Piercing in der Steinzeit: Archäologen machen bahnbrechende Entdeckung

Auch Steinzeit-Menschen trugen Piercing. Jetzt ist Archäologen diesbezüglich ein bahnbrechender Durchbruch gelungen.

close up from a lip of a woman with piercing
Schon Steinzeit-Menschen trugen Piercings, eine neue Studie untermauert diese Erkenntnis. (Symbolbild: Getty Images)

Dass Menschen schon in der Steinzeit Piercings trugen, ist hinlänglich dokumentiert. Niemals aber konnte bisher ein Schmuckstück aus dieser Epoche der Menschheitsgeschichte mit einem bestimmten perforierten Körperteil in Verbindung gebracht werden. Deswegen werden die Erkenntnisse, die Archäologen nun bei Ausgrabungen in der Türkei gewonnen haben, als bahnbrechender Durchbruch gewertet.

Ausgangspunk der Erkenntnisse ist die archäologische Fundstelle Boncuklu Tarla im Südosten der Türkei, wo sich die Überreste einer jungsteinzeitlichen Siedlung befinden. Dort wurde in Grabstätten Artefakte gefunden, die in der Nähe von Ohren und Mündern der Toten platziert waren, berichtet der US-Sender CNN unter Berufung auf eine Publikation in der Fachzeitschrift Antiquity.

Doch nicht nur die Lage der Schmuckstücke, auch Spuren an den Toten deuten darauf hin, dass diese als Piercing verwendet wurde. An den unteren Schneidezähnen hätten Wissenschaftler Abriebe ausgemacht, heißt es weiter, die den Abnutzungen ähnelten, welche durch so genannte Labrets, Lippen-Piercings, verursacht würden.

Was haben die Forscher noch entdeckt?

Weiter haben die Archäologen herausgefunden: Offenbar trugen nur die Erwachsenen Piercing-Schmuck, denn entsprechende Artefakte fanden sich nicht bei den Überresten von Kindern. Für die Wissenschaftler ein Grund zu der Annahme, dass diese Art von Körperverzierung eine Schwelle markierte, die das Kind vom Erwachsenen trennte. "Wahrscheinlich ist das etwas, das mit Erwachsensein zu tun hatte", sagt Emma L. Baysal, Professorin für Archäologie an der Universität Ankara und Ko-Autorin der Studie, dem US-Sender CNN.

Boncuklu Tarla wurde 2008 entdeckt, seit 2012 finden an der antiken Fundstelle Ausgrabungen statt. Seither wurden dort auch zehntausende dekorative Objekte entdeckt. "Dies ist eine Stätte, in der die Menschen Schmuck einfach liebten, mehr als in jeder anderen Stätte", sagt Baysal. In der Siedlung seien die "kompliziertesten Dinge" hergestellt worden, darunter Halsketten, Armbänder, Anhänger.

Steinzeitmenschen - so eitel wie wir Modernen

Und offenbar auch Verzierungen für Ohren und Lippen. Insgesamt gruben die Archäologen in Boncuklu 85 Piercing-Objekte aus. Sie wurden aus Materialien wie Feuerstein, Kalkstein und Kupfer gefertigt und sind unterschiedlich geformt – mal rund, mal scheibenförmig, die einen dicker, die anderen dünner, länger, kürzer. Je nach Geschmack, offenbar – auch das eine wichtige Erkenntnis der Studie.

Archäologin Baysal bringt diesen Aspekt wie folgt auf den Punkt: "Wenn man Ohrringe trägt, kann man die Ohrringe nicht sehen. Man tut es nicht für sich selbst, weil man sich nicht sehen kann. Man tut es, um sich anderen zu präsentieren. Ich glaube, das ist etwas, das sich in all den Jahrtausenden nicht geändert hat." Ihre Schlussfolgerung: "Eigentlich sind sie [die Steinzeitmenschen] uns ziemlich ähnlich."