Macho mit Mission: Promifrisör Udo Walz verkörpert das alte und das neue Deutschland

Udo Walz und sein Lebenspartner Carsten Thamm-Walz

Es gab Gewissheiten in Deutschland, die galten jahrzehntelang. Der Golf ist das beste Auto der Welt, die Rente ist sicher und Promis lassen sich von Udo Walz die Haare machen. In der DDR verkündete Erich Honnecker: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.“ Das war einmal. VW soll seinen Kunden Dreckschleudern angedreht haben, um unsere Altersvorsorge müssen wir uns selbst kümmern und vom Sozialismus träumt wohl nicht mal mehr Sahra Wagenknecht. Schön, dass es noch Udo Walz gibt.

Walz ist die Brücke von der vermeintlich guten alten Zeit in die Moderne. Am Freitagabend saß der 72-Jährige in der „NDR-Talkshow“ und vollbrachte das Kunststück, gleichzeitig das Lebensgefühl der fünfziger Jahre und die Welt von 2016 zu verkörpern. Walz ist Spießer und Enfant terrible in einer Person.

Der Mann hat schon Marlene Dietrich und Romy Schneider frisiert. Später kümmerte er sich um die Köpfe von Klum, Schröder und Merkel. Heute führt er sieben Salons in Berlin und zwei auf Mallorca. Das Fachblatt für den guten Geschmack, die Bildzeitung, adelte Walz zu „Berlins Regierendem Friseurmeister“.

Gestern gab er im NDR zunächst den Macho alter Schule. „Wer schmeißt bei euch den Haushalt?“, wollte Moderatorin Barbara Schöneberger wissen. „Ich habe noch nie eine Waschmaschine angestellt, ich weiß nicht wie man bügelt und hatte noch keinen Staubsauger in der Hand“, erklärte Walz voller Stolz. Darum kümmerten sich zwei Haushälterinnen, eine von ihnen schon seit 40 Jahren. Willkommen in der Adenauer-Ära.

Doch wer Walz auf ein rückwärtsgewandtes Relikt reduziert, der irrt. Neben ihm saß sein Lebenspartner Carsten Thamm-Walz. Zum ersten Mal seien sie gemeinsam in einer Talkshow, betonen beide. Keine Selbstverständlichkeit. In einem Land, in dem ein schwuler Tatort-Kommissar die Gemüter erhitzt, ist Homosexualität noch lange nicht eine allseits akzeptierte Lebensform. Manche Menschen fürchten gar den Untergang Deutschlands wenn Männer Männer und Frauen Frauen lieben. Wer mit Lesben und Schwulen spricht hört immer wieder, wie wichtig Promis sind, die sich outen.

Walz erzählte, dass er und sein 26 Jahre jüngerer Partner seit über zwei Jahrzehnten ein Paar sind. Wie sie sich kennengelernt haben? „Heiligabend habe ich in meiner Wohnung den ‘Ball der einsamen Herzen’ veranstaltet und alle, die keinen Partner hatten, kamen – 85 Leute, darunter Carsten.“ Zusammen wären sie dann in eine Bar gegangen und hätten bis morgens um acht getrunken.

Manchmal schwimmt Walz aber auch gegen den schwul-lesbischen Mainstream. „Als ich sagte, dass Männer eine Lebenspartnerschaft eingehen, aber nicht heiraten können, bekam ich Morddrohungen“, erinnerte er sich. Walz ist Kult. Spätestens seit seinen wunderbar wirren Auftritten in der Pro7-Show „Circus Halligalli“, wo er unter dem Motto „Bei Anruf Udo“ andere Promis veräppelt. Coiffeur, Konservativer und Chaot. Schön, dass es noch Udo Walz gibt.

Autor: Frank Brunner

Foto: Screenshot NDR