Matthäus zählt Tuchel an

Lothar Matthäus hat noch nie ein Blatt vor den Mund genommen - und tut das auch in der dramatischen Phase im Kampf um die deutsche Meisterschaft nicht.

In einem Interview mit der Bild-Zeitung offenbarte der 62-Jährige nun seine Einschätzung zur Zeit nach dem Trainerwechsel beim FC Bayern von Julian Nagelsmann auf Neu-Trainer Thomas Tuchel bis zum finalen Spieltag der Saison 2022/23.

Dabei wurde der Rekordnationalspieler in seinen Formulierungen mehr als deutlich: „Die Mannschaft, die unter Nagelsmann noch auf Triple-Kurs lag, spielt unter Tuchel schlechter.“ Woran das läge?

„Der Kader ist individuell so stark besetzt, dass man mit ihm mindestens Meister werden muss. Aber die Mannschaft funktioniert nicht, weil jeder mit sich selbst beschäftigt ist“, bilanzierte Matthäus.

Matthäus: „Die unnötige Müller-Diskussion“

Tuchel habe dabei die Verunsicherung noch vergrößert, weil er auf seinen Pressekonferenzen keine Ruhe in die Mannschaft bringe, sich eher über Probleme beklage als sich als Schutzschild vor die Mannschaft zu stellen, „dazu die unnötige Müller-Diskussion und zu viele Positionswechsel.“

MUNICH, GERMANY - APRIL 30: Thomas Tuchel und Thomas Müller beim Spiel gegen Hertha BSC im April 2023 (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)
MUNICH, GERMANY - APRIL 30: Thomas Tuchel und Thomas Müller beim Spiel gegen Hertha BSC im April 2023 (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Die Positionswechsel benannte er dabei insbesondere in der offensiven Mittelfeldreihe: „Im Vergleich zum 6:0 gegen Schalke am 32. Spieltag spielte eine Woche später beim 1:3 gegen Leipzig Gnabry plötzlich links, Coman rechts und Müller Mittelstürmer, was sicher nicht seine beste Position ist. Wie sollen da Stabilität und Sicherheit entstehen?“

Neben weiteren kleinen Anmerkungen resümierte Matthäus: „Unverständlich, das wirkte wirklich ratlos.“ Dabei schien Tuchel, der in der medialen Wahrnehmung überwiegend aus der Schusslinie genommen wurde, ein Dorn in Matthäus‘ Auge zu sein.

"Punktestände des FC Bayern und von Borussia Dortmund im Laufe der Saison (Aktualisierung)"; Redaktion: B. Schaller/M. Lorenz; Grafik: F. Bökelmann
"Punktestände des FC Bayern und von Borussia Dortmund im Laufe der Saison (Aktualisierung)"; Redaktion: B. Schaller/M. Lorenz; Grafik: F. Bökelmann

„Natürlich hat er schon jetzt großen Druck für die nächste Saison“, erklärte Matthäus, der Tuchels Image bereits nach zwei Monaten beim deutschen Rekordmeister angekratzt sieht.

Bereits vor Saisonende neue Transfers zu fordern und sich intensiv mit einzelnen Charakteren auseinanderzusetzen, zählt zwar zu Tuchels Aufgabe, „aber dass in der alles entscheidenden Meisterschaftsphase Namen wie Declan Rice, Adrien Rabiot oder Julian Alvaréz durchgesickert sind, hat zusätzlich zur Verunsicherung der Mannschaft beigetragen“, fasste Matthäus zusammen.