"Man sollte den Klimawandel öfter aus der Nachrichtenecke herausholen"

In puncto Klimagerechtigkeit hat Klaas Heufer-Umlauf das Gefühl, "sich weiterzuentwickeln". Trotzdem räumt der 39-Jährige ein: "Ich habe noch viel an mir zu verbessern und bin wahrlich kein Vorreiter." (Bild: 2022 Getty Images/Gerald Matzka)
In puncto Klimagerechtigkeit hat Klaas Heufer-Umlauf das Gefühl, "sich weiterzuentwickeln". Trotzdem räumt der 39-Jährige ein: "Ich habe noch viel an mir zu verbessern und bin wahrlich kein Vorreiter." (Bild: 2022 Getty Images/Gerald Matzka)

Ein "Tatort"-Kommissar wird er nie werden, das verspricht Klaas Heufer-Umlauf im Interview. Nichtsdestrotz hat der ProSieben-Star "nichts dagegen, ab und zu etwas anders zu machen" - wie jüngst in der ZDF-Serie "Der Schwarm", in der Heufer-Umlauf in der Rolle eines Tauchbootexperten zu sehen ist.

"Was können wir mit dem Account machen? Nix. Was können die mit dem Account machen? Eine ganze Menge": Im Oktober 2022 verschenkten Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf ihre Instagram-Accounts an iranische Aktivistinnen - für immer. Nicht zum ersten Mal nutzten die einst als reines Blödel-Duo verschrienen ProSieben-Moderatoren ihre Bekanntheit für die gute Sache. Sei es die Kunstausstellung "Männerwelten", die über patriarchalen Sexismus aufklärte, ein Kurzfilm über die menschenunwürdige Lage der Geflüchteten im damals jüngst abgebrannten Lager in Moria oder eine siebenstündige XXL-Sendung über den deutschen Pflegenotstand: Mittlerweile dürfte sich herumgesprochen haben, dass Winterscheidt und Heufer-Umlauf weit mehr auf dem Kasten haben als Krawall und Unsinn.

Ohnehin scheint vor allem Letzterer seine Fühler längst in nahezu alle Richtungen ausgestreckt zu haben: Klaas Heufer-Umlauf moderiert nicht nur seine eigene Sendung "Late Night Berlin" (wenn auch mit durchwachsenen Einschaltquoten), plaudert sich mit "Baywatch Berlin" regelmäßig an die Spitze der Podcast-Charts und singt in der Band Gloria, er steht seit einiger Zeit auch als Schauspieler vor der Kamera. "Check Check", eine Comedyserie über die Angestellten eines Provinzflughafens, endete 2021 nach drei Staffeln. Nun versucht sich Heufer-Umlauf erstmalig an ernstem Stoff: In der international Co-produzierten Thrillerserie "Der Schwarm" (ab 6. März, 20.15 Uhr, im ZDF; bereits ab 28. Februar in der ZDFmediathek) spielt der 39-Jährige den Tauchbootexperten Luther Roscovitz.

teleschau: Beim ZDF beschreibt man Ihre Figur in "Der Schwarm" als einen "charmanten und stets zu Späßen aufgelegten Tiefsee-Tauchbootführer". Worauf kam es da für Sie an?

Klaas Heufer-Umlauf: Zunächst musste ich natürlich lernen, möglichst charmant und stets zu Späßen aufgelegt zu sein. Ansonsten war es für mich zu Beginn ganz schön kompliziert, alle acht Drehbücher -auf Englisch - zu lesen. Wenn man die Serie anschaut, versteht man die unterschiedlichen Handlungsebenen leichter, als wenn man nur das Skript vor sich liegen hat.

teleschau: Haben Sie auch Frank Schätzings Romanvorlage gelesen?

Heufer-Umlauf: Ich kannte das Buch zwar, aber es war schon eine Weile her, dass ich es gelesen hatte. Zudem wurde die Handlung für die Serie der Gegenwart angepasst, es hat sich also so einiges geändert.

teleschau: Wie haben Sie die Dreharbeiten erlebt?

Heufer-Umlauf: Alles war viel größer als bei meinen bisherigen Projekten. Das war so ein perfekt funktionierender Organismus, obwohl alle in verschiedenen Sprachen gesprochen haben. An zwölf von 83 Drehtagen kam ich dazu. Ich wollte nicht derjenige sein, der den Verkehr aufhält. Ich hoffe, es hat einigermaßen funktioniert.

teleschau: Es wirkt, als hätten Sie Blut geleckt - was kommt als Nächstes? Klaas Heufer-Umlauf im "Tatort"?

Heufer-Umlauf: Nein, da kann ich Sie beruhigen: Ich werde nie "Tatort"-Kommissar werden. Ich glaube nicht, dass die Welt darauf wartet, mich als TV-Ermittler zu sehen, vor allem, weil es davon sowieso schon viel zu viele gibt.

teleschau: Das heißt, Sie bleiben dem Show-Fernsehen erhalten?

Heufer-Umlauf: Klar. Ich habe nichts dagegen, ab und zu etwas anderes zu machen. Da bin ich durchaus offen und bekomme auch immer mal wieder Angebote. Es ist allerdings selten ein Projekt so spannend und interessant wie "Der Schwarm".

Für die Bestselleradaption "Der Schwarm" stand Klaas Heufer-Umlauf (links) unter anderem mit Leonie Benesch und Oliver Masucci vor der Kamera. (Bild: ZDF / Fabio Lovino)
Für die Bestselleradaption "Der Schwarm" stand Klaas Heufer-Umlauf (links) unter anderem mit Leonie Benesch und Oliver Masucci vor der Kamera. (Bild: ZDF / Fabio Lovino)

"Alle Menschen, die für das Klima protestieren, als radikale Minderheit abzutun, ist zu einfach"

teleschau: Die Serie erzählt davon, was passieren könnte, falls die Natur eines Tages zurückschlägt. Denken Sie, dass die Geschichte die Menschen zum Umdenken bewegen könnte?

Heufer-Umlauf: Ich bin überzeugt davon, dass es sinnvoll ist, Themen wie Klimagerechtigkeit auch in der Fiktion einen Platz einzuräumen. In je mehr Lebensbereichen den Menschen das Thema mehr oder weniger abstrakt begegnet, umso besser. Man sollte den Klimawandel öfter aus der Nachrichtenecke herausholen. Irgendwann wird auch der Letzte feststellen, dass in der Fiktion eine Analogie zur Gegenwart besteht - auch, wenn sich die Realität natürlich komplexer darstellt als ein klassisches "Gut gegen Böse". Wie sagt man so schön: "There is no glory in prevention."

teleschau: Es liegt kein Ruhm in der Prävention ...

Heufer-Umlauf: Genau. Eine verhinderte Katastrophe hat weniger Widerhall als eine, die stattfindet. Irgendwann steht man dann eben mit offenem Mund da und sagt: "Ach, das meinten die also die letzten zehn Jahre."

teleschau: Immer mehr Menschen versuchen, die Katastrophe doch noch abzuwenden - mitunter mit radikalen Protesten. Halten Sie diese für notwendig?

Heufer-Umlauf: Radikale Proteste sind nicht nur notwendig, sondern sie funktionieren auch nur auf diese Art und Weise. Mit Gefälligkeit erreicht man wenig. Mal davon abgesehen: Die Proteste in Lützerath beispielsweise waren meinem Empfinden nach gar nicht so radikal. Im Großen und Ganzen sind es viele verschiedene Leute, die sich in den vergangenen Monaten positioniert haben. Der Klimawandel geht immerhin die breite Gesellschaft etwas an. Alle Menschen, die für das Klima protestieren, als radikale Minderheit abzutun, ist zu einfach. Wichtig ist, dass der Diskurs mit jedem Protest ein wenig klarer wird und sich etwas tut. Protest muss mühsam und nervig sein, um diesen Effekt zu haben.

Tauchbootexperte Luther Roscovitz (Klaas Heufer-Umlauf) nimmt die junge Meeresforscherin Charlie Wagner (Leonie Benesch) mit auf eine Exkursion in die Tiefe. (Bild: ZDF / Fabio Lovino / Gianluca Moro)
Tauchbootexperte Luther Roscovitz (Klaas Heufer-Umlauf) nimmt die junge Meeresforscherin Charlie Wagner (Leonie Benesch) mit auf eine Exkursion in die Tiefe. (Bild: ZDF / Fabio Lovino / Gianluca Moro)

"Es klappt nie, Leid zu vergleichen"

teleschau: Was tun Sie selbst in puncto Klimagerechtigkeit?

Heufer-Umlauf: Ich habe noch viel an mir zu verbessern und bin wahrlich kein Vorreiter. Zumindest habe ich aber das Gefühl, dass ich mich weiterentwickle. Und ich kann versuchen, andere dazu zu bringen, sich mehr zu hinterfragen. Wenn ein Alkoholiker zu einem anderen Alkoholiker sagt, dass er zu viel trinkt, stimmt das ja trotzdem.

teleschau: Glauben Sie, umweltbewusst genug zu leben?

Heufer-Umlauf: Nein. Ich könnte es hundertprozentig besser machen. Wichtig ist, sagen zu dürfen, dass man nicht alles perfekt macht. Leute zu "shamen", ist Blödsinn. Trotzdem muss man immer wieder auf das Thema hinweisen. Die Leute müssen mehr Bewusstsein für Umweltgerechtigkeit entwickeln, auch ich selbst.

teleschau: Sie selbst nutzen bereits seit einigen Jahren Ihre Bekanntheit, um auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen.

Heufer-Umlauf: Ja, das ist mir wichtig. Mit Aufmerksamkeit geht eine gewisse Verantwortung einher. Man darf aber auch nicht so tun, als könne man irgendeine Problematik damit komplett lösen. Sich langfristig zu engagieren, ist zudem gar nicht so einfach. Vor allem, weil man immer wieder in einen inneren Konflikt gerät und sich fragt, was denn nun das wichtigste Thema ist. Es klappt nie, Leid zu vergleichen. Man muss in so einer Situation merkwürdige Entscheidungen treffen. Letztendlich ist das moralisch nicht zu lösen.

"Alles war viel größer als bei meinen bisherigen Projekten": In "Der Schwarm" ist Klaas Heufer-Umlauf als Tauchrobotikexperte zu sehen. (Bild: ZDF / Andreas Franke)
"Alles war viel größer als bei meinen bisherigen Projekten": In "Der Schwarm" ist Klaas Heufer-Umlauf als Tauchrobotikexperte zu sehen. (Bild: ZDF / Andreas Franke)

"Es ist ein Luxus, sich für die Außenwelt interessieren zu können"

teleschau: Lange Zeit waren Sie und Joko Winterscheidt ausschließlich für leicht verdauliche Unterhaltung bekannt. Weshalb haben Sie eines Tages beschlossen, Ihre Popularität auch anders zu nutzen?

Heufer-Umlauf: Zunächst muss einem überhaupt eine gewisse Aufmerksamkeit zuteilwerden, bevor man sie verteilen kann. Das war nicht immer der Fall, deshalb hat sich diese Frage einige Jahre lang schlichtweg nicht gestellt (lacht). Es gab aber durchaus einen Punkt, an dem sich etwas geändert hat.

teleschau: Erinnern Sie sich noch daran?

Heufer-Umlauf: Ja, das war im Sommer 2015. Damals gab es nicht nur große Fluchtbewegungen, sondern auch eine Menge Personen, die wirklich Schreckliches von sich gegeben haben. Das waren - teilweise - Leute, die unsere Sendung schauten. Ich hatte aber keine Lust darauf, eine Show für solche Menschen zu machen. Deshalb habe ich dazu etwas öffentlich gesagt. Eigentlich wollte ich damals nur vermitteln, dass ich nichts übrig habe für solche Idioten, die es gut finden, wenn Flüchtlingsboote kentern. Ich wollte nicht, dass sie denken, dass ich deren Freund bin. Ich möchte keine Sendung für Arschlöcher machen.

teleschau: Glauben Sie, die Message ist angekommen?

Heufer-Umlauf: Ich hoffe es, aber wirklich wissen kann ich das natürlich nicht. Andererseits freut es mich auch, wenn wir Menschen zum Umdenken bewegen. Wenn man jemanden gerne im TV sieht, hört man ihm vielleicht auch eher zu. Vor allem junge Menschen identifizieren sich mit uns vielleicht mehr als mit Autoritätspersonen. Schließlich sind nicht alle Menschen von Grund auf böse, manche haben nur die falschen Vorbilder. Es ist leider einfacher, irgendwelchen rechten Quatsch rauszublasen, als sich wirklich mit einem Thema zu befassen. In diesem Fall bin ich gerne der Gegenpol.

teleschau: Halten Sie es für wichtig, als öffentliche Person Stellung zu beziehen?

Heufer-Umlauf: Ja, schon - aber man muss es auch so meinen. Das hat vielleicht auch ein wenig mit der eigenen Erziehung zu tun. Ich hatte das Glück, Eltern zu haben, die mir ermöglicht haben, ein Verständnis für das zu entwickeln, was in der Welt so vor sich geht. Ich hatte eine ganz gute Kindheit und konnte mich viel mit solchen Themen auseinandersetzen. Mir ist jedoch bewusst, dass es Menschen gibt, die mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben. Manchmal ist es überheblich, zu sagen: "Jetzt engagier' dich doch mal für alle anderen!" - Wenn zu Hause alles in Ordnung ist, sagt sich so etwas deutlich leichter. Es ist ein Luxus, sich für die Außenwelt interessieren zu können.

Es sei "ganz schön kompliziert" gewesen, die englischen Drehbücher zu "Der Schwarm" zu lesen. "Wenn man die Serie anschaut, versteht man die unterschiedlichen Handlungsebenen leichter, als wenn man nur das Skript vor sich liegen hat", erklärt Klaas Heufer-Umlauf. (Bild: ZDF / Schwarm TV Production GmbH & Co. KG)
Es sei "ganz schön kompliziert" gewesen, die englischen Drehbücher zu "Der Schwarm" zu lesen. "Wenn man die Serie anschaut, versteht man die unterschiedlichen Handlungsebenen leichter, als wenn man nur das Skript vor sich liegen hat", erklärt Klaas Heufer-Umlauf. (Bild: ZDF / Schwarm TV Production GmbH & Co. KG)