ProSieben-Publikum reagiert kontrovers auf Anarchie-Sonntag mit Joko und Klaas
24 Stunden Sendezeit hatten sich Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf bei "Joko & Klaas gegen ProSieben" erspielt. Die nutzten sie für allerlei Absurditäten. Am Ende könnte gar eine neue Gameshow fürs deutsche Fernsehen entstanden sein. Die Einschaltquote spricht eine deutliche Sprache.
Für Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf scheinen andere Regeln zu gelten als für andere Moderatorin im deutschen Fernsehen. Und manchmal auch gar keine. Mit viel Witz und Kreativität haben sie sich den Ruf als freche, aber clevere Spaßmacher aufgebaut - und sind diesem immer wieder gerecht geworden, etwa als sie 2017 erfolgreich ein Ryan-Gosing-Double in die Aufzeichnung der "Goldenen Kamera" schmuggelten.
Der anarchische Spaß, den die beiden zu ihrem Markenzeichen gemacht haben, treibt bei ProSieben seit etlichen Jahren bunte Show-Blüten, von "Circus HalliGalli" (2013-2017) bis "Duell um die Welt" (seit 2012). Seit 2019 wird "Joko & Klaas gegen ProSieben" produziert. Gewinnen die beiden Moderatoren in dieser besonderen Gameshow, dürfen sie am Tag nach der Ausstrahlung 15 Minuten lang zur Prime-Time das Programm des Senders bestimmen.
Anlässlich der 50. Folge am zurückliegenden Dienstag standen nun sogar 24 Stunden Sendezeit auf dem Spiel. Joko und Klaas gewannen - und durften den Sonntag komplett mit ihren Albernheiten bespielen.
Feuerwerk im Keller
Die wichtigste Regel dieses Experiments: Es gibt keine Regeln! Nach dem Startschuss um Mitternacht freuen sich die beiden Berufsjugendlichen erst einmal darüber, dass sie jetzt "Schei.." sagen dürfen und zünden ein Feuerwerk - in einem Keller, weil sie so kurzfristig keine Genehmigung für ein nächtliches Feuerwerk bekommen haben.
Nach einem kurzen Ausflug ins Berliner Nachtleben bringt Klaas Joko ins Bett und die Konserve übernimmt: Dann laufen Momente aus "Circus Halligalli" und der Show "Mein bester Feind", die immer am Ende spannend sei, weswegen man sie rückwärts ausstrahle - was dann auch in voller Länge geschieht.
Morgens gehen Joko und Klaas gemeinsam joggen und zeigen Ausschnitte aus trashigen 1990er-Jahre-Talkshows. Gefrühstückt wird bei SAT.1: Die beiden Moderatoren kapern kurzerhand das Frühstücksfernsehen des Senders - eine Kamera zeigt Klaas auf SAT.1, die andere Joko auf ProSieben.
Im Anschluss dann noch mehr Absurdes: Vollkommen unkommentiert wird zur "Namibia Cam" umgeschalten, einer Webcam, die wilde Tiere bei ihrem ereignisarmen Alltag zeigt. Für den "Spielenachmittag für Jung & Alt" begeben sich Joko und Klaas daraufhin in das sensationell leere Berliner Olympiastadion - für eine Partie UNO mit Sido, der seine Gegner mit Hinweis auf seine Zocker-Erfahrung abzieht.
Geburtsstunde einer neuen Gameshow?
Nach einem "Worst of" der sieben schlimmsten Momente in der Geschichte ProSiebens (Gewinner: Das "ProSieben Ochsenrennen" aus dem Jahr 2006) dauert es auch nicht mehr lange bis zum Tages-Highlight: Unter dem Titel "Ein sehr gutes Quiz (mit hoher Gewinnsumme)" läuft eine Gameshow, in der - angelehnt an die Netflix-Serie "Squid Game" - von drei Kandidaten immer derjenige ausgetauscht wird, der gerade eine falsche Antwort gegeben hat.
Der Twist daran ist, dass jemand, der erst gegen Ende zu dem Trio stößt, die Gewinnsumme von 100.000 Euro mit nach Hause nehmen kann. Das passiert dann auch, als Kandidatin Carola das Geld gewinnt. ProSieben-Chef Hannes Hiller scheint die Idee auch zu gefallen: Er ruft in der Sendung an und fragt, ob Joko und Klaas für weitere Folgen dieser Show zu haben wären: "Wir sollten mehr davon machen!"
Klaas ist sich nicht sicher ob der Ernsthaftigkeit des Angebots. Bei all der Anarchie an diesem Tag kein Wunder, wurden die Grenzen der Ernsthaftigkeit und der Regeln des Fernsehens doch permanent verschoben.
Deutsche Fernsehgeschichte oder gepflegte Langeweile?
Die restliche Zeit läuft unter dem Motto "????? (Was das Budget noch hergibt)" und das war offensichtlich reichlich wenig. Noch einmal gibt es Ausschnitte aus "Circus Halligalli", ehe sich die beiden Chaoten vom Publikum verabschieden. Ob sie wirklich bald zur ersten offiziellen Ausgabe von "Ein sehr gutes Quiz (mit hoher Gewinnsumme)" begrüßen, wird sich zeigen.
In den sozialen Medien reagieren viele Zuschauer euphorisch. "Der beste Sendetag meines Lebens", schreibt eine Zuschauerin auf Instagram, "ihr habt Fernsehgeschichte geschrieben" ein anderer. Doch auch kritische Stimmen werden laut: "Was feiert ihr da eigentlich?", will ein User wissen. "Zwei Stunden live und der Rest TV-Archiv? Langweilig ohne Ende!"
Aus Quotensicht ist das Experiment indes voll aufgegangen. Mit einem Marktanteil von 17,6 Prozent in der für den Werbemarkt wichtigen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen holten Joko und Klaas für ihren Heimatsender herausragende Quoten. Zum Vergleich: Konkurrent RTL kam im Tagesschnitt nur auf 6,7 Prozent Marktanteil in der Kernzielgruppe. Die höchste Reichweite unter all ihren über den Sonntag verteilten Sendungen erreichten Joko und Klaas mit "Ein sehr gutes Quiz (mit hoher Gewinnsumme)". 1,7 Millionen Menschen schalteten zur Primetime ein.