Marode Gefängnisse: Geflohener britischer Häftling wieder gefasst
Der Fall hatte für großes Aufsehen gesorgt und ein Schlaglicht auf das marode Justizvollzugssystem in Großbritannien gelenkt.
Am Mittwoch war ein 21-jähriger Terrorverdächtiger aus dem Gefängnis Wandsworth im Südwesten Londons ausgebrochen, indem er sich an die Unterseite eines Lastwagens geklammert hatte.
Beamte konnten den Mann am Samstagmorgen im Londoner Stadtteil Chiswick ergreifen, wie die Metropolitan Police mitteilte. Mit der Festnahme endet eine mehrtägige, großangelegte Fahndung, an der 150 Beamten beteiligt waren und in deren Verlauf an Häfen und Flughäfen die Sicherheitschecks erheblich verschärft worden waren.
Für Verwunderung hatte gesorgt, wie es dem Mann gelungen war, zunächst unbemerkt zu entkommen und warum er nicht von vorneherein in einem Gefängnis mit höherer Sicherheitsstufe untergebracht war. Wandsworth, das oft nur als Durchgangsstation dient, hat nur die zweithöchste Stufe.
Dem entflohenen und wieder festgenommenen Mann wird vorgeworfen, Bombenattrappen auf einer Militärbasis platziert zu haben und Informationen gesammelt zu haben, die für Terroristen oder feindliche Staaten nützlich sein könnten. Er stritt die Vorwürfe ab. Ein Gerichtsverfahren war für November angesetzt.
Viele Gefängnisse in Großbritannien gelten als überfüllt und veraltet. Ein Teil der Gebäude stammt noch aus dem 19. Jahrhundert. Hinzu kommen Personalmangel, ein hoher Krankenstand und eine starke Fluktuation.
Gegenwind für Premier Rishi Sunak
Premierminister Rishi Sunak zeigte sich zufrieden mit dem Fahndungserfolg. Er danke der Polizei und der Öffentlichkeit, die mit einer "enormen Zahl an Hinweisen" geholfen habe, sagte der konservative Politiker am Rande des G20-Gipfels in Indien. Die Regierung hatte eine eingehende Untersuchungen angekündigt.
Für den britischen Premier kommt die Debatte über den unterfinanzierten Justizvollzug zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Schon seit Tagen ist die Regierung in London wegen bröckelnden Schulgebäuden in der Kritik. Mehr als 100 Schulen in England mussten zu Beginn des Schuljahres ganz oder teilweise geschlossen werden, weil darin vor Jahrzehnten Porenbeton verbaut wurde, der nun nachgibt.
Die Zustände in englischen Gefängnissen werden seit langem von Menschenrechtsorganisationen und auch der staatlichen Aufsichtsbehörde angeprangert. Laut der Webseite World Prison Brief sind die 118 Haftanstalten in England mit mehr als 87 000 Gefangenen zu 111 Prozent ihrer offiziellen Kapazität belegt. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die Belegungsrate 77,6 Prozent.