Live-Ticker zum Israel-Krieg: Die aktuellen Entwicklungen

Nach dem beispiellosen Angriff der islamistischen Hamas auf Israel gehen die Kämpfe weiter. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Die aktuellen Entwicklungen im Israel-Krieg im Live-Ticker. (Symbolbild: Getty)
Die aktuellen Entwicklungen im Israel-Krieg im Live-Ticker. (Symbolbild: Getty)

Unser Ticker ist für heute beendet. Sie können hier die wichtigsten Meldungen des Tages nachlesen.

  • UN-Generalsekretär zu Gaza-Krieg: Völkerrecht kein «à la carte Menü»

  • Erneut Raketenangriffe auf Zentrum und Süden Israels

  • Hamas und Iran tauschen sich über Gaza-Krieg aus

  • Israel treibt Bodeneinsätze im Gazastreifen voran

  • BKA: Nach Hamas-Angriff über 2000 Straftaten in Deutschland

  • Hamas: Kämpfe mit israelischen Bodentruppen rund um Stadt Gaza

  • Israel: Mindestens 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt

  • Unicef: «Gaza ist ein Friedhof für Kinder» - bisher 3450 getötet

  • Weitere 26 Lastwagen bringen Hilfsgüter in Gazastreifen

Die aktuelle Lage im Newsstream:

+++ UN-Generalsekretär zu Gaza-Krieg: Völkerrecht kein «à la carte Menü» +++

UN-Generalsekretär António Guterres hat sich «zutiefst beunruhigt» über die Verschärfung des Konflikts zwischen Israel und der militanten Hamas gezeigt. Dazu gehörten die Ausweitung der Bodenoperationen der israelischen Streitkräfte genauso wie intensivierte Luftangriffe und der anhaltende Raketenbeschuss aus Gaza auf Israel, teilten die Vereinten Nationen am Dienstag in New York mit. Guterres forderte erneut einen humanitären Waffenstillstand und ungehinderten Zugang von Hilfskräften in den Gazastreifen.

Antonio Guterres (Bild: Reuters)
Antonio Guterres (Bild: Reuters)

Der UN-Chef verurteilte den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober erneut scharf und sagte, die Attacken seien durch nichts zu rechtfertigen. Guterres zeigte sich auch bestürzt, dass zwei Drittel der Getöteten im Gazastreifen Frauen und Kinder sind. Er beklagte viele gestorbene UN-Mitarbeiter. «Das humanitäre Völkerrecht legt klare Regeln fest, die nicht ignoriert werden dürfen. Es handelt sich nicht um ein à la carte Menü und kann nicht selektiv angewendet werden», so Guterres.

+++ Erneut Raketenangriffe auf Zentrum und Süden Israels +++

Militante Palästinenser aus dem Gazastreifen haben erneut Raketen auf das Zentrum Israels sowie den Süden des Landes abgefeuert. Raketenalarm wurde mehrfach ausgelöst, wie die Armee mitteilte.

Seit Beginn des Krieges am 7. Oktober bis zum Wochenende wurden nach israelischen Angaben rund 8000 Raketen von Gaza aus auf Israel abgefeuert. Ein Teil davon sei im Gazastreifen eingeschlagen und habe dort auch Opfer verursacht.

+++ Hamas und Iran tauschen sich über Gaza-Krieg aus +++

Der Chef des politischen Büros der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und Irans Außenminister haben sich über die Entwicklungen im Gaza-Krieg ausgetauscht. Bereits zum zweiten Mal seit Kriegsbeginn kamen Irans Außenminister Hussein Amirabdollahian und Hamas-Chef Ismail Hanija in der katarischen Hauptstadt Doha zusammen, wie Irans staatliche Nachrichtenagentur Irna am Dienstag berichtete.

Seit der Islamischen Revolution von 1979 ist Israel Irans erklärter Erzfeind. Teheran hat seit den 1990er Jahren seine politischen und militärischen Beziehungen in der Region ausgebaut, um mit der Unterstützung schiitischer Milizen eine «Achse des Widerstands» gegen Israel zu schaffen. Der Iran unterhält gute Beziehungen zur Hamas. Die Islamische Republik will nach eigenen Angaben auch bei der Freilassung von Geiseln vermitteln.

Das Golfemirat Katar gehört seit etwa 15 Jahren zu den wichtigsten Unterstützern der Hamas. Das reiche Emirat greift der islamistischen Bewegung vor allem politisch unter die Arme und leistet finanzielle Hilfe, etwa beim Wiederaufbau von Infrastruktur nach israelischen Angriffen. Hanija selbst lebt in Katar. Amirabdollahian traf am Dienstag auch den katarischen Emir Tamim bin Hamad Al Thani.

+++ BKA: Nach Hamas-Angriff über 2000 Straftaten in Deutschland +++

Infolge des Terrorangriffs der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober hat das Bundeskriminalamt (BKA) mehr als 2000 Straftaten in Deutschland gezählt. Schwerpunktmäßig wurden laut der Zeitung «Tagesspiegel» (Dienstag) Körperverletzungsdelikte, Landfriedensbrüche, Volksverhetzungen und Sachbeschädigungen registriert. Auch «Widerstandstraftaten im Zusammenhang mit propalästinensischen Veranstaltungen in Berlin» hätten eine größere Rolle gespielt. Insgesamt bewege sich die Zahl der Gewaltstraftaten nach Angaben des BKA «im unteren dreistelligen Bereich».

Wie die Polizeibehörde in Wiesbaden zudem der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, beobachtet und analysiert sie die aktuelle Gefährdungslage intensiv und stimmt sich eng mit den Bundesländern und anderen Sicherheitsbehörden ab, um gewappnet zu sein.

+++ Jemenitische Huthi-Rebellen reklamieren Angriff auf Israel für sich +++

Die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen haben nach eigenen Angaben Gebiete in Israel angegriffen. Eine große Anzahl von Drohnen und «eine große Ladung» Raketen seien auf «mehrere Ziele des israelischen Feindes» abgeschossen worden, hieß es in einer Mitteilung der vom Iran unterstützten Rebellen. Ein Sprecher sagte in der von der Huthi-nahen Nachrichtenseite Saba veröffentlichten Erklärung, «dass dies die dritte Operation» zur Unterstützung der Palästinenser sei und dass sie weiterhin «Angriffe mit Raketen und Drohnen durchführen werden, bis die israelische Aggression endet».

Nach vorigen Angaben der israelischen Armee hatte die Raketenabwehr eine Boden-Boden-Rakete «vom Gebiet des Roten Meeres» außerhalb Israels abgefangen.

+++ Rabbiner-Konferenz fordert mehr Schutz für jüdische Einrichtungen +++

Europas Rabbiner fordern angesichts antisemitischer Übergriffe besseren Schutz für jüdische Einrichtungen in Europa. Die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) appelliere an die Regierungen, «alles in ihrer Macht Stehende zum Schutz des jüdischen Lebens und der jüdischen Gemeinden zu unternehmen», teilte das Gremium in München mit. «Fast alle Synagogen und jüdischen Einrichtungen» seien von antisemitischen Vorfällen betroffen. «Jüdische Familien fürchten um ihr Leben.» Das sei nicht hinnehmbar.

Die Neue Synagoge in Berlin. (Bild: Getty)
Die Neue Synagoge in Berlin. (Bild: Getty)

«Juden sollten keine Angst haben, in die Synagoge zu gehen, ihre Kinder zur Schule zu schicken oder in der Öffentlichkeit eine Kippa zu tragen», teilte die Rabbiner-Konferenz mit. Neben besserem Schutz forderte das Gremium unter anderem mehr Anstrengungen bei der Verfolgung antisemitischer Straftaten, hartes Durchgreifen in sozialen Medien und die Ausweisung von Nicht-EU-Bürgern, die «wegen Terrorismus oder Judenhass verurteilt wurden».

Als Europäisches Rabbinat vertritt die ursprünglich 1956 in Großbritannien gegründete CER nach eigenen Angaben rund 1000 Mitglieder und 800 aktive Rabbiner von Dublin bis Wladiwostok - und damit die größten jüdischen Gemeinden Europas.

+++ Israels Armee greift erneut «Terrorzelle» im Libanon an +++

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben erneut eine «Terrorzelle» im Libanon angegriffen. Diese habe geplant, Panzerabwehrraketen nach Israel abzufeuern, teilte das Militär mit. Zusätzlich seien Panzerabwehrraketen auf zwei Stellungen der israelischen Armee in Grenznähe geschossen worden. Die Armee reagiere auf den Beschuss, hieß es.

An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon kommt es seit Beginn des Gaza-Kriegs zunehmend zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Schiitenmiliz Hisbollah. Auf beiden Seiten gab es bereits Tote. Die Hisbollah hat Verbindungen zur im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas.

+++ Israel: Boden-Boden-Rakete bei Rotem Meer abgefangen +++

Die israelische Raketenabwehr hat nach Angaben der Armee eine Boden-Boden-Rakete im Gebiet des Roten Meers abgefangen. Dies sei das erste operative Abfangen durch das Raketenabwehrsystem Arrow seit Beginn des Krieges, teilte die Armee mit. Die Rakete sei «vom Gebiet des Roten Meeres» nach Israel abgefeuert worden und außerhalb Israels abgefangen worden.

+++ Israel treibt Bodeneinsätze im Gazastreifen voran +++

Israel treibt nach eigenen Angaben die Bodeneinsätze in dem von der islamistischen Hamas kontrollierten Gazastreifen voran. «Hunderte Ziele der mörderischen Hamas-Terrororganisation» seien bei «koordinierten Luft- und Bodenangriffen» attackiert worden, teilte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari mit.

Dabei sei auch ein führender Kommandant des Terror-Überfalls im Süden Israels am 7. Oktober getötet worden. Angaben zu den Standorten der Truppen oder einer Verstärkung der Einheiten machte er nicht.

(deutsch: Die IDF und der Shin Bet haben den Kommandeur des Bataillons Beit Lahia der Terrororganisation Hamas eliminiert. [...])

«Während wir sprechen, kämpfen unsere Soldaten auf dem Schlachtfeld, (...) beteiligen sich an heftigen Nahkämpfen, bei denen sie Terroristen beseitigen», sagte er. «Die kommenden Wochen werden Widerstandsfähigkeit und Geduld von uns allen verlangen», sagte er.

+++ Hamas: Kämpfe mit israelischen Bodentruppen rund um Stadt Gaza +++

Im Gazastreifen ist es nach Angaben der islamistischen Hamas zu Kämpfen mit israelischen Bodentruppen an mehreren Punkten rund um die Stadt Gaza gekommen. Israel äußerte sich zunächst nicht zum Standort seiner Truppen.

Wie der militärische Arm der islamistischen Hamas, die Kassam-Brigaden, mitteilte, hatten Kämpfer südlich der Stadt Gaza unter anderem mit Panzerabwehrraketen und Sprengsätzen vier Fahrzeuge der israelischen Armee angegriffen. Nordwestlich von Gaza seien ein Panzer und ein Bulldozer mit zwei Panzerabwehrraketen angegriffen, nördlich der Stadt weitere Fahrzeuge beschossen worden.

Zudem seien Soldaten zu Fuß nahe des Grenzübergangs Kerem Schalom im Südosten des Gazastreifens mit Mörsergranaten beschossen worden, hieß es. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

+++ Innenministerin Faeser: Bald Verbote von Hamas und Samidoun +++

Die geplanten Verbote der Hamas und des propalästinensischen Netzwerks Samidoun sollen nach den Worten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser bald erfolgen. Die SPD-Politikerin sagte der Deutschen Presse-Agentur in Rabat auf die Frage, wann die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten Betätigungsverbote gegen die islamistische Hamas und Samidoun verhängt würden, dies werde «in wenigen Tagen erfolgen».

Scholz hatte in einer Regierungserklärung am 12. Oktober Betätigungsverbote für die im Gazastreifen herrschende und unter anderem von den USA als Terrororganisation eingestufte Hamas sowie für Samidoun angekündigt. Bislang wurden diese aber noch nicht umgesetzt. Eine Sprecherin des zuständigen Bundesinnenministeriums hatte in der vergangenen Woche erklärt, die Verbote würden jetzt «sehr schnell» vollzogen.

+++ Mindestens 31 Journalisten im Gaza-Krieg getötet +++

Im Gaza-Krieg sind nach Angaben einer Nichtregierungsorganisation (NGO) bisher 31 Journalisten getötet worden. Unter ihnen seien 26 Palästinenser und vier Israelis sowie ein Libanese, teilte das in den USA ansässige Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) mit. Der Krieg fordere von Journalisten einen hohen Tribut. In Gaza seien Journalisten «angesichts einer Bodenoffensive (...), verheerenden Luftangriffen Israels, unterbrochener Kommunikation und ausgedehnten Stromausfällen» besonders hohen Risiken ausgesetzt.

(deutsch: UPDATE: Der Krieg zwischen Israel und der Hamas ist für Journalisten, die über Konflikte berichten, die tödlichste Zeit seit Beginn der Aufzeichnungen des CPJ im Jahr 1992. Stand 30. Oktober: - 31 Journalisten tot. - 8 Journalisten verletzt. - 9 Journalisten vermisst oder inhaftiert.)

Bisher wurden dem CPJ zufolge acht Journalisten verletzt, neun weitere gelten als vermisst oder festgenommen. Zudem gebe ist nicht bestätigte Berichte über weitere Todesfälle, Fälle von Verschwinden sowie Bedrohungen gegen und Schäden an Büros von Medienhäusern und Wohnstätten von Journalisten. «Journalisten in der Region erbringen große Opfer, um über diesen herzzerreißenden Konflikt zu berichten», hieß es. Vor allem diejenigen im Gazastreifen würden einen «beispiellosen Tribut» zahlen und seien «außerordentlichen Bedrohungen» ausgesetzt.

Die Organisation veröffentlichte eine Liste der bisher bestätigten Todesopfer und Verletzten. Darunter sind Mitarbeiter von Nachrichtenseiten und -agenturen, von Radio- und Fernsehsendern.

+++ Hamas-Behörde: Zahl der Toten in Gaza steigt auf mehr als 8500 +++

Die Zahl der getöteten Palästinenser im Gazastreifen ist seit Beginn des Krieges am 7. Oktober laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde auf 8525 gestiegen. Zudem seien 21 543 Menschen verletzt worden, teilte die Behörde in Gaza mit. Die Zahlen lassen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen.

Ein israelischer Luftangriff im Gazastreifen. (Bild: REUTERS/Mohammed Al-Masri)
Ein israelischer Luftangriff im Gazastreifen. (Bild: REUTERS/Mohammed Al-Masri)

+++ Israel: Mindestens 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt +++

Bei dem Hamas-Terrorüberfall am 7. Oktober auf Israel sind nach israelischen Armeeangaben mindestens 240 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Darüber seien die Angehörigen informiert worden, teilte der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, mit. Das Militär geht eigenen Angaben zufolge davon aus, dass die meisten der Geiseln noch am Leben sind. Unter den Verschleppten befinden sich auch mehrere Deutsche, mit denen die Bundesregierung allerdings keinen Kontakt hat.

+++ Unicef: «Gaza ist ein Friedhof für Kinder» - bisher 3450 getötet +++

Im Gaza-Krieg sind nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef bisher 3450 Kinder getötet worden. «Gaza ist ein Friedhof für Kinder geworden», sagte Unicef-Sprecher James Elder während eines Briefings in Genf. Eine Quelle für die Zahl nannte er nicht. Ohne Lieferungen von Treibstoff, Medikamenten, Wasser und Lebensmitteln könnten die aktuellen Zahlen bald «nur die Spitze eines Eisbergs sein», so Elder weiter.

Treibstoff werde unter anderem gebraucht, um die Generatoren der Kliniken zu betreiben, Wasser aufbereiten zu können und für die Rettungsfahrzeuge, sagte ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die UN-Vertreter forderten erneut eine sofortige Waffenruhe.

(deutsch: Keine Worte können beschreiben, was Tausende von Kindern in #Gaza durchmachen, sie haben ihr Zuhause, ganze Familien und Erinnerungen verloren. UNICEF fordert einen sofortigen Waffenstillstand und einen dauerhaften und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe)

+++ Weitere 26 Lastwagen bringen Hilfsgüter in Gazastreifen +++

Im Gazastreifen sind weitere 26 Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern eingetroffen. Sie hätten Essen und Arzneimittel von Ägypten über die Grenze gebracht, teilte der Palästinensische Rote Halbmond am Montagabend mit. Damit seien seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Palästinenserorganisation Hamas insgesamt 144 Lkw in dem abgeriegelten Küstengebiet eingetroffen. Das UN-Nothilfebüro OCHA zählte dagegen bisher die Ankunft von 143 Lkw.

Nach israelischen Angaben standen am Morgen weitere 80 Lastwagen mit Hilfsgütern zur Kontrolle für die Einfuhr in den Gazastreifen bereit. «Dies ist die größte Lieferung von Hilfsgütern seit Beginn des Krieges», teilte die zuständige israelische Behörde Cogat auf der Plattform X, vormals Twitter, mit.

(deutsch: Der größte Hilfstransfer seit Kriegsbeginn: 80 Lastwagen, beladen mit medizinischen Hilfsgütern, Nahrungsmitteln und Wasser, begannen mit der Inspektion, um sich auf die Einfahrt nach #Gaza über den Grenzübergang Rafah vorzubereiten. #HamasISIS kümmern sich nicht um die Zivilbevölkerung im Gazastreifen.)

Die Vereinten Nationen betonen immer wieder, dass die Lieferungen angesichts der dramatischen humanitären Lage in Gaza bei Weitem nicht reichen. «Die Handvoll Konvois, die durch (den Grenzübergang) Rafah gelassen wird, ist nichts im Vergleich zu den Bedürfnissen von mehr als zwei Millionen in Gaza gefangenen Menschen», sagte Philippe Lazzarini, Generalkommissar des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA.

Laut UN werden täglich eigentlich 100 Lastwagenladungen benötigt, um die 2,2 Millionen Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. Vor Kriegsbeginn kamen dem UN-Nothilfebüro OCHA zufolge im Durchschnitt unter der Woche täglich 500 Lkw in den Gazastreifen.

Hilfsgüter kommen in einem Krankenhaus in Gaza an. (Bild: Ahmad Hasaballah/Getty Images)
Hilfsgüter kommen in einem Krankenhaus in Gaza an. (Bild: Ahmad Hasaballah/Getty Images)

+++ Gaza: Palästinensische Menschenrechtsgruppen fordern Haftbefehle +++

Drei palästinensische Menschenrechtsgruppen haben den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) aufgefordert, gegen Angehörige von Israels Regierung und Militär internationale Haftbefehle auszustellen. Diese müssten sich vor allem gegen Verantwortliche von «internationalen Verbrechen gegen Kinder» richten, teilten die Organisationen Al-Haq, das Al Mezan Center for Human Rights und das Palestinian Centre for Human Rights (PCHR) am Montagabend mit.

(deutsch: Die palästinensischen Menschenrechtsorganisationen Al-Haq, @AlMezanCenter und @pchrgaza begrüßen den Besuch des ICC-Staatsanwalts am Grenzübergang Rafah und fordern die Ausstellung von Haftbefehlen.)

«In drei Wochen wurden in Gaza mehr palästinensische Kinder getötet als Kinder in Konfliktzonen weltweit über ein gesamtes Jahr», schrieben die Organisationen. Sie bezogen sich dabei auf Angaben der Hilfsorganisation Save the Children. Ihr zufolge wurden in Gaza über drei Wochen fast 3200 Kinder getötet. Das seien mehr als die Zahl der getöteten Kinder in bewaffneten Konflikten weltweit - in mehr als 20 Ländern - über ein gesamtes Jahr. 40 Prozent der Todesopfer in Gaza seien Kinder und 1000 weitere Kinder würden als vermisst gelten.

(deutsch: 3.195 in #Gaza in nur drei Wochen getötete Kinder übertrafen die jährliche Zahl der seit 2019 in den Konfliktgebieten der Welt getöteten Kinder. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand.)

Die Hilfsorganisation bezog sich auf Zahlen der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen, die von der islamistischen Hamas kontrolliert wird. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden. Die Zahlen beziehen sich auf Kinder und Jugendliche im Alter unter 18 Jahren.

Die Nacht im Überblick

Palästinenser: Gaza ist «Hölle auf Erden»

Während Israels Bodentruppen verstärkt im Gazastreifen gegen die islamistische Hamas vorrücken, hat der palästinensische Vertreter bei den Vereinten Nationen mit drastischen Worten auf das Leiden der Zivilbevölkerung hingewiesen. Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates sagte Riad Mansur mit Blick auf die heftigen Kämpfe: «Gaza ist jetzt die Hölle auf Erden.»

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu lehnt jedoch trotz Kritik an der hohen Zahl ziviler Opfer eine Waffenruhe ab und verglich den Krieg gegen die Hamas mit dem Kampf der Alliierten gegen die Nazis. Israels UN-Botschafter Gilad Erdan steckte sich derweil vor dem Weltsicherheitsrat einen gelben Davidstern mit den Worten «Never Again» («Nie Wieder») ans Revers. Dies erinnert an Sterne, die die Nazis im Dritten Reich Juden als Kennzeichen aufgezwungen hatten.

Gilad Erdan mit dem gelben Davidstern. (Bild: Michael M. Santiago/Getty Images)
Gilad Erdan mit dem gelben Davidstern. (Bild: Michael M. Santiago/Getty Images)

Israel zieht Vergleich zum D-Day

Er werde den Stern tragen, so wie seine Großeltern und die Großeltern von Millionen Juden, sagte Erdan an den Sicherheitsrat gewandt. «Wir werden den Stern tragen, bis Sie die Gräueltaten der Hamas verurteilen und Sie die sofortige Freilassung unserer Geiseln fordern». Terroristen der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatten am 7. Oktober in Israel ein Massaker unter Zivilisten angerichtet. Mehr als 1400 Menschen starben dabei und in den folgenden Tagen.

Erdan verglich Israels Bodenoffensive mit der Landung der Alliierten 1944 in der Normandie. Hätte es den Weltsicherheitsrat am 6. Juni 1944, auch als D-Day bekannt, gegeben, hätte es vermutlich auch eine heftige Debatte darüber gegeben, wie viel Strom und Treibstoff die Münchner Bürger noch hätten, spottete er vor dem UN-Sicherheitsrat. Der palästinensische UN-Vertreter Mansur flehte dagegen: «Behandeln Sie uns wie Menschen mit dem Respekt, den wir verdienen. Wir sind keine Untermenschen. Wir sind nicht von einem anderen Planeten.»

UN-Hilfsorganisation: Bevölkerung wird entmenschlicht

Der Chef des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) drängte auf eine Ausweitung der humanitären Hilfe für den Gazastreifen. Eine Handvoll Konvois wie bislang reiche für mehr als zwei Millionen Notleidende nicht aus, sagte UNWRA-Generalkommissar Philippe Lazzarini. Die meisten Menschen im Gazastreifen fühlten sich in einem Krieg gefangen, mit dem sie nichts zu tun hätten. «Sie haben das Gefühl, dass die Welt sie alle mit der Hamas gleichsetzt. Das ist gefährlich. Und das wissen wir nur zu gut aus früheren Konflikten und Krisen. Eine ganze Bevölkerung wird entmenschlicht», warnte Lazzarini.

(deutsch: Die Bewohner des Gazastreifens "fühlen, dass die Welt sie alle mit der Hamas gleichsetzt. Das ist gefährlich. Und das wissen wir nur zu gut aus früheren Konflikten und Krisen.")

Akuter Treibstoffmangel wirkt sich nach UN-Angaben bereits auf die Wasserversorgung der Bewohner Gazas aus. «Nur eine Entsalzungsanlage arbeitet mit lediglich einer Kapazität von fünf Prozent, während alle sechs Wasseraufbereitungsanlagen im Gazastreifen aufgrund von Treibstoff- oder Strommangels derzeit außer Betrieb sind», sagte die Direktorin des UN-Kinderhilfswerks Unicef, Catherine Russell.

Erneut Rufe nach Waffenstillstand

Sie flehe den Weltsicherheitsrat an, unverzüglich eine Resolution zu verabschieden, die die Parteien an ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen erinnere, sagte Russell. Dazu gehöre auch ein Waffenstillstand. Der palästinensische UN-Vertreter Mansur zitierte den ehemaligen UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld mit den Worten: «Die Vereinten Nationen wurden nicht gegründet, um uns in den Himmel zu bringen, sondern um uns vor der Hölle zu retten.» Dies bedeute nichts anderes als die Rettung der Palästinenser in Gaza, forderte Mansur.

Israel lehnt eine Waffenruhe jedoch weiterhin ab. «So wie die USA nach der Bombardierung von Pearl Harbor oder dem Terroranschlag vom 11. September keiner Waffenruhe zugestimmt hätten, wird Israel einem Stopp der Kämpfe mit der Hamas nach den schrecklichen Angriffen des 7. Oktobers nicht zustimmen», so Regierungschef Netanjahu am Montag vor Journalisten. «Aufrufe an Israel, einer Waffenruhe zuzustimmen, sind Aufrufe, gegenüber der Hamas, gegenüber Terrorismus, gegenüber der Barbarei zu kapitulieren. Das wird nicht passieren.»

(deutsch: Erklärung von Premierminister Benjamin Netanyahu gegenüber ausländischen Medien: "Die Gräueltaten, die die Hamas am 7. Oktober verübte, erinnern uns daran, dass wir das Versprechen einer besseren Zukunft nicht verwirklichen können, wenn wir, die zivilisierte Welt, nicht bereit sind, gegen die Barbaren zu kämpfen.")

Israels Bodentruppen rücken weiter vor

Und so rücken Israels Bodentruppen im Verbund mit der Luftwaffe und Marine denn auch weiter im Gazastreifen vor. Dabei befreiten sie nach eigenen Angaben eine ihrer Soldatinnen aus der Gewalt der Hamas. Mindestens 239 weitere Menschen waren bei dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober laut Israels Armee in den Gazastreifen verschleppt worden, darunter sind auch mehrere Deutsche. Die Hamas ließ bisher auf Vermittlung Katars und Ägyptens vier Geiseln frei. Israels Armee geht davon aus, dass die meisten der übrigen Geiseln noch am Leben sind.

Die Soldatin Ori Megidish soll freigelassen worden sein. (Bild: Israel Security Agency/Handout via REUTERS)
Die Soldatin Ori Megidish (Mitte) soll freigelassen worden sein. (Bild: Israel Security Agency/Handout via REUTERS)

40 Menschen gelten seit den Terroranschlägen noch als vermisst. Wegen ihres schlimmen Zustands sind viele der Leichen noch nicht identifiziert. Unter den Getöteten ist auch die Deutsche Shani Louk.

Unterdessen bombardierten Kampfflugzeuge des israelischen Militärs auch «Terrorinfrastruktur» der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon, wie die Armee in der Nacht mitteilte. Dazu gehörten Waffen und Stellungen der Hisbollah. In den Tagen zuvor waren nach Angaben der Armee erneut Raketen aus dem Libanon auf Israel abgefeuert worden. An der Grenze kommt es seit Beginn des Gaza-Kriegs zunehmend zu Konfrontationen. Die Hisbollah hat Verbindungen zur im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas.

(deutsch: IAF-Kämpferjets trafen terroristische Infrastruktur der Hisbollah, inklusive Waffen, Posten und Gebäude im Libanon)