Menschenrechtler: Weiterer Lukaschenko-Kritiker gestorben
Minsk (dpa) - Menschenrechtler haben dem Strafvollzug in der autoritären Ex-Sowjetrepublik Belarus erneut den Tod eines politischen Gefangenen vorgeworfen. Der 50 Jahre alte Wadim Chrasko sei an einer nicht behandelten Lungenentzündung gestorben, teilte das Menschenrechtszentrum Wjasna mit. Der Kritiker von Machthaber Alexander Lukaschenko sei erst ins Krankenhaus gebracht worden, als er schon nicht mehr zu retten gewesen sei. Er starb demnach in der Nacht zum 9. Januar. Es sei bereits der vierte Todesfall eines politischen Gefangenen in Belarus, hieß es. Von den Behörden in Minsk gab es keine Angaben zu dem neuen Fall.
Laut Wjasna sind mehr als 1400 Menschen als politische Gefangene in Belarus inhaftiert. Viele von ihnen hatten sich nach der von beispiellosen Fälschungsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl 2020 an Protesten gegen Lukaschenko beteiligt. Chrasko soll laut Gerichtsurteil die Opposition finanziert haben; er war trotz Krankheit im August vorigen Jahres zu drei Jahren Straflager wegen angeblicher Unterstützung von Extremisten verurteilt worden.
Die Justiz unter Lukaschenko gilt als Instrument politischer Willkür und Unterdrückung Andersdenkender. Der Machthaber hatte sich nach der Wahl erneut zum Sieger erklären lassen. Die Massenproteste gegen seinen Verbleib an der Macht ließ er niederschlagen.
Immer mehr Inhaftierte
Die belarussische Opposition und Bürgerrechtler im Exil werfen Lukaschenko massenhafte Repressionen vor. Die politischen Gefangenen würden unter erbärmlichen Bedingungen festgehalten, teilte Wjasna mit. Die Zahl der Inhaftierten steige immer weiter. Chrasko, der im vorigen Jahr verhaftet worden war, wurde demnach am 12. Januar in der Hauptstadt Minsk beerdigt.
Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sprach der Familie des gestorbenen Gefangenen ihre Anteilnahme aus. Sie warf dem «kriminellen Regime» Lukaschenkos vor, erkrankte Gefangene absichtlich sterben zu lassen. «Wir werden alles tun dafür, dass die Beteiligten an diesen Verbrechen ihre gerechte Strafe erhalten», sagte Tichanowskaja im Exil im Ausland.