinenserorganisation gehört. «Außerdem wurden Fragen besprochen, die mit der Evakuierung russischer und anderer ausländischer Staatsbürger aus der palästinensischen Enklave verbunden sind», teilte das Außenministerium der Agentur Interfax zufolge mit.

Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Der russische Vizeaußenminister Michail Bogdanow hatte sich zuvor auch in Katar mit Vertretern der Hamas getroffen, um über die Geiseln zu sprechen. Die Hamas hält im Gazastreifen nach israelischen Angaben mehr als 220 Menschen fest, die bei dem Angriff auf Israel am 7. Oktober verschleppt wurden. Mindestens zwei davon besitzen nach Moskauer Angaben die russische Staatsbürgerschaft.

+++ UN-Vollversammlung beschäftigt sich mit Situation im Gazastreifen +++

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen beschäftigt sich bei einer Sondersitzung mit der Situation im Gazastreifen. Das Treffen begann am Donnerstag in New York mit Ansprachen der diplomatischen Vertreter Israels und der Palästinenser. Auch Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian war überraschend zu der Sitzung angereist. Insgesamt waren mehr als 100 Redner und Rednerinnen angekündigt, die Sitzung könnte sich bis spät in den Freitag ziehen.

Zum Abschluss des Treffens sollte über einen Resolutionsentwurf abgestimmt werden, den Jordanien eingebracht hatte. Weil dieser unter anderem eine sofortige Waffenruhe fordert und andere Punkte enthält, die die Unterstützer Israels so nicht vertreten, gilt es als fraglich, ob der Text verabschiedet wird. Beobachter erwarten aber auch, dass einige Länder aus dem globalen Süden das Treffen und die Abstimmung dazu nutzen könnten, auf Distanz zu Israel zu gehen. Resolutionen der UN-Vollversammlung sind nicht bindend, gelten aber als symbolisch.

Die Sitzung der UN-Vollversammlung war auch einberufen worden, weil sich der UN-Sicherheitsrat bislang nicht auf eine Resolution mit humanitärem Fokus hatte einigen können. Erst am Mittwoch waren erneut zwei Resolutionsentwürfe in dem Gremium gescheitert. Daraufhin kündigte Malta an, dass die zehn nicht-ständigen Mitglieder im Weltsicherheitsrat eine eigene Resolution vorlegen wollen.

+++ Habeck: Wenig Einigkeit mit Türkei mit Blick auf Gaza-Krieg +++

Vizekanzler Robert Habeck sieht zwischen der deutschen und der türkischen Regierung gravierende Differenzen mit Blick auf den Gaza-Krieg. In seinen Gesprächen mit Regierungsvertretern sei deutlich geworden, dass beide Seiten «gegenläufige Ansichten haben, konträre Ansichten haben», sagte Habeck am Donnerstag am Rande eines Besuchs in der türkischen Hauptstadt Ankara.

Robert Habeck hält eine Rede
Robert Habeck (Bild: REUTERS/Liesa Johannssen)

Vor allem bei seinem Treffen mit Vizepräsident Cevdet Yilmaz sei es fast ausschließlich um die Lage im Nahen Osten gegangen, sagte Habeck, der von «zugewandten Gesprächen» sprach. «Aber man muss auch sagen, dass wir in den wesentlichen Analysepunkten gegensätzlicher Auffassung waren.» Auf die Frage, ob er auch die Äußerungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan zur Sprache gebracht habe, der die islamistische Hamas als Freiheitskämpfer bezeichnet hatte, sagte Habeck, es seien «alle Äußerungen und alle Aspekte» angesprochen worden. «Aber es hat jetzt nicht dazu geführt, dass wir zu einem gemeinsamen Blick auf die Situation gekommen sind.»

Er betonte: «Trotzdem bleibt es richtig und wichtig miteinander zu reden und eben im Rahmen der Möglichkeiten die Gesprächspartner zu bitten, deeskalierend einzuwirken auf die Situation in der Region.» Er mache sich große Sorgen, dass sich die Lage weiter verschärfe. Er habe auf die Türkei eingewirkt und sie gebeten, «ihre diplomatischen Möglichkeiten zu nutzen, um die Geiseln zu befreien beziehungsweise ihre Kraft dafür einzusetzen, die Situation im Nahen Osten zu deeskalieren». Das tue derzeit auch die Bundesregierung. «Und ich glaube, alle Kräfte müssen darauf hinwirken, dass dort der jetzt schlimme, fürchterliche lokale Konflikt nicht sich ausweitet.»

+++ 250 000 Menschen verlassen in Israel Wohnorte wegen Kriegsbedrohung +++

Rund eine Viertelmillion Menschen in Israel haben wegen des Gaza-Kriegs und der Gefechte an der libanesischen Grenze ihre Wohnorte verlassen. Eine Sprecherin des israelischen Verteidigungsministeriums sagte, 126 000 Menschen seien im Rahmen eines offiziellen Räumungsprogramms an weniger gefährdeten Orten untergebracht worden. Zudem hätten viele Menschen von sich aus ihre Wohnorte verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen, sodass sich die Zahl insgesamt auf rund 250 000 belaufe. Israel hat insgesamt knapp zehn Millionen Einwohner.

Die zuständige israelische Behörde habe auch empfohlen, die Evakuierung der Orte an der Grenze zum Gazastreifen und zum Libanon bis zum Jahresende aufrechtzuerhalten, bestätigte die Sprecherin. Eine Billigung der Regierung dafür steht allerdings noch aus.

Das israelische Fernsehen berichtete, eine solche Entscheidung werde den Staat mehrere Milliarden Schekel kosten (1 Euro entspricht 4,30 Schekel). Andere Ministerien seien daher dagegen und hätten sie als verfrüht bezeichnet.

Olaf Scholz. (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)
Olaf Scholz. (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)

+++ Scholz: Kein Zweifel an Einhaltung des Völkerrechts durch Israel +++

Bundeskanzler Olaf Scholz vertraut darauf, dass Israel sich bei der Bekämpfung der islamistischen Hamas im Gaza-Streifen an das Völkerrecht hält. «Israel ist ein demokratischer Staat mit sehr humanitären Prinzipien, die ihn leiten», sagte Scholz beim EU-Gipfel in Brüssel. «Und deshalb kann man sicher sein, dass die israelische Armee auch bei dem, was sie macht, die Regeln beachten wird, die sich aus dem Völkerrecht ergeben. Da habe ich keinen Zweifel.»

Zu einer möglichen Einigung der Europäischen Union auf die Forderung nach Kampfpausen im Gaza-Streifen sagte Scholz, dass humanitäre Hilfe und eine Evakuierung von Doppelstaatlern und Mitarbeitern internationaler Organisationen ermöglicht werden müsse. Das wolle auch Israel, «und das muss dann ja auch irgendwie stattfinden können», sagte Scholz. «Insofern ist das eine Position, die wir, die Vereinigten Staaten und viele andere auch vertreten.»

Um Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand zur Ermöglichung humanitärer Hilfe in dem von Israel bombardierten Gazastreifen hatte es in den vergangenen Tagen heftigen Streit in der EU gegeben. Länder wie Deutschland und Österreich stemmten sich dagegen, um Israel im Kampf gegen die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas nicht zu sehr einzuschränken.

Im Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels findet sich nun eine Kompromissformel. Darin werden humanitäre Korridore und Feuerpausen gefordert, um die Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu ermöglichen.

Ursula von der Leyen. (Bild: REUTERS/Johanna Geron)
Ursula von der Leyen. (Bild: REUTERS/Johanna Geron)

+++ Von der Leyen ruft EU-Länder zur Freigabe von Geld für Krisen auf +++

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat von den Ländern frisches Geld für die internationale Krisenbewältigung gefordert. Die Kommission unterstütze die Ukraine und leiste für die Zivilbevölkerung in Gaza wichtige humanitäre Hilfe, sagte sie am Rande eines Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten in Brüssel. Man arbeite zudem mit den Mitgliedstaaten an der Steuerung der Migration. «All dies muss finanziert werden.» Aus diesem Grund habe sie eine Revision des EU-Haushalts vorgeschlagen, «um diese sehr wichtigen Aufgaben finanzieren zu können».

Der Gemeinschaftsetat der EU umfasst für die Jahre 2021 bis 2027 1,1 Billionen Euro, die nationalen Beiträge der Mitgliedstaaten stellen die größte Einnahmequelle dar. Ende Juni bat die EU-Kommission nach einer turnusmäßigen Halbzeitüberprüfung mit Blick auf fehlendes Geld im Gemeinschaftsetat die Mitgliedsländer um 66 Milliarden Euro zusätzlich für die kommenden Jahre. Das Geld soll unter anderem in die Ukraine fließen. Einige Länder wollen bislang einer Budgetaufstockung nicht zustimmen.

+++ Armee: Zahl der Geiseln im Gazastreifen beträgt mindestens 224 +++

Die Zahl der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln ist noch höher als bisher angenommen. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte, man habe bisher die Familien von 224 Geiseln informiert. Dies schließt nach Militärangaben nicht vier weibliche Geiseln ein, die bisher von der im Gazastreifen herrschenden Hamas wieder freigelassen worden waren. Nach israelischen Informationen sind unter den Geiseln Bürger von 25 Staaten, darunter auch Deutsche.

Eine Mahnwache für die Hamas-Geiseln in Brüssel. (Bild: REUTERS/Johanna Geron)
Eine Mahnwache für die Hamas-Geiseln in Brüssel. (Bild: REUTERS/Johanna Geron)

Die jüngste Geisel ist nach israelischen Informationen neun Monate, die wohl älteste 85 Jahre alt. Fast drei Wochen nach dem Massaker gibt es nach Medienberichten immer noch Dutzende von Vermissten, deren Schicksal ungeklärt ist. Wegen des schlimmen Zustands vieler Leichen ist auch die Identifikation noch nicht abgeschlossen. Unter den Getöteten und Vermissten sind nach israelischen Angaben Bürger von mehr als 40 Ländern.

+++ Palästinensischer Außenminister fordert sofortigen Waffenstillstand +++

Der palästinensische Außenminister Riad Malki hat einen sofortigen Waffenstillstand für den Gazastreifen gefordert. Humanitäre Hilfe dürfe nicht behindert werden, sagte der Minister in Den Haag. Er sprach von einem «Krieg der Rache» von Israel, wie die palästinensische Vertretung in Den Haag mitteilte. Demnach zielt Israel auf eine vollständige Zerstörung.

Der Minister hatte am Abend zuvor den Internationalen Strafgerichtshof besucht und auch mit Chefankläger Karim Khan gesprochen. Er habe ihn aufgefordert, gegen Israel wegen Kriegsverbrechen im Gazastreifen zu ermitteln. «Wir wollen, dass Israel zur Verantwortung gezogen wird.» Das Gericht ermittelt seit 2021 gegen die islamistische Hamas und Israel wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen.

+++ EU-Ratschef: Zivilisten müssen immer und überall geschützt werden +++

EU-Ratspräsident Charles Michel hat die Notwendigkeit des Schutzes der Zivilbevölkerung im Gazastreifen betont. «Zivilisten müssen immer und überall geschützt werden», sagte Michel am Rande eines Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten in Brüssel. Man werde darüber diskutieren, wie humanitärer Zugang zu dem abgeriegelten Küstenstreifen sichergestellt werden könne.

(deutsch: Beim heutigen Europäischen Rat werden wir zentrale Themen für unsere Union diskutieren: - Mittlerer Osten - Ukraine - EU-Haushalt - Migration - Wirtschaft)

Zudem sagte er mit Blick auf die islamistische Palästinenserorganisation Hamas und den beispiellosen Überfall auf Israel am 7. Oktober: «Wir verurteilen die Hamas und diesen gewalttätigen terroristischen Angriff.» Man unterstütze Israel und sein Recht, sich im Einklang mit internationalem Recht zu verteidigen.

+++ Hamas-Ministerium: Zahl der Toten in Gaza steigt auf mehr als 7000 +++

Die Zahl der getöteten Palästinenser im Gazastreifen ist seit Beginn des Krieges am 7. Oktober laut Hamas-kontrolliertem Gesundheitsministerium auf 7028 gestiegen. Es seien zudem 18 484 Menschen verletzt worden, berichtete das Ministerium in Gaza. Die Zahlen lassen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen.

+++ Israels Armee: Hamas hindert Menschen an Flucht nach Süd-Gaza +++

Die islamistische Hamas hindert Zivilisten im Gazastreifen nach israelischer Darstellung weiterhin an der Flucht aus dem besonders unsicheren Norden des Küstengebietes. Die israelische Armee fordere die Bevölkerung aus Sicherheitsgründen zur Flucht in den Süden auf, teilte das Militär mit. Doch Hamas-Mitglieder würden unter anderem Straßenblockaden aufstellen.

In einem von der Armee veröffentlichten Gespräch berichtet ein Palästinenser zudem von Schüssen auf Zivilisten, die flüchten wollten. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Es sind allerdings laut Armeeangaben schon mindestens rund 700 000 Menschen in den Süden geflohen, die Vereinten Nationen sprechen sogar von 1,4 Millionen Vertriebenen durch die israelischen Luftangriffe.

Israelischer Evakuierungsplan für Gaza. (Redaktion: D. Loesche; Grafik: F. Bökelmann)
Israelischer Evakuierungsplan für Gaza. (Redaktion: D. Loesche; Grafik: F. Bökelmann)

+++ Israelischer Minister: Kommission wird 7. Oktober untersuchen +++

Ein israelischer Minister hat die Bildung einer staatlichen Untersuchungskommission in Bezug auf den Hamas-Terrorangriff am 7. Oktober angekündigt. Diese solle nach dem Krieg «die Schuldfrage» auf israelischer Seite klären, sagte Kulturminister Miki Sohar der Internetseite ynet. Die Kommission werde «unabhängig» sein. «Die ganze israelische Bevölkerung wird sich auf sie verlassen können.»

In Israel gibt es massive Kritik an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der bisher keine direkte Verantwortung für das politische und militärische Versagen am 7. Oktober übernommen hat. Im Gegensatz dazu hatten sich auch führende Vertreter von Militär und Geheimdienst zu ihrer Verantwortung bekannt.

Netanjahua sagte am Mittwoch in einer Videoansprache lediglich: «Dieses Versagen wird umfassend untersucht werden, alle werden Antworten geben müssen - auch ich». Dies werde jedoch erst nach dem Krieg geschehen. Gegenwärtig sei es seine Aufgabe, «Israel zu einem entscheidenden Sieg zu führen».

(deutsch: Wir haben nur eine Aufgabe – die Hamas zu zerschlagen, und wir werden nicht aufhören, bis wir diese Aufgabe erfüllt haben.)

+++ Entwurf für Gipfelerklärung: EU fordert Feuerpausen für Gazastreifen +++

Beim EU-Gipfel in Brüssel soll zu einem schnellen, sicheren und ungehinderten humanitären Zugang zum Gazastreifen aufgefordert werden. Zu notwendigen Maßnahmen gehörten auch humanitäre Korridore und Feuerpausen, heißt es in dem jüngsten Entwurf für die Abschlusserklärung des Spitzentreffens an diesem Donnerstag und Freitag. Die sich verschlechternde humanitäre Lage in Gaza gebe Anlass zu größter Besorgnis.

Um Forderungen nach einem sofortigen humanitären Waffenstillstand für den Gazastreifen hatte es in den vergangenen Tagen heftigen Streit in der EU gegeben. Länder wie Deutschland und Österreich sprachen sich dagegen aus, dass sich die EU solchen Aufrufen öffentlich anschließt. Sie argumentierten, ein solcher Vorstoß sei angesichts des anhaltenden Terrors der islamistischen Hamas unangemessen. Länder wie Spanien oder Irland setzten sich hingegen wegen der vielen zivilen Opfer bei israelischen Angriffe auf Ziele im Gazastreifen für einen solchen Aufruf ein.

Die Verwendung von Wörtern wie «humanitäre Korridore» und «humanitäre Pausen» im Plural soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nun ein Kompromiss sein und deutlich machen, dass die EU Israel nicht auffordert, den Kampf gegen die Hamas mit sofortiger Wirkung einzustellen. Diesen Eindruck wollen Länder wie Deutschland unbedingt vermeiden.

Zu den Gräueltaten der Palästinenserorganisation Hamas heißt es in dem der dpa vorliegenden Entwurf für die Erklärung, der Europäische Rat verurteile auf das Schärfste die Hamas und ihre brutalen und willkürlichen Angriffe in ganz Israel. Der Einsatz von Zivilisten als menschliche Schutzschilde sei eine besonders beklagenswerte Grausamkeit. Man betone nachdrücklich das Recht Israels, sich im Einklang mit dem Völkerrecht und dem humanitären Völkerrecht zu verteidigen.

+++ Neue Raketenangriffe aus Gaza auf Israel +++

Militante Palästinenser im Gazastreifen greifen israelische Ortschaften auch während der heftigen Luftangriffe in dem Palästinensergebiet weiter mit Raketen an. In der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv heulten wieder die Warnsirenen. Zuvor gab es auch in den Ortschaften am Rande des Gazastreifens immer wieder Raketenalarm, wie die israelische Armee mitteilte. Es gab zunächst keine Berichte über Opfer.

Seit Beginn des Krieges vor fast drei Wochen sind nach israelischen Armeeangaben Tausende von Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert worden. Etwa ein Fünftel sei zuletzt im Gazastreifen selbst eingeschlagen und habe dort auch Opfer verursacht.

+++ Vereinte Nationen: Wassernot im Gazastreifen leicht gelindert +++

Die Wasserknappheit im südlichen Teil des Gazastreifens hat sich leicht entspannt. Dies wurde möglich, weil die UN-Organisationen UNRWA und Unicef Treibstoff aus Depots holen und zur Verfügung stellen konnten, wie das UN-Nothilfebüro Ocha mitteilte. Mit dem Treibstoff können Wasserpumpen betrieben werden.

Im Gazastreifen herrscht seit Jahrzehnten Wassernot. Normalerweise wird Trinkwasser jeden Tag mit Lastwagen angeliefert. Seit dem Überfall von militanten Hamas-Anhängern auf Israel am 7. Oktober hat Israel Lieferungen eingestellt. UNRWA und Unicef warten, dass die letzten Treibstoffreste im Laufe des Tages aufgebraucht sein dürften.

Wasserversorgung im Gazastreifen. (Grafik: A. Zafirlis, S. Stein, Redaktion: B. Schaller)
Wasserversorgung im Gazastreifen. (Grafik: A. Zafirlis, S. Stein, Redaktion: B. Schaller)

+++ Israelische Armee: Begrenzter Panzervorstoß im Gazastreifen +++

Das israelische Militär hat erneut einen begrenzten Panzervorstoß im Norden des von der islamistischen Hamas beherrschten Gazastreifens unternommen. Es seien dabei in der Nacht «zahlreiche Terroristen, terroristische Infrastruktur und Abschussrampen für Panzerabwehrraketen» aufgespürt und angegriffen worden, teilte die Armee am Morgen mit.

Nach Beendigung des Vorstoßes hätten die Soldaten das Gebiet wieder verlassen. Es sei Teil der Vorbereitungen «für die nächsten Kampfphasen» gewesen, hieß es. Israels Militär hatte in den vergangenen zweieinhalb Wochen bereits mehrere begrenzte Vorstöße in den Gazastreifen unternommen. Sie gelten als Vorbereitung für eine geplante Bodenoffensive Israels.

Die israelischen Vorbereitungen für die nächste Kampfphase gehen weiter. (Bild: Mostafa Alkharouf/Anadolu via Getty Images)
Die israelischen Vorbereitungen für die nächste Kampfphase gehen weiter. (Bild: Mostafa Alkharouf/Anadolu via Getty Images)

+++ Israel bombardiert erneut Hunderte Ziele im Gazastreifen +++

Die israelische Luftwaffe hat im Kampf gegen die islamistische Hamas nach eigenen Angaben erneut zahlreiche Ziele im Gazastreifen bombardiert. Wie das israelische Militär auf Telegram bekanntgab, hätten Kampfflugzeuge im Verlaufe des vergangenen Tages mehr als 250 «Terrorziele» angegriffen. Dazu gehörten Kommandozentralen, Tunnelschächte und Raketenabschussrampen inmitten von Wohngebieten, von wo aus seit Kriegsbeginn auf israelisches Gebiet geschossen worden sei. Zudem hätten Soldaten eine Abschussbasis für Boden-Luft-Raketen der Hamas in der Gegend von Khan Younis im Süden des Gazastreifens getroffen, hieß es weiter.

Die Abschussbasis habe sich in der Nähe einer Moschee und eines Kindergartens befunden, so die Armee- Dies sei ein weiterer Beweis dafür, dass die Hamas bewusst zivile Einrichtungen für Terrorzwecke nutze.

+++ Irans Außenminister überraschend in USA eingetroffen +++

Irans Außenminister ist angesichts des Gaza-Kriegs überraschend in die USA gereist. Besuche iranischer Spitzenpolitiker in den Vereinigten Staaten, die als Erzfeind der Islamischen Republik gelten, sind selten. Chefdiplomat Hussein Amirabdollahian traf am späten Mittwochabend (Ortszeit) in New York ein, wie sein Außenministerium mitteilte. Demnach will der Minister bei einer UN-Sitzung die Interessen der Palästinenser unterstützen. Diese genießen auch die Rückendeckung der vom Iran unterstützten und mit Israel verfeindeten Hisbollah-Miliz im Libanon.

Die Nacht im Überblick

Israel hält trotz der Forderungen nach einem humanitären Waffenstillstand unbeirrt an seiner Planung für eine Bodenoffensive im Gazastreifen gegen die islamistische Hamas fest. «Wir bereiten uns auf einen Bodenangriff vor. Ich werde nicht sagen, wann, wie und wie viele», sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwochabend in einer Fernsehansprache. «Alle Hamas-Mitglieder sind todgeweiht - über der Erde, unter der Erde, in Gaza und außerhalb von Gaza.» Frankreichs Staatsführung stellte unterdessen den unter Durst und Hunger leidenden Menschen in dem dicht besiedelten Küstenstreifen medizinische Hilfe in Aussicht.

Frankreich will medizinische Hilfe liefern

Von heute an sollten französische Flugzeuge mit medizinischem Material in Ägypten landen, sagte Präsident Emmanuel Macron am Mittwoch nach einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi in Kairo. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinenser, UNRWA, hatte zuvor vor einem nahenden Ende jeglicher humanitärer Hilfe im Gazastreifen gewarnt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte mit, Krankenhäuser in dem Küstengebiet müssten bereits wegen Treibstoffmangels schließen. Israel blockiert weiter die Lieferung von Treibstoff in das Gebiet, weil das die Hamas stärken könne und Missbrauch für Terrorzwecke zu befürchten sei. Die Islamistenorganisation habe selbst große Treibstoffvorräte, enthalte sie dem eigenen Volk aber vor.

Stromversorgung und Bedarf in Gaza. (Grafik: P. Massow; Redaktion: J. Schneider)
Stromversorgung und Bedarf in Gaza. (Grafik: P. Massow; Redaktion: J. Schneider)

Netanjahu: Israel führt «Kampf um seine Existenz»

Unterdessen geht der Krieg zwischen der Hamas und Israel unerbittlich weiter. Mitglieder der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas schossen nach eigenen Angaben zwei Langstreckenraketen Richtung Haifa im Norden und Eilat im Süden Israels ab. In Orten südlich Haifas wurde Raketenalarm ausgelöst, wie Israels Armee am Mittwoch mitteilte. Auch im Großraum der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv gab es nach Militärangaben wieder Raketenalarm.

Israel befinde sich mitten in einem «Kampf um seine Existenz», sagte Netanjahu. Tausende Terroristen seien seit dem Massaker der islamistischen Hamas an israelischen Zivilisten am 7. Oktober bereits getötet worden und dies sei «nur der Anfang».

Militärsprecher Daniel Hagari sagte am Mittwochabend, die israelische Luftwaffe greife zur Vorbereitung auf eine Bodenoffensive weiter Ziele im Gazastreifen an. Dabei sei auch «Terrorinfrastruktur im Untergrund» getroffen worden. «Jeder Schlag verbessert unsere Situation für die nächsten Phasen», sagte Hagari. Unter dem dicht besiedelten Küstenstreifen verläuft ein weitreichendes Tunnelsystem, in dem auch Geiseln vermutet werden, die die Hamas bei ihrem Großangriff auf Israel entführt hatte.

(deutsch: Zur Vorbereitung auf die nächsten Kampfphasen operierte die IDF im nördlichen Gazastreifen. IDF-Panzer und Infanterie griffen zahlreiche Terrorzellen, Infrastruktur und Abschussposten für Panzerabwehrraketen an. Die Soldaten haben das Gebiet inzwischen verlassen und sind auf israelisches Territorium zurückgekehrt.)

Biden: Haben keine Verschiebung der Bodenoffensive gefordert

US-Präsident Joe Biden hat Israel eigenen Worten zufolge nicht aufgefordert, die angekündigte Bodenoffensive zu verschieben. Er habe Netanjahu zu verstehen gegeben, dass - wenn es möglich sei - die Geiseln im Gazastreifen sicher befreit werden sollten, sagte Biden am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Washington. «Es ist ihre Entscheidung. Aber ich habe es nicht gefordert.» Biden war gefragt worden, ob er von Netanjahu eine Zusicherung erhalten habe, dass die Bodenoffensive solange aufgeschoben werde, bis die Freilassung der Geiseln sichergestellt sei. Darauf sagte der US-Präsident: «Nein.»

Weltsicherheitsrat weiter uneins

Der Weltsicherheitsrat kann sich im Gaza-Krieg derweil weiter auf keine Resolution mit humanitärem Fokus einigen. Sowohl ein Entwurf der USA als auch eine Beschlussvorlage Russlands fielen am Mittwoch vor dem mächtigsten UN-Gremium durch. Der US-Text, der unter anderem das Selbstverteidigungsrecht Israels betonte und eine humanitäre Feuerpause forderte, wurde durch Vetos von Russland und China verhindert. Der russische Vorschlag, der unter anderem die Forderung nach einem Waffenstillstand enthielt, erhielt nur vier Ja-Stimmen in dem Gremium, dem 15 Staaten angehören.

Die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield im UN-Weltsicherheitsrat. (Bild: REUTERS/Mike Segar)
Die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield im UN-Weltsicherheitsrat. (Bild: REUTERS/Mike Segar)

Ägyptens Präsident Al-Sisi warnte nach seinem Treffen mit Macron vor einer Ausweitung des Kriegs. «Wir sehen mit großer Sorge, dass der Kreislauf der Gewalt möglicherweise auf andere Parteien in der Region ausgeweitet wird», sagte Al-Sisi am Mittwoch. Das erklärte Ziel des Krieges sei, die Hamas und andere bewaffnete Gruppen im Gazastreifen zu liquidieren. «Der Einmarsch in den Gazastreifen kann sehr viele zivile Opfer zur Folge haben», warnte er - deshalb müsse er verhindert werden. Es sei wichtig, die Zeit zur Befreiung von Geiseln zu nutzen.

Die rund 200 Geiseln in der Gewalt der Hamas brauchen laut der WHO dringend medizinische Versorgung. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) solle sofort Zugang zu den Entführten erhalten, die ohnehin freizulassen seien, forderte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwochabend.

(deutsch: [...] @WHO fordert die sofortige Freilassung aller Geiseln sowie den dringenden Zugang zu allen Geiseln und die Bereitstellung medizinischer Versorgung. [...])

Weiter Gewalt an Israels Nordgrenze und im Westjordanland

Unterdessen kam es auch an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon erneut zu gegenseitigem Beschuss. Und auch im Westjordanland geht die Gewalt weiter: Dort sollen seit dem Terrorangriff der Hamas nach palästinensischen Angaben bei Konfrontationen inzwischen mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen sein. US-Präsident Biden zeigte sich besorgt über gewaltsames Vorgehen von Siedlern im Westjordanland und verurteilte die Gewalt gegen Palästinenser. «Ich bin weiterhin beunruhigt über die Angriffe extremistischer Siedler auf Palästinenser im Westjordanland», sagte Biden am Mittwoch. «Das muss jetzt aufhören.» Derartige Angriffe seien, als würde man Benzin ins Feuer gießen.