Paul Newman wäre 100 geworden: Der Zweifler mit den stahlblauen Augen

US-Star starb 2008

Paul Newman in "Die Katze auf dem heißen Blechdach" von 1958. (Bild: imago/EntertainmentPictures)
Paul Newman in "Die Katze auf dem heißen Blechdach" von 1958. (Bild: imago/EntertainmentPictures)

Wenn die Schwärmereien über seine stahlblauen Augen wieder Überhand zu nehmen und sein Schauspiel in den Schatten zu stellen drohten, malte sich Hollywoodstar Paul Newman (1925-2008) zeit seines Lebens gerne die Gedenktafel auf seinem Grabstein aus: "Hier ruht Paul Newman, der als Versager gestorben ist, weil seine Augen braun geworden sind."

Als Versager starb Newman am 26. September 2008 nach jahrelanger Krebserkrankung und im Alter von 83 Jahren wahrlich nicht. Geschweige denn als Iris-Brünette. Wohl aber als Zweifler. In Hollywood hatte er eigentlich Jahrzehnte zuvor bereits jenen Legendenstatus erreicht, den er zu Beginn seiner Karriere bei anderen stets zu würdigen wusste - jedoch für sich selbst als unerreichbar wähnte. Newman sah sich eigener Aussage nach nie als etwas Besonderes an. Dass er dies auch im Privaten vorlebte, beweist die Autobiografie, die im Jahr 2022 veröffentlicht und durch seine Familie unter dem Namen "Das außergewöhnliche Leben eines ganz normalen Mannes" freigegeben worden war. Am 26. Januar wäre der Normalo Newman 100 Jahre alt geworden - höchste Zeit, auf sein außergewöhnliches Leben zurückzublicken.

Seine größte Sorge

Belege, dass Newman nicht trotz, sondern wegen seines Aussehens - sein Agent soll ihn einst als "griechischen Gott" in der Traumfabrik angepriesen haben - unter Selbstzweifeln litt, finden sich in frühster Kindheit. So habe er die Zuneigung seiner Mutter hinterfragt und die Sorge gehegt, sie würde ihn nur lieben, weil er ein hübsches - sprich: vorzeigbares - Kind gewesen sei.

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Für weitere Unsicherheit sorgte wenig später die Tatsache, dass Newman eine Pilotenausbildung beim US-Militär verweigert wurde. 1943 hatte er sich freiwillig gemeldet, wurde aber als nicht tauglich für das Steuern eines Flugzeugs befunden. Der Grund: Bei ihm wurde eine Farbenblindheit festgestellt. "Ich war von Natur aus nichts. Ich war kein Liebhaber. Ich war kein Sportler. Ich war kein Student. Ich war kein Anführer", zitiert "The New Yorker" Newman. Folglich ging er davon aus, dass sein Vater ihn von Beginn an für einen Verlierer hielt.

Seine größten Erfolge

Seine beeindruckende Schauspiel-Karriere unterstützt diese These selbstredend nicht. Newman, der zunächst am Theater auf sich aufmerksam machte und mit Filmen wie "Zwei Banditen" und "Flammendes Inferno" Kultstatus erlangte, war insgesamt zehn Mal für einen Oscar nominiert, zuletzt 2003 für "Road to Perdition". Der erste Academy Award winkte ihm schon 1959 für seine Hauptrolle in "Die Katze auf dem heißen Blechdach", jedoch schnappte ihm David Niven (1910-1983) den Preis vor der Nase weg. Auch bei den sechs weiteren Nominierungen zwischen 1962 und 1983 (unter anderem für "Der Unbeugsame", "The Verdict" und "Der Wildeste unter Tausend") sah er immer einen anderen Schauspieler triumphieren - was schließlich dazu führte, dass er seine eigenen Oscar-Gewinne nicht vor Ort erlebte.

1986 erhielt er den Ehrenoscar für sein Lebenswerk, nach der Laudatio von Sally Field (78) war er jedoch nur per Liveschalte zugegen. Auch als er ein Jahr später als Hauptdarsteller in "Die Farbe des Geldes" seinen ersten "richtigen" Oscar erhielt, fehlte er. Laut "Los Angeles Times" sei er zu diesem Zeitpunkt schlichtweg nicht mehr interessiert daran gewesen: "Es ist, als würde man 80 Jahre lang einer schönen Frau nachjagen. Schließlich gibt sie nach und du sagst: 'Es tut mir furchtbar leid. Ich bin müde.'" Womöglich hatte sich mit Ü60 die Überzeugung, in Hollywood stets nur als schöner Blickfang denn als talentierter Darsteller angesehen worden zu sein, zu sehr manifestiert. "Mir würde es gefallen, wenn die Leute denken würden, dass es einen Tatendrang, ein Herz und ein Talent gibt, das nichts mit meinen blauen Augen zu tun hat."

Sein größter Schandfleck

Privat bekleckerte sich Newman mit Beginn seiner Hollywood-Karriere nicht mit Ruhm. Noch während seiner ersten Ehe mit Schauspielerin Jacqueline Witte (1929-1994) ging er eine wenig subtile Affäre mit Joanne Woodward (94) ein, die er während seiner Zeit am Broadway kennengelernt hatte. In Woodward sah er seine Seelenverwandte, für die er schließlich seine Frau und die Mutter von drei gemeinsamen Kindern verließ. "Schuldig wie der Teufel" habe sich Newman laut "The New Yorker" deswegen gefühlt - "und das werde ich für den Rest meines Lebens bei mir tragen."

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Was allerdings festgehalten werden muss: In der Oscarpreisträgerin Joanne Woodward ("Eva mit den drei Gesichtern"), mit der er ebenfalls drei Kinder bekam, hatte er tatsächlich die Liebe seines Lebens gefunden. Von 1958 bis zu seinem Ableben exakt 50 Jahre später waren die beiden verheiratet. Im Gegensatz zur ersten Ehe konnte seine zweite also tatsächlich erst vom Tod geschieden werden.

Seine größte Trauer

Mit seiner ersten Frau verbindet Newman derweil sein größter Trauerfall. 1978 und mit nur 28 Jahren verstarb der gemeinsame Sohn Scott. Das älteste Kind von Paul Newman und zugleich sein einziger Sohn war an einer versehentlichen Drogen-Überdosis gestorben. Ein vorangegangener schwerer Motorradunfall hatte dafür gesorgt, dass er Schmerzmittel zu sich nehmen musste. Zwar hatte Newman seinen Sohn in diversen Produktionen als Stuntman engagiert, ein sonderlich gutes Verhältnis hatten sie aber nie. "Ich wäre nicht gerne eines meiner Kinder gewesen", haderte Newman nach Scotts Tod mit seiner Leistung als Vater. "Oft bin ich auf die Knie gegangen und habe Scott um Vergebung gebeten." Im Namen seines Sohnes eröffnete Newman das Scott Newman Center zur Prävention von Drogenmissbrauch.

Seine größte Leidenschaft

Es handelte sich dabei nicht um Newmans einziges philanthropisches Projekt. 1982 gründete er sein eigenes Lebensmittel-Unternehmen namens Newman's Own. Was mit selbstgemachtem Salatdressing begann, wurde rasch zu einer lukrativen Marke, die unter anderem Tiefkühlpizza, Nudelsoßen, Limonaden und Popcorn vertrieb. Der Clou des Unternehmens: Nach Abzug der Steuern wird bis heute der gesamte Umsatz an wohltätige Einrichtungen gespendet. Ebenfalls in den 80er Jahren hatte er zudem das Hole in the Wall Gang Camp, ein Ferienlager für schwerkranke Kinder, mitbegründet.

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Befand sich Newman nicht gerade vor der Kamera (oder bei der Salatdressing-Produktion), so war er vornehmlich auf der Rennstrecke anzutreffen. Der Schauspieler galt als großer Fan des Motorsports und trat erstmals 1972 und unter dem Namen P. L. Newman bei seinem ersten offiziellen Rennen an. Im Laufe seines Lebens nahm er an diversen Wettbewerben teil und gewann einige nationale Preise.

Sein letzten Rennen habe er laut "Autoweek" weniger als zwei Jahre vor seinem Tod gewonnen. Auf der Motorhaube habe sein Alter als Teilnehmernummer gethront - die 81. Damit saß Newman länger hinter dem Lenkrad, als er vor der Kamera stand. Seine letzte Rolle als Schauspieler hatte er 2005 in der topbesetzten zweiteiligen Miniserie "Empire Falls - Schicksal einer Stadt". Übrigens an der Seite seiner Ehefrau Joanne.

Sein größter Feind

So sehr Paul Newman bezüglich seines Lebens gerne Understatement betrieb, so kam er doch nicht umhin, mit Stolz darauf zu reagieren, sich einen mächtigen Feind gemacht zu haben. Denn auch politisch engagierte sich der Schauspieler. Er war ein aktives Mitglied der Bürgerrechtsbewegung, kritisierte die US-Teilnahme am Vietnamkrieg und setzte sich während des Kalten Krieges für die Abrüstung ein. Damit schaffte es der Schauspieler auf die berühmt-berüchtigte "Feindesliste" von Richard Nixon (1913-1994). Dass er es doch glatt unter die Top 20 (er rangierte auf Platz 19) der größten politischen Gegner des damaligen US-Präsidenten geschafft hatte, habe er gerne als seine größte Errungenschaft bezeichnet. Eine Kopie der Liste habe er sich gar gerahmt an die Wand gehängt, wie seine Tochter Nell Newman ein Jahr nach seinem Tod laut "Today" verriet. Frei nach seinem Motto: "Nur ein Mann ohne Charakter hat keine Feinde." In dieser Hinsicht war Paul Newman nicht blauäugig.