Migration: Vor Gipfel in Mexiko besucht Biden die Südgrenze
El Paso (dpa) - Vor dem Nordamerika-Gipfel in Mexiko ist US-Präsident Joe Biden erstmals seit Beginn seiner Amtszeit an die Südgrenze der USA im Bundesstaat Texas gereist. Biden traf bei seinem mehrstündigen Besuch am Sonntag in der Stadt El Paso Grenzbeamte und inspizierte die Grenzmauer zu Mexiko.
Zuvor war der Demokrat am Flughafen der Grenzstadt kühl von dem texanischen Gouverneur Greg Abbott empfangen worden. Der Republikaner überreichte Biden einen Brief, in dem er der Regierung schwere Vorwürfe macht. Der Besuch komme zwei Jahre zu spät, Bidens «Versagen» sei für das «Chaos» an der Grenze verantwortlich.
Nach der Stippvisite in El Paso reiste Biden weiter nach Mexiko. Sein mexikanischer Kollege Andrés Manuel López Obrador nahm ihn am Flughafen Felipe Ángeles nördlich von Mexiko-Stadt in Empfang. Danach fuhren die beiden Staatschefs gemeinsam in der US-Präsidentenlimousine «The Beast» in die mexikanische Hauptstadt. Die Fahrt von dem abgelegenen Airport bis zu Bidens Hotel im Zentrum von Mexiko-Stadt dauerte Medienberichten zufolge über eine Stunde. «Morgen wird er bei uns im Nationalpalast sein. Dann setzen wir unsere Gespräche über die Angelegenheiten fort, die für unsere Völker und Nationen von Interesse sind», schrieb López Obrador auf Twitter.
Am Montag war ein bilaterales Treffen der beiden Staatschefs geplant. Im Mittelpunkt der Gespräche dürfte das Thema Migration stehen. Am Dienstag kommen López Obrador, Biden und der kanadische Premierminister Justin Trudeau zum Nordamerika-Gipfel zusammen.
Situation spitzt sich zu
Zuletzt hatte sich die Lage an der Grenze zwischen den USA und Mexiko immer weiter verschärft. Zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 registrierte die US-Grenzschutzbehörde mehr als zwei Millionen Versuche von Menschen, in die USA zu gelangen. Dabei wächst den Statistiken zufolge vor allem die Zahl der Migranten, die aus Kuba, Kolumbien, Nicaragua und Venezuela stammen.
Tausende Migranten harren derzeit an der Grenze zu den USA aus und hoffen auf eine Gelegenheit, in das Land zu gelangen. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hatte zuletzt entschieden, die umstrittene Richtlinie Title 42 vorerst in Kraft zu lassen. Die Regelung sieht vor, dass die meisten Migranten ohne Papiere an der Grenze sofort abgewiesen werden, ohne auch nur einen Asylantrag stellen zu können. Damit sollte zunächst die Ausbreitung der Corona-Pandemie eingedämmt werden. Mittlerweile fürchten Politiker und Behörden in den USA aber wohl vor allem eine stark zunehmende Migration, wenn die Richtlinie kassiert wird.
Versuch eines Lösungsansatzes
Angesichts der dramatischen Lage und der anhaltenden Kritik hatte Biden zuletzt einen neuen Anlauf gestartet, um die illegale Einwanderung in die USA einzudämmen und neue Regelungen verkündet. Demnach sollen unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 30.000 Migranten pro Monat aus Venezuela, Nicaragua, Kuba und Haiti legal in die USA einreisen. Im Gegenzug sollen 30.000 illegale Einwanderer pro Monat aus diesen Ländern nach Mexiko abgeschoben werden.
Der mexikanische Präsident unterstützte den neuen US-Vorstoß. Er eröffne den Migranten die Chance auf eine legale Einreise in die USA und verhindere so die häufig gefährliche Reise durch Mexiko und den illegalen Grenzübertritt. Migranten werden in Mexiko immer wieder Opfer krimineller Organisationen, die sie entführen, ausrauben oder vergewaltigen.
Mexiko will bei dem Gipfel einen Vorschlag für eine «Allianz für den Wohlstand der Völker Amerikas» unterbreiten, wie Außenminister Marcelo Ebrard mitteilte. Ziel sei es, die Armut in der Region zu bekämpfen und den Wohlstand gerechter zu verteilen. Es dürfte vor allem darum gehen, die Ursachen von Migration zu bekämpfen.