Meike Droste im Interview: "Wir könnten viel erreichen, wenn wir alle ein bisschen mehr Selbsthumor hätten"

In der ZDF-Serie "Wendehammer", von der es nun eine zweite Staffel gibt, spielt der ehemalige "Mord mit Aussicht"-Star Meike Droste eine von vier Jugendfreundinnen, die in ihrer Kleinstadt "hängengeblieben" sind. Sie selbst hat dagegen einen anderen Bezug zu "Heimat". (Bild: Renè Fiezek)
In der ZDF-Serie "Wendehammer", von der es nun eine zweite Staffel gibt, spielt der ehemalige "Mord mit Aussicht"-Star Meike Droste eine von vier Jugendfreundinnen, die in ihrer Kleinstadt "hängengeblieben" sind. Sie selbst hat dagegen einen anderen Bezug zu "Heimat". (Bild: Renè Fiezek)

In Staffel zwei der ZDF-Serie "Wendehammer" spielt Meike Droste eine Kleinstadtmutter im Stress zwischen Kind(ern) und Karriere. Was denkt die ehemalige "Mord mit Aussicht"-Schauspielerin, die selbst zwei Kinder hat, über Heimat, alte Freundschaften und die Präsenz von Frauenleben in deutschen Serien?

Auch Staffel zwei der ZDF-Serie "Wendehammer" (Donnerstag, 27. Juli, 20.15 Uhr) erzählt von vier Jugendfreundinnen, die - mittlerweile um die 40 - in ihrer Kleinstadt hängengeblieben sind. Nun schlagen sie sich mit unterschiedlichen Sorgen, Wünschen und Problemen durch ein eher kleinbürgerliches Leben. Geschichten über Frauen, Freundschaft und Heimat - alles Dinge, die wir heutzutage brauchen, oder? - Schauspielerin Meike Droste (43), einst bekannt geworden durch den Serien-Hit "Mord mit Aussicht", macht sich im Interview dazu so ihre Gedanken ...

teleschau: Hätten Sie gedacht, dass "Wendehammer" eine zweite Staffel bekommt? Die Quoten der ersten Staffel, heißt es, waren eher mittelmäßig.

Meike Droste: Ich kümmere mich weniger um die Quoten und habe auch bis heute nicht so richtig verstanden, wie da genau gezählt wird. Aber man hat mir gesagt, dass die Serie von weitaus mehr Zuschauerinnen und Zuschauern in der Mediathek geguckt wurde als linear bei der TV-Ausstrahlung. Darüber haben wir viele Fans gewonnen. Insofern freut es mich sehr, dass wir mit einer zweiten Staffel weitermachen durften.

teleschau: Es gibt viele Serienstoffe in den letzten Jahren, die Frauenfreundschaften in den Mittelpunkt stellen. Haben Sie eine Theorie, warum das so ist?

Meike Droste: Ich glaube, es ist ein Nachholeffekt. Lange Zeit herrschte ein großer Mangel an weiblichen Geschichten, Rollen, Charakteren - gerade im deutschen Fernsehen. Als Frau und Schauspielerin begrüße ich den Trend natürlich. Gerade als Frau um die 40! In diesem Alter gab es früher kaum noch Rollen für uns. Nun ist es besser geworden, aber für Schauspielerinnen meines Alters gibt es nach wie vor deutlich weniger zu tun als für männliche Kollegen.

Die Freundinnen Franziska (Susan Hoecke), Samira (Elmira Rafizadeh), Meike (Meike Droste) und Nadine (Friederike Linke, von links) müssen auch in Staffel zwei der ZDF-Serie "Wendehammer" ihre Leben und ein unschönes gemeinsames Geheimnis auf die Kette kriegen. (Bild: ZDF / Hardy Spitz)
Die Freundinnen Franziska (Susan Hoecke), Samira (Elmira Rafizadeh), Meike (Meike Droste) und Nadine (Friederike Linke, von links) müssen auch in Staffel zwei der ZDF-Serie "Wendehammer" ihre Leben und ein unschönes gemeinsames Geheimnis auf die Kette kriegen. (Bild: ZDF / Hardy Spitz)

"Man hat wenig Zeit, der Kostendruck ist hoch"

teleschau: Wenn man eine Gruppe engster Freundinnen spielt - wie wichtig ist es da, dass die Schauspielerinnen einen Draht zueinander haben?

Meike Droste: Grundsätzlich finde ich, dass Freundschaft keine Voraussetzung für gute Arbeit ist. Sowohl im Theater als auch beim Drehen. Natürlich arbeitet man lieber mit netten Leuten als mit Stinkstiefeln, aber man muss nicht privat befreundet sein. Oft ist es sogar gut, wenn einen Kollegen auf bestimmte Art herausfordern. Da ist eine gewisse Distanz nicht schlecht. Bei uns Frauen war es so, dass wir uns von der Arbeit zuvor nicht kannten. Dazu waren die Drehbedingungen oft herausfordernd. Man hat wenig Zeit, der Kostendruck ist hoch. Ein Filmteam muss heute viel schaffen. Auch, weil wir als Kolleginnen gut zusammengehalten haben, würde ich die Arbeit an "Wendehammer" als durchaus gelungen bezeichnen. Insofern war es bei diesem Dreh durchaus ein Vorteil, dass wir alle einen so guten Draht zueinander hatten und auch immer noch haben.

teleschau: Warum ist der Druck eigentlich so hoch?

Meike Droste: Ich denke, es ist der Kostendruck. Man hat heute weniger Drehtage als früher - für dieselbe Arbeit. Auch die Projekte selbst werden sehr kurzfristig herausgegeben. Manchmal erfährt man erst kurz vor Drehbeginn, dass ein Film oder eine Serie realisiert wird. Manche Regisseure und Regisseurinnen verhandeln dann erfolgreich über mehr Drehtage, andere nehmen die Vorgaben als gegeben hin. Die Vorbereitungszeit für alle Gewerke ist extrem kurz.

teleschau: Leidet die schauspielerische Qualität der Szenen, wenn man nicht so viele "Takes" hat? Manche der besten Songs der Popgeschichte sind in wenigen Minuten entstanden ...

Meike Droste: Sie haben Recht, nur weil man sich sehr lange mit etwas beschäftigt, heißt das noch nicht, dass es am Ende gut wird. Aber um den Vergleich mit dem "großen Popsong" aufzugreifen: Der ist vielleicht in wenigen Minuten spontan entstanden, aber vielleicht nicht unbedingt nach der Produzenten-Ansage, dass die Musikerin oder der Musiker jetzt gleich und ohne Vorbereitungszeit in wenigen Minuten einen großen Popsong schreiben muss. Ich glaube, auf diese Art und Weise sind auch selten gute Drehbücher entstanden. Für das Drehbuch und andere Disziplinen ist die kurze Vorbereitungszeit wahrscheinlich noch viel schwieriger als für uns Schauspielerinnen.

Schauspielerin Meike Droste: Die 43-jährige Mutter zweier halbwüchsiger Kinder wurde durch die ARD-Serie "Mord mit Aussicht" bekannt, danach folgten weitere - oft komische - Rollen. Interessant daran ist, dass die bei Augsburg aufgewachsenen Mimin an vielen hochrenommierten deutschsprachigen Theaterbühnen vorwiegend Dramatisches spielt. (Bild: Renè Fiezek)

"Durch meinen Beruf musste ich viele Ortswechsel mitmachen"

teleschau: Kommen wir zur Serie. "Wendehammer" spielt in einer fiktiven Kleinstadt. Wo haben Sie gedreht?   Meike Droste: In Berlin Kleinmachnow, das liegt in Richtung Potsdam. Der See, um den es geht, befindet sich allerdings im Nordosten der Stadt. Der liegt aber ebenfalls am Berliner Stadtrand, in Mönchmühle.   teleschau: Die Freundinnen aus der Serie markieren bestimmte Frauentypen. Sind diese Charaktere komödiantisch überzogene Klischees oder Frauen, wie sie so oder so ähnlich existieren?   Meike Droste: "Bigger than life" war ein Wunsch der Auftraggeber für die Serie und dementsprechend auch die Charaktere, die natürlich stilisierte Typen von Frauen darstellen. Allerdings mit Bedürfnissen und Problemen, die man aus dem echten Leben kennt. Die Typen sind also überspitzt, aber die Probleme echt. Interessant ist auch die Verortung in der Reihenhaussiedlung. Viele Menschen leben in Reihenhäusern, insofern bietet unsere Erzählung viel Identifikationsfläche.   teleschau: Sie selbst kommen aus der Nähe von Augsburg, Sie haben in München Schauspiel studiert, leben aber schon lange in Berlin. Haben Sie noch alte Jugendfreundinnen, die niemals weggegangen sind - so wie sie in der Serie beschrieben werden?   Meike Droste: Durch meinen Beruf hatte ich immer wenig Zeit und musste viele Ortswechsel mitmachen. Einige Zeit habe ich ja auch noch in Zürich gelebt und gearbeitet. Auch, wenn man frei als Schauspielerin arbeitet, ist man ständig unterwegs. Vor zwei Jahren hat mich mal jemand aus meiner Klasse übers Telefon erreicht - und dann haben wir ganz lange gesprochen, was extrem schön war. Es hat mich wirklich sehr gefreut. Ein paar Verbindungen gibt es noch zu alten Freundinnen und Freunden von damals außerhalb der Schule.

Können die Freundinnen Meike (Meike Droste), Franziska (Susan Hoecke), Nadine (Friederike Linke) und Samira (Elmira Rafizadeh, von links) ihr Geheimnis noch sechs weitere "Wendehammer"-Folgen unter der Decke halten? (Bild: ZDF / Hardy Spitz)
Können die Freundinnen Meike (Meike Droste), Franziska (Susan Hoecke), Nadine (Friederike Linke) und Samira (Elmira Rafizadeh, von links) ihr Geheimnis noch sechs weitere "Wendehammer"-Folgen unter der Decke halten? (Bild: ZDF / Hardy Spitz)

"Manche hauen mit viel Wut ab von zu Hause"

teleschau: Würden sie Augsburg noch als Heimat bezeichnen - oder eher als Herkunftsort?   Meike Droste: Ich bin in einer Kleinstadt vor Augsburg aufgewachsen, aber in Augsburg zur Schule gegangen. Persönlich verbinde ich kein tiefes Heimatgefühl mit dem Ort. Na klar - es gibt das Haus meiner Mutter, dort habe ich noch mein kleines Zimmer und verbinde damit natürlich auch etwas. Aber ich würde nicht sagen: "Das ist heute meine Heimat".   teleschau: Woher kommt das Gefühl, das manche Menschen so stark in ihre Heimat zurückzieht?   Meike Droste: Ich denke, es ist eine Charakterfrage. Manche hauen mit viel Wut ab von zu Hause und wollen alles anders machen. Und dann merken sie nach einer gewissen Zeit: Es war alles gar nicht so schlecht - und dass man doch noch viele Verbindungen in die alte Heimat spürt, die man zuvor vielleicht nicht wertgeschätzt hat. So erlebe ich es bei Menschen, die eine starke Sehnsucht zurück nach Hause entwickeln. Manche von ihnen fühlten sich irgendwann heimatlos in ihrem Leben - und dann knüpfen sie dort an, wo man sich als erstes richtig heimisch fühlte. Das heißt aber nicht, dass das auch unbedingt klappen muss (lacht). Ich bin mal gespannt, wie meine Kinder später mal auf ihre Kindheit und Heimat zurückblicken. Die sind nämlich sehr eng mit ihren Freunden und Freundinnen. Ich bin gespannt, ob das in zehn, 20 oder 30 Jahren immer noch so ist.   teleschau: Wie alt sind Ihre Kinder?   Meike Droste: 17 und 13 Jahre.

teleschau: Kommen wir noch mal auf Ihre Karriere. Seit "Mord mit Aussicht", das Sie einem großen Publikum bekannt machte, gibt es diesen interessanten Gegensatz. Am Theater, wo Sie nach wie vor aktiv sind, spielen Sie gern klassische Dramen. Und im Fernsehen, wie auch in "Wendehammer", da haben Sie meist den lustigen Part ...

Meike Droste: In der Tendenz stimmt das, aber es gibt auch Ausnahmen. Bei "Deutscher", einer dystopischen ZDF-Produktion, habe ich gar keine lustige Rolle gespielt. Oder auch bei der Reihe "Der Kommissar und ..." spiele ich eine ganz reduzierte Figur, eine Psychologin. Trotzdem gibt es diesen Gegensatz zwischen Bühne und TV-Rolle. Ich habe übrigens gar nichts dagegen, komödiantische Rollen zu spielen. Schade ist nur, dass die Komödie in Deutschland immer noch ein bisschen belächelt wird. Dabei ist es mit das Schwerste, was man machen kann. Lachen und Weinen liegt im Leben oft dicht beieinander. Wir könnten als Menschen viel erreichen, wenn wir alle ein bisschen mehr Selbsthumor hätten. Insofern werbe ich dafür, mehr Gehirnschmalz und Arbeit in gute Komödien zu investieren.

Plötzlich Bürgermeisterin! Kämmerin Jablonski (Patricia Coridun, links) und die Mitarbeitenden des Rathauses begrüßen Meike (Meike Droste) als neue erste Frau der Stadt.
 (Bild: ZDF / Hardy Spitz)
Plötzlich Bürgermeisterin! Kämmerin Jablonski (Patricia Coridun, links) und die Mitarbeitenden des Rathauses begrüßen Meike (Meike Droste) als neue erste Frau der Stadt. (Bild: ZDF / Hardy Spitz)