Der Pass, Staffel drei: Noch dunkler, noch blutiger

Ermitteln zum letzten Mal gemeinsam im düsteren Alpen-Panorama: Ellie Stocker (Julia Jentsch) und Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) jagen in der letzten "Der Pass"-Staffel einen Mörder, der scheinbar wahllos zuschlägt.  (Bild: Sky Deutschland / W&B Television / Sammy Hart)
Ermitteln zum letzten Mal gemeinsam im düsteren Alpen-Panorama: Ellie Stocker (Julia Jentsch) und Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) jagen in der letzten "Der Pass"-Staffel einen Mörder, der scheinbar wahllos zuschlägt. (Bild: Sky Deutschland / W&B Television / Sammy Hart)

Ellie Stocker (Julia Jentsch) und Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) brechen zu ihrer letzten alpinen Mörderjagd auf. Das vielleicht charismatischste Ermittler-Duo der jüngeren Krimigeschichte muss in der Sky-Serie "Der Pass" (ab Donnerstag, 4. Mai) einen Täter finden, der scheinbar wahllos tötet.

Noch einmal geschehen Morde im deutsch-österreichischen Grenzgebiet - in der finalen Staffel der mit fast allen Preisen, die der deutsch-österreichische Fernsehmarkt hergibt, ausgezeichneten Serie "Der Pass". Acht Folgen sind es, in denen die Deutsche Ellie Stocker (Julia Jentsch) und der Österreicher Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) zusammenarbeiten müssen, obwohl sie am Ende von Staffel zwei ja erbitterte Feinde waren.

Wir erinnern uns: Winter, ein "Bad Lieutenant"-Cop reinster Couleur, mit Dämonen bis zum Abwinken, hatte vermutlich die Tatwaffe des Mordes an Stockers junger Kollegin verschwinden lassen - und so die Täterfamilie Gössen geschützt. Stocker will den geliebt-gehassten Kollegen der Korruption überführen und verlässt dabei ihrerseits den Pfad der Tugend. Das ist der emotionale Ausgangspunkt der diesmal im alpinen Spätsommer spielenden letzten Reise der derzeit wohl besten deutschsprachigen Drama-Ermittler, die in ihrer Größe vielleicht nur noch mit dem legendären Duo Woody Matthew McConaughey und Woody Harrelson aus "True Detective" vergleichbar sind. Ab Donnerstag, 4. Mai, (Start mit einer Doppelfolge bei Sky One, 20.15 Uhr, oder "on demand" bei Sky Q und WOW) müssen Stocker und Winter samt ihrer SOKO mit vielen bekannten Gesichtern (inklusive Martin Feifel als Psychologe) einen Täter finden, der scheinbar sinnlos mordet.

Der Schnee ist im letzten Achtteiler mit Stocker und Winter weitgehend aus den Alpen verschwunden - was Handlung sowie die gewohnt wuchtige Bild-, Ton- und Musikscore-Sprache der Serie aber keinen Deut freundlicher macht, eher im Gegenteil. Die preisgekrönten Serienmacher Cyrill Boss und Philipp Stennert (Buch und Regie) haben sich aus dem Projekt zurückgezogen und haben nur noch zwei, drei Vorgaben für das Ende der Serie gemacht. Auch der mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete Kameramann Philip Peschlow, definitiv ein Erfolgsfaktor der Serie, ist nicht mehr dabei. Dafür übernahmen andere Hochkaräter: Regisseur Christopher Schier (Grimmepreis für "Die Ibiza Affäre") und sein Kameramann Thomas W. Kiennast, der auch einige Folgen inszenierte. Wer ihren sehr stimmungsvollen Münchener "Tatort: Lass den Mond am Himmel stehn" kennt, weiß, dass die beiden Österreicher eine Menge drauf haben. Trotzdem ist es ein interessantes Experiment, zum Ende einer doch sehr eigenen Serie das Kreativteam zu wechseln.

Mit dem gut informierten Journalisten Charles Turek (Lucas Gregorowicz) arbeitet Ellie Stocker auch in Staffel drei von "Der Pass" zusammen. (Bild:  Sky Deutschland/W&B Television/Hendrik Heiden)
Mit dem gut informierten Journalisten Charles Turek (Lucas Gregorowicz) arbeitet Ellie Stocker auch in Staffel drei von "Der Pass" zusammen. (Bild: Sky Deutschland/W&B Television/Hendrik Heiden)

"Ihr wart so wunderbar. Aber jetzt ist es Zeit zu gehen."

Doch ist dieser "Move" geglückt? Man möchte sagen, Schier und Kiennast haben ihren Job fast ein wenig übererfüllt. "Der Pass III" ist nämlich noch "passiger" als seine beiden Vorgänger, was aber für Menschen, die sich von Filmen und Serien gerne überraschen lassen, ein Problem darstellen könnte. Das düstere Szenario mitsamt seinen wuchtigen Naturbildern zum dunkel dräuenden Score wird deutlich stärker gedehnt und ausgestellt. Dazu gibt es mehr Morde, und das Blut spritzt, kriecht und blubbert noch einmal deutlich intensiver aus den Opferkörpern heraus, als bisher.

Auch die Ermittler segeln härter am Wind als in den Staffeln eins und zwei, vor allem auf österreichischer Seite. Winter ist nah dran, das Geheimnis seiner Kindheit aufzulösen, allerdings zu dem Preis, dass auch er sich völlig aufzulösen beginnt. Unter starken Schmerzmitteln ermittelt Winter zwischen Traumbildern und Realität, zwischendurch wird sich immer mal wieder übergeben. Erstaunlich, denkt man bei Gedeon Winter, in welchem Zustand der Mensch noch eine weitere Zigarette verträgt. Man möchte sie dem Mann förmlich aus dem Mund reißen und "nein" schreien.

Und Ellie Stocker? Taumelt zwischen erbarmungsloser Pflichterfüllung und emotionaler Selbstaufgabe - ebenfalls keine gesunde Mischung. Überhaupt hat man das Gefühl: Die erklärten "Der Pass"-Fans Christopher Schier (auch Teil des Writer's Rooms) und Thomas W. Kiennast haben - sehr kunstfertig und mit deutlich erhöhtem Psychedelic-Factor - eine Hommage an "Der Pass" gedreht, aber der Serie wenig Neues hinzugefügt. Es gab Kritiker, die zu Staffel zwei schrieben, die Serie wäre zu einer "repetitiven Spannungsmaschine" mutiert, die bewährte Abläufe wiederhole. Damals war diese Kritik verfrüht, denn jene Staffel rund um die Gössen-Morde war exzellent "geplottet". Diesmal hingegen hat man den Eindruck, dass sich tatsächlich Muster wiederholen und einfach nur mehr vom Gleichen "extremer" umgesetzt wurde.

"Der Pass III" ist zwar immer noch eine sehr gute Krimiserie, und die Hauptdarsteller Jentsch und Ofczarek sind wie immer ihr Geld wert - nur das Gefühl, bei einer außergewöhnlichen Erzählung dabei zu sein, stellt sich dieses Mal nicht mehr ein. Am Ende tanzen die beiden ungleichen "Detectives" Stocker und Winter mit beseeltem Blick zu Wolfgang Ambros' Stück "I drah zua" von 1973. Man möchte ihnen zurufen: "Ihr wart so wunderbar. Aber jetzt ist es Zeit, zu gehen."

Ellie Stocker (Julia Jentsch) kümmert sich um ihren Kollegen Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek), der in Staffel drei auf dem Zahnfleisch unterwegs ist. Immerhin: Er scheint vor der Lösung des Geheimnisses um seine traumatische Kindheit zu stehen. Ob am Ende alles gut wird, steht jedoch auf einem anderen Blatt.  (Bild: Sky Deutschland/W&B Television/Petro Domenigg)