Neues Ausrufezeichen eines Phänomens

Neues Ausrufezeichen eines Phänomens
Neues Ausrufezeichen eines Phänomens

Simon Ehammer stand auf, schüttelte den Sand aus den Klamotten und grinste.

Spätestens als die weiße Fahne hochging, wusste der Schweizer Weitspringer gleich, welch Riesensatz ihm da im sonnenüberfluteten Olympiastadion in Rom gelungen war.

Mit der neuen Weltjahresbestweite von 8,41 Meter schockte Ehammer die Konkurrenz schon in der Qualifikation und machte klar, dass er im Finale am Sonntagabend ein ernsthafter Kandidat für die Goldmedaille sein wird.

„Morgen geht es hoffentlich noch weiter“

„Es hat sich sehr gut angefühlt. Das war ein cooler Sprung, der mir sehr viel Selbstvertrauen und Sicherheit gegeben hat“, sagte Ehammer bei SPORT1. „Morgen nochmal so - und dann geht es hoffentlich noch weiter.“

Der Überflieger, der den griechischen Olympiasieger Miltiadis Tentoglou um 27 Zentimeter distanzierte, setzte damit ein echtes Ausrufezeichen: „Die Konkurrenz ist brutal, aber man muss es am Tag X abrufen. Es ist schön, dass ich 8,41 Meter gesprungen bin - und wenn ich mit der gleichen Lockerheit springe, dann besteht die Chance auch für Gold.“

Das Besondere: Ehammer ist eigentlich Zehnkämpfer - doch in der Weitsprunggrube heizt er schon seit längerem den Spezialisten ein.

Vor zwei Jahren sprang der er bereits beim Meeting in Götzis sagenhafte 8,45 Meter, was Weltrekord innerhalb eines Zehnkampfs bedeutete. Im selber Jahr schrieb er Geschichte, als er als mit Weitsprung-Bronze in Eugene als erster Zehnkämpfer überhaupt eine WM-Medaille in einer Einzeldisziplin holte.

Ehammer in Götzis ein Häufchen Elend

Im österreichischen Zehnkampf-Mekka lief es vor einigen Wochen dagegen überhaupt nicht. „Ich bin mental und körperlich in eine Abwärtsspirale geraten“, sagte Ehammer damals, nachdem er vor dem abschließenden 1500-Meter-Lauf mit Tränen in den Augen aufgeben musste.

Das unerklärliche Tief schüttelte er erst nach und nach aus den Kleidern - doch spätestens mit seinem Traumsprung von Rom ist die Stimmung wieder bestens.

Vergleicht man Ehammer mit Leo Neugebauer, der am Donnerstag den deutschen Rekord im Zehnkampf auf sensationelle 8.961 Punkte schraubte, wird die Ausnahmestellung des Eidgenossen deutlich.

Während Neugebauer zwar einige Schokoladen-Disziplinen (Weitsprung, Kugelstoßen, Diskuswurf) hat, aber bei den Spezialisten keine Medaillenchancen besäße, kann sich Ehammer im Prinzip aussuchen, wo er an den Start geht.

Weitsprung oder Zehnkampf - das ist die große Frage

In Rom hat er sich für den Weitsprung entschieden - was der Zehnkampf-Vize-Europameister von München aber bei den Olympischen Spielen in Paris bevorzugen wird, steht noch in den Sternen.

„Da müssen wir noch schauen, aber da wird die Entscheidung im Juni fallen“, stellt er klar. Im Weitsprung und Zehnkampf zu starten, sei zwar möglich, aber wenig sinnvoll, erklärt der Modellathlet.

„Beides ist dann möglich, wenn ich mich für den Zehnkampf entscheide. Dann ist der Weitsprung einfach noch Zusatz, denn dann gehe ich mit einer großen Vorbelastung in den Wettkampf. Nach dem Motto: Alles, was kommt, nehme ich.“

Bis es so weit ist, hat Simon Ehammer noch ein paar Tage Überlegungszeit. Möglicherweise ist er am Sonntagabend schon weiter.