"Müdigkeit und Schwere": Jogi Löw enthüllt in Podcast dunkle Gefühle nach WM-Sieg

Schlafprobleme statt Euphorie: Nach dem WM-Titel 2014 hatte Jogi Löw mit sich zu kämpfen. (Bild: Alexander Hassenstein / Getty Images)
Schlafprobleme statt Euphorie: Nach dem WM-Titel 2014 hatte Jogi Löw mit sich zu kämpfen. (Bild: Alexander Hassenstein / Getty Images)

2014 krönte sich Jogi Löw zum Weltmeistertrainer - und wurde dann von Gefühlen übermannt, die er niemals für möglich gehalten hätte. Weshalb er nach Sardinien floh und mit Schlafproblemen zu kämpfen hatte, bringt nun ein ARD-Podcast ans Licht.

Am 13. Juli 2014 befand sich der deutsche Fußball auf dem Zenit. Erstmals nach 24 Jahren stemmte die DFB-Elf den Weltmeisterpokal in die Höhe - und Trainer Jogi Löw machte sich unsterblich. Doch statt einer Euphoriewelle überkamen den Weltmeistermacher Gefühle, die er nie für möglich gehalten hatte, wie er nun im ARD-Podcast "Wir Weltmeister. Auf der Suche nach 2014" enthüllte: "Meine Stimmung war nicht auf dem Höhepunkt, wie ich vorher gedacht hätte."

Stattdessen sperrte sich Löw erst einmal auf der Toilette im Maracanã-Stadion ein: "Ich wollte alleine sein und wollte einfach mal fühlen, ist das wirklich wahr." Nach der Rückkehr in die Heimat verbrachte der Coach zunächst einige Tage in Freiburg, ehe er sich nach Sardinien absetzte - alleine. "Ich war verwirrt über meine Gefühle", erinnert sich der heute 64-Jährige im Gespräch mit Martin Rohschitz zurück. Er habe gedacht, "ich bin wahrscheinlich für die nächsten Jahre der glücklichste Mensch auf dieser Welt". Doch dem war nicht so. "Körperlich wie psychisch wie seelisch" sei Zeit nötig gewesen, um den Triumph zu verarbeiten, so Löw.

Offen und ehrlich schildert Jogi Löw im Podcast, dass er mit Schlafproblemen zu kämpfen gehabt hatte und "von innen heraus diese Müdigkeit und Schwere" gespürt habe: "Es war keine so einfache Zeit für mich." Auch Löws sonst öffentlichkeitsscheuer Berater Harun Arslan gibt im Podcast Auskunft über Löws damalige Konstitution. In Sardinien habe er ihn in schlechter, teils fast depressiv anmutender Stimmung vorgefunden. "Ich habe nicht gespürt, dass vor mir jemand sitzt, der gerade Weltmeister geworden. Das war nicht jemand, der seinen Traum verwirklicht hat", beschreibt Arslan.

2014 schrieb Jogi Löw Fußballgeschichte, als er die DFB-Elf zum Weltmeistertitel führte. (Bild: Getty Images / Laurence Griffiths)
2014 schrieb Jogi Löw Fußballgeschichte, als er die DFB-Elf zum Weltmeistertitel führte. (Bild: Getty Images / Laurence Griffiths)

Jogi Löw verrät: Analyst prognostizierte Kantersieg gegen Brasilien

Spannende Einblicke verleiht der ARD-Podcast auch rund um den wohl eindrücklichsten Sieg der deutschen WM-Geschichte: das 7:1-Schützenfest gegen Gastgeber Brasilien im Halbfinale. In diesem Zusammenhang enthüllt Löw den überraschenden Mastermind hinter dem Sieg: Chefanalyst Urs Siegenthaler, der die brasilianische Defensive als große Schwäche ausmachte. Löw: "Urs Siegenthaler hat zu mir gesagt: 'Jogi! Wenn wir die Sache konzentriert angehen und manche Dinge richtig tun, dann werden wir gegen Brasilien so hoch gewinnen, wie wir noch nie gegen die gewonnen haben.'"

Unmittelbar vor dem Anpfiff sei vom Gegner eine unbändige Energie ausgegangen, wie sich Löw erinnert. Er habe die Mannen der Seleção in der Kabine schreien gehört: "Ich habe in meiner Karriere nie mehr Fanatismus gesehen als in den Augen der Brasilianer." Als es auf das Spielfeld ging, habe Löw gedacht, "sie reißen das Stadion nieder". Doch Urs Siegenthaler behielt recht, und die DFB-Elf fegte über ihren Gegner hinweg. Dennoch betont Löw über die Stimmung in der Kabine nach dem Abpfiff: "Niemand war völlig ausgelassen, alle saßen ruhig da." Das habe ihm "eine unglaubliche Ruhe und Zuversicht gegeben für das Finale" - der Rest ist Geschichte.