Lob von Horst Seehofer verärgert Unternehmerin

Auf Facebook lässt sie Dampf ab

Sina Trinkwalder gründete 2010 die Textilfirma „manomama“ in Augsburg(Bild: ddp Images)
Sina Trinkwalder gründete 2010 die Textilfirma „manomama“ in Augsburg(Bild: ddp Images)

Wer eine so wichtige Auszeichnung wie den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland bekommt, wird mit Lob überschüttet. So auch Unternehmerin Sina Trinkwalder (37), die den Orden kürzlich für ihr gesellschaftliches Engagement und den Aufbau einer ökosozialen Textilfirma erhielt. Doch als sie das offizielle Gratulationsschreiben von Horst Seehofer (66, CSU) liest, reagiert sie auf Facebook mit deutlichen Worten – so wütend macht sie die Wortwahl des bayerischen Ministerpräsidenten.

„Da denkst du dir nichts Böses und fischt so einen Brief aus dem Kasten“ – so beginnt Sina Trinkwalder ihren Kommentar, über dem Sie ein Foto des Briefes aus dem Ministerium postet. In seinem Schreiben gratuliert Horst Seehofer der Unternehmerin zum Erhalt des Verdienstordens. Doch die Geehrte freut sich nicht, vor allem ein Satz regt sie dabei auf: „Seit einigen Jahren zählen Sie zu den prominenten Vertreterinnen eines Unternehmertums, das bewusst auf solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter baut, die nach den verbreiteten Kriterien auf dem Arbeitsmarkt nur beschränkte Aussichten auf Einstellung hätten“, steht in dem Brief. Trinkwalder, die Horst Seehofer durchgehend duzt, fragt nach: „Lieber Horst, was genau meinst du mit ‚solche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen?’“ Und weiter: „Lieber Horst, es sind Menschen wie du und ich.“

Diesen Brief bekam Sina Trinkwalder von Horst Seehofer nach ihrer Auszeichnung (Bild: Facebook/ Sina Trinkwalder)
Diesen Brief bekam Sina Trinkwalder von Horst Seehofer nach ihrer Auszeichnung (Bild: Facebook/ Sina Trinkwalder)



In Sina Trinkwalders Textilfirma „manomama“ in Augsburg arbeiten vorwiegend Menschen mit Migrationshintergrund. Unter anderem fertigen dort Näherinnen Stofftaschen für große Supermärkte an. Tatsächlich sind die Chancen vieler Mitarbeiter des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt bescheiden. Wie Trinkwalder in ihrem Post bekräftigt, haben viele ihrer „Ladies“ ein Einser-Abitur. Ihre Abschlüsse würden in Deutschland jedoch häufig nicht anerkannt. Vor allem an dem von Horst Seehofer gewählten Wort „solche“ stört sich die Unternehmerin, die sich für nachhaltiges Unternehmertum einsetzt, in diversen TV-Talkshows zu Gast war und ein Buch über ihre Arbeit geschrieben hat.

„Viele meiner ‚solchen Menschen’ haben einen Migrationshintergrund. Du nennst sie Flüchtlinge. Ich Schutzsuchende“, betont Trinkwalder. Und nutzt die Chance, generelle Kritik an der Flüchtlingspolitik der CSU zu üben: „Du sagst, Grenzen dicht, das Mass ist voll. Ich sage: Wer solch eine Wirtschaftspolitik betreibt, für den muss jeder Schutzsuchende legal sein. Als Mensch sowieso.“

Der am Freitagabend veröffentlichte Post der Unternehmerin wurde auf Facebook bereits über 3.000 Mal geliket und fast 500 Mal geteilt. Die Unternehmerin erhält viel Zuspruch für ihre Kritik. Gleichzeitig nutzen Menschen das Forum Facebook, um ihrerseits Horst Seehofers Flüchtlingspolitik zu unterstützen. Trinkwalder selbst beendet ihren Beitrag in bayerischem Slang mit einer Aufforderung an den Ministerpräsidenten: „Also auf geht's Horst, lass uns alle zam des Boot schippern, weil voll ist es noch lange nicht. Das einzige, was voll ist? Meine Nase. Von der stoisch unmenschlichen Haltung deiner CSU.“

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