Warum der neue Ford Mustang ein Muscle Car alter Schule ist

Berlin (dpa/tmn) - So wie Kevin Costner noch immer durch die Prärie reitet und Bruce Springsteen bis heute die Stadien füllt, wird auch der Mustang nicht müde. Im Gegenteil: Pünktlich zum 60. Geburtstag bringt Ford die Mutter aller Muscle Cars jetzt in der siebenten Generation für 59.900 Euro als Coupé oder 65.000 Euro als Cabrio nach Europa.

Ein Hoch auf die alten Tugenden – und den Achtzylinder

Dabei halten die Amerikaner die alten Tugenden in höchsten Ehren. Denn der neue Mustang sieht mit langer Haube und kurzem Heck nicht nur aus wie immer, selbst wenn er jetzt schlanke Hightech-Scheinwerfer hat und ein frisch aufgebügeltes Blechkleid.

Er fährt auch wie immer. Schließlich macht sich Ford gar nicht mehr die Mühe und holt den Mustang - wennschon, dennschon - ausschließlich mit einem hemdsärmeligen Achtzylinder über den Atlantik. Und vor allem ist er gemessen am Antrieb ein absolutes Schnäppchen.

Die wenigen anderen V8-Motoren, die es bei uns überhaupt noch zu kaufen gibt, stecken alle in Luxusautos und Hightech-Sportlern und kosten deshalb schnell mindestens das Doppelte. Auch das ist ein Grund dafür, dass sich der Mustang laut Hersteller bislang über zehn Millionen Mal verkauft hat und seit Jahren als meistverkaufter Sportwagen der Welt gilt.

Hubraum sticht

Allerdings ist der V8 kein hochgezüchteter Feinkost-Motor, sondern ein Haudegen nach alter Väter Sitte: Fünf Liter Hubraum hat der Motor, will von Turbo oder Kompressor nichts wissen und schöpft seine Leistung allein aus der Drehzahl - nicht umsonst beginnt der rote Bereich erst weit jenseits der 7000 Touren.

Bis dahin mobilisiert der Kraftmeier 328 kW/446 PS und maximal 540 Newtonmeter, mit denen er wild und ungestüm wie ein Halbstarker an der Hinterachse zerrt. Klar baut Ford mittlerweile auch im Mustang alle modernen Assistenzsysteme ein, die den Wildfang im Zaum halten. Aber quietschende Reifen bekommt man immer und überall hin.

Am besten der Handarbeit den Vorzug geben

Dabei ist der Handschalter die erste Wahl - nicht nur, weil man damit gegenüber der zehnstufigen Automatik 3000 Euro spart. Sondern vor allem, weil das Getriebe so knackig und der Knauf so kurz ist, dass Schaltarbeit wieder richtig Spaß macht und man das gute Gefühl hat, den heißen Hengst an einem besonders kurzen Zügel zu führen. Da nimmt man 0,4 Sekunden weniger Sprintzeit lachend in Kauf. Zumal 5,3 Sekunden von 0 auf 100 ja auch kein schlechter Wert sind und das Spitzentempo hier wie dort auf 250 km/h beschränkt ist.

Landstraße statt Rennstrecke

Zwar haben die Ingenieure - mal wieder - viel Herzblut in den Mustang gesteckt, haben das Fahrwerk verfeinert und ein halbes Dutzend Fahrprofile programmiert. Doch so filigran und feinfühlig sich der Mustang damit - erst recht in der Dark-Horse-Variante - auf einer Rennstrecke bewegen lassen mag, braucht das Wildpferd den Auslauf auf einer einsamen Landstraße.

Denn weit geschwungene Kurven, sanfte Passagen durch Berg und Tal und vor allem enge Schluchten - das sind die Zutaten, mit denen das Muscle Car zum Traumwagen wird. Da bügelt er vergleichsweise gelassen auch über wüste Bodenwellen, lässt sich mit gezielten Gasstößen lustvoll aus den Kehren treiben und kommt auch dann souverän ums Eck, wenn die Lenkung nicht ganz so filigran geführt ist wie das Skalpell eines Chirurgen. Und wenn dann noch der Motorsound von den Wänden widerhallt, ist die Welt für Ordnung.

Und alle, denen es uns Ankommen geht oder gar um Nachhaltigkeit und die sich an Normverbräuchen von 12,0 Litern aufwärts (CO2-Ausstoß: 274 g/km) stören, die können ja bitteschön den Mustang Mach-E kaufen. Der hat zwar nicht so viel Kult und Charakter, und statt Muscle Car ist er ein SUV wie so viele andere, fährt dafür aber elektrisch.

Keine Elektrifizierung, aber Elektronik ist auf Vormarsch

Sosehr sich der Mustang gegen die Elektrifizierung wehrt, kann er aber nicht allen Trends trotzen. Die Digitalisierung macht auch vor dem Muscle Car nicht halt – und bringt den Insassen ein digitales Cockpit mit Grafiken und Konfigurationen wie auf der Playstation. Klar, mag das junge Generationen ansprechen. Doch richtige Petrolheads schauen buchstäblich darüber hinweg und ergötzen sich lieber an der langen Haube – und natürlich dem V8 darunter. Und wer hinten sitzt, der sieht weder das eine noch das andere, weil der Mustang halt doch ein ziemlich kompaktes Auto und die Rückbank nur ein Notbehelf ist.

Fazit: Ehrlich fährt am längsten

Natürlich gibt es ausgefeiltere Sportwagen, welche mit mehr Leistung und mit mehr Finesse. Doch mit seinen wunderbar anachronistischen V8 und seinen hemdsärmeligen Charakter ist der Mustang ein erfreulich authentisches Auto in einer Zeit, die vor allem vom schönen Schein geprägt ist - und hält sich deshalb offenbar länger als viele seiner Konkurrenten. Und spätestens beim Blick auf den Preis verbietet sich weitere Kritik ohnehin.

Datenblatt: Ford Mustang GT

Motor und Antrieb:

V8-Benziner

Hubraum:

4999 ccm

Max. Leistung:

328 kW/446 PS

Max. Drehmoment:

540 Nm

Antrieb:

Heckantrieb

Getriebe:

manuelles Sechsganggetriebe

Maße und Gewichte

Länge:

4810 mm

Breite:

1916 mm

Höhe:

1404 mm

Radstand:

2719 mm

Leergewicht:

1808 kg

Zuladung:

327 kg

Kofferraumvolumen:

381 Liter

Fahrdaten:

Höchstgeschwindigkeit:

250 km/h

Beschleunigung 0-100 km/h:

5,3 s

Durchschnittsverbrauch:

12,0 Liter/100 km

Reichweite:

500 km

CO2-Emission:

274 g/km

Kraftstoff:

Super

Schadstoffklasse:

Eu6

Energieeffizienzklasse:

k.A.

Kosten:

Basispreis des Ford Mustang GT

59.900 Euro

Typklassen:

k.A.

Kfz-Steuer:

458 Euro/Jahr

Wichtige Serienausstattung:

Sicherheit:

Sechs Airbags, Verkehrszeichen-Erkennung, Auffahrschutz

Komfort:

Multimedia-System, Klimaautomatik, Sportsitze