Nemo aus der Schweiz hat den ESC gewonnen - ist The Code auch der Sieger der Streaming-Schlacht?
Nemo aus der Schweiz hat beim Eurovision Song Contest am Wochenende triumphiert. Doch was zeigen neu veröffentlichte Streaming-Daten über die Popularität der anderen Songs?
Mit dem Song "The Code" hat Nemo die meisten Stimmen der Jurys aus den am ESC teilnehmenden Ländern und die fünftmeisten Stimmen vom Publikum bekommen. Zugleich schreibt Nemo im Alter von 24 Jahren Geschichte als erste nicht-binäre Person, die den Wettbewerb gewinnt. Und die Trophäe geht zum ersten Mal seit 1988 wieder in die Schweiz.
Im Vorfeld der Veranstaltung zählte Nemo zu den Favoriten, oft lag die Schweiz bei den Buchmachern nur knapp hinter dem kroatischen Künstler Baby Lasagna. Neu veröffentlichte Daten von Spotify zeigen, dass Nemo in der Woche vor dem ESC der am zweithäufigsten gestreamte Künstler war.
Der meistgestreamte Song vor dem Eurovisionsfinale war einer, der es nicht auf die Bühne schaffte. Der Song "Europapa" des niederländischen Teilnehmers Joost Klein gehörte ebenfalls zu den diesjährigen Favoriten und war in der Woche vor dem Finale der meistgestreamte Song des diesjährigen Wettbewerbs auf Spotify.
Popularität inmitten von Kontroversen
Nach seinem plötzlichen Ausscheiden aus dem Wettbewerb am Tag des Finales stand nun auch Joost Klein im Zentrum des Medieninteresses. Es gab Gerüchte, dass seine Disqualifikation damit zusammenhängt, dass der Niederländer zuvor in einer Pressekonferenz offen gegen den umstrittenen israelischen Beitrag gewettert hätte.
Die Europäische Rundfunkunion (EBU) erklärte jedoch, es habe sich um einen "Zwischenfall" zwischen Klein und einer Kamerafrau gehandelt. Am Dienstag nach dem ESC-Wochenende bestätigte die schwedische Polizei, dass sie den Vorfall untersucht und der 26-jährige Joost Klein wahrscheinlich angeklagt wird.
Es überrascht nicht, dass die Spotify-Daten am Tag nach dem Finale zeigen, dass Gewinner Nemo den meistgestreamten Song aller Teilnehmenden hatte.
Obwohl Klein nicht am eigentlichen, im Fernsehen übertragenen Finale teilnahm, hat er das Interesse der Öffentlichkeit - entweder aufgrund der Kontroverse oder trotz der Kontroverse - eindeutig aufrecht erhalten: Sein Song "Europapa" wurde am Tag nach dem Wettbewerb am zweithäufigsten gestreamt.
Sowohl in der Liste für die Woche davor als auch für den Tag danach war der Song "Rim Tim Tagi Dim" des kroatischen Teilnehmers Baby Lasagna der am dritthäufigsten gestreamte Song. Das ist keine Überraschung, da Baby Lasagna als Favorit in das Finale ging und den zweiten Platz mit der höchsten Punktzahl beim Televoting und der dritthöchsten Punktzahl bei der Jury belegte.
Und der Song aus Israel?
Die Teilnahme Israels hat den ESC 2024 zu einem der umstrittensten gemacht. Nachdem Russland 2022 wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine vom Wettbewerb ausgeschlossen wurde, waren viele Eurovisionsfans der Meinung, dass Israel wegen seiner brutalen Militäraktion im Gazastreifen nach den Hamas-Angriffen am 7. Oktober 2023 ebenfalls hätte ausgeschlossen werden müssen.
Mehr als 12.000 Menschen versammelten sich in Malmö, um gegen die Teilnahme der israelischen Sängerin Eden Golan zu protestieren, die von der EBU gezwungen wurde, ihren Song "October Rain" in "Hurricane" umzuschreiben, um die politischen Botschaften rund um den Krieg zwischen Israel und der Hamas zu entfernen.
Trotz der Proteste innerhalb und außerhalb des Wettbewerbs erhielt Israel eine große Anzahl von Stimmen per Telefon aus dem Publikum, nämlich die zweitmeisten Stimmen. Aufgrund der geringen Stimmenzahl der Jury belegte Israel insgesamt den fünften Platz.
Die hohe Zahl des Televotings hat allerdings nicht dazu geführt, dass Golans Song zu den meistgestreamten gehört. In der Woche vor der Zeremonie war "Hurricane" nur der zehntmeist gestreamte Song und stieg erst am Tag nach dem Finale auf den achten Platz.
Eine so große Diskrepanz zwischen der öffentlichen Abstimmung und den Spotify-Streams lässt auf zwei Dinge schließen. Zum einen könnte der Song bei einer älteren Generation von Wählern beliebt sein, die weniger häufig Streaming-Plattformen nutzen. Zum anderen könnte es ein Zeichen dafür sein, dass Israels Popularität in diesem Jahr das Ergebnis politischer Abstimmungen war und nicht repräsentativ für das tatsächliche Interesse an der Musik.
"Doomsday Blue" steigt auf!
Am anderen Ende des Spektrums hat ein Künstler in den Wochen rund um den Wettbewerb einen massiven Anstieg des öffentlichen Interesses verzeichnet. Die irische Gruppe Bambie Thug verblüffte das Publikum mit ihrer "Ouija-Pop"-Performance von "Doomsday Blue", die alles von Hexerei über Runensteine bis hin zu Flammen beinhaltete.
Bambie Thug war auch einer der größten Kritiker der Teilnahme Israels am diesjährigen Wettbewerb. Während Irland in der Gesamtwertung einen Platz hinter Israel auf dem sechsten Platz landete, wurde "Doomsday Blue" von Spotify als "inoffizieller Eurovisions-Fan-Favorit" bezeichnet, da die Zahl der Streams in der Woche vor dem Finale um 950 % gestiegen war.
Und auf TikTok?
Auf TikTok zeigen ähnliche Daten, dass das Interesse an den Beiträgen der einzelnen Länder seit der Ausstrahlung des Finales gestiegen ist. Auch hier hat Nemo aus der Schweiz seit dem Finale den größten Zuwachs an TikTok-Aufmerksamkeit erhalten:
3.245 % mehr Nutzer haben seither Videos mit dem Song "The Code" erstellt.
Den nächstgrößeren Anstieg verzeichnet Baby Lasagna aus Kroatien, der mit seinem Song "Rim Tim Tagi Dim" einen Zuwachs von 372 % schaffte. Ähnlich wie bei Spotify zeigt Bambie Thug seine potenzielle Langlebigkeit mit dem fünftgrößten Zuwachs (66 %) an Kreationen seit dem Finale.