Ralph Brinkhaus bei "Hart aber fair" zum Haushaltsloch: "Aus Herausforderung eine Krise gemacht"
Die Schuldenbremse 2023 ist ausgesetzt: Bei "Hart aber fair" (ARD) kritisierte CDU-Politiker Ralph Brinkhaus den Umgang der Ampel mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Traute Einigkeit herrschte hingegen bei der Frage nach möglichen Neuwahlen.
Es klang zu gut, um wahr zu sein. "Wenn wir uns heute mit Ralf Stegner verständigen können: Einsparen, Subventionsabbau, keine Steuererhöhungen und gleichzeitig Festhalten an der Schuldenbremse. Ich finde das ein gutes Ergebnis", scherzte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle am Montagabend "bei Hart aber fair" (ARD). Lachen aus dem Publikum war die Folge. Konkrete Aussagen, geschweige denn Entscheidungen, wie die Ampel-Regierung das Haushaltsloch stopfen wollte, konnte Louis Klamroth seinen Gästen jedoch kaum entlocken.
"Es wäre unseriös, mich damit in eine Talkshow zu setzen", hatte Kuhle zu Beginn der Show erklärt. Und auch SPD-Mann Ralf Stegner lehnte es ab, "mit Schnellschüssen zu kommen", denn: "Denken schadet nicht." Es sei wichtiger, den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen, "auch in diesen Zeiten halten wir innere, äußere und soziale Sicherheit zusammen."
"Es wäre schön, wenn der Bundeskanzler das einmal gesagt hätte", kam die prompte Reaktion von CDU-Politiker Ralph Brinkhaus. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Union warf der Ampel vor, durch das "unprofessionelle" Vorgehen eine "extreme Verunsicherung" unter den Bundesbürgern, im Ausland und in der Industrie ausgelöst und "aus der Herausforderung eine Krise gemacht" zu haben. "Deutschland war Weltmeister. Im Fußball nicht mehr, aber darin, mit Geld umzugehen. Das ist jetzt vorbei", kritisierte er, dass zwei Wochen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts keine klaren Lösungen präsentiert wurden.
Kuhle: "Das Urteil aus Karlsruhe ist eine krasse Ansage zum Sparen"
Dafür etwa, ob die versprochenen 16 Milliarden Euro für Chip-Hersteller wie Intel oder Infineon, die ursprünglich aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen sollten, weiterhin zur Verfügung stünden. "Die Industrie steht bereit", betonte Wolfgang Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI, "erwartet jetzt aber, dass öffentliche Zusagen eingehalten werden".
Eine eben solche konnte und wollte Konstantin Kuhle nicht geben. "Das Urteil aus Karlsruhe ist eine krasse Ansage zum Sparen", plädierte er dafür, Prioritäten zu setzen. Dass die Einsparungen "beim Sozialstaat" erfolgen, wie sein Parteikollege Christian Dürr vorschlug, war Kuhle "zu pauschal". An der Frage, wo er den Rotstift ansetzen wollte, biss sich Moderator Klamroth die Zähne aus. "Es gibt keine Tabus, über alles kann gesprochen werden", lautete die Antwort des FDP-Politikers, der aber später eine mögliche Streichung der Pendlerpauschale von sich wies.
Über die Ausgestaltung des Bürgergelds hingegen, dessen Erhöhung von der CDU kritisiert wird, könne aber sehr wohl gesprochen werden. "In der Realität geht es um anderes", war Ralf Stegner anderer Meinung. Es müsse nicht über das Bürgergeld, sondern die Verringerung der Lohnabstandskosten diskutiert werden. Denn: "Wenn ich in Arbeit investiere, brauche ich keine Sozialtransfers", plädierte er dagegen, Menschen in prekären Situationen etwas wegzunehmen.
Wird die Schuldenbremse auch 2024 ausgesetzt?
Unterschiedlicher Auffassung waren die beiden Ampel-Parteien auch hinsichtlich der Schuldenbremse. Diese hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für 2023 - notgedrungen - ausgesetzt. Diese nachträgliche Maßnahme war die einzige "Möglichkeit, den Haushalt zu heilen", wie SZ-Journalistin Henrike Roßbach bestätigte. "Die Zeiten sind nicht normal", befürwortete Stegner angesichts der Kriege, Inflation und anderen "gewaltigen Herausforderungen" im nächsten Jahr, die Schuldenbremse ebenfalls auszusetzen. "Die FDP will es nicht, deshalb wird es nicht passieren", zeigte sich Kuhle hier jedoch nicht kompromissbereit.
"Wir sind gefangen in der Diskussion um Schuldenbremse auflösen, sparen, aber ich plädiere für den dritten Weg, den Weg des Optimismus", überraschte ausgerechnet Brinkhaus von der CDU mit Zuversicht: "Das kriegen wir hin. Das Urteil ist nicht die große Katastrophe", sprach er sich gegen herrschende Panik aus. "Panik bringt doch die Union rein", konnte Louis Klamroth das nicht umkommentiert lassen. Tatsächlich hatte sich Markus Söder am selben Tag für Neuwahlen ausgesprochen ("Ich bin nicht Markus Söder, wie man an meiner Frisur und hoffentlich auch an ein paar Eigenschaften sieht", stellte Brinkhaus klar). Letztere wären laut einer Infratest-Umfrage vom 10. November im Sinn von 41 Prozent aller Deutschen.
Von einer Neuwahl wollten die Ampel-Vertreter allerdings nichts wissen. "Wenn wir etwas verstanden haben und einen Funken Verantwortungsgefühl haben, gehen wir unserer Arbeit nach. [...] Keiner profitiert auch nur irgendwie, wenn wir es sein lassen. Nicht einmal die Union, weil die Demokratiefeinde zunehmen", erklärte Stegner. "Wir müssen das Land zusammenhalten und den Job machen." In der Koalition sehe er die Chance, es gemeinsam zu schaffen, gab er sich zuversichtlich.
Stegner: "Der Bundeskanzler wird den Weg weisen"
Ähnlichen Optimismus dürften die Bürgerinnen und Bürger auch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwarten, der sich am Dienstag im Rahmen einer 25-minütigen Regierungserklärung zur gegenwärtigen Haushaltslage äußern möchte: "Der Bundeskanzler wird morgen zuversichtlich sein und den Weg weisen", ließ Stegner durchklingen. Mehr verraten dürfte er im ARD-Talk nicht. Die erhoffte Klarheit würde man vermutlich aber nicht hören, warnte Journalistin Roßbach vor übertriebener Hoffnung. "Die gibt es nicht", konterte Stegner. Hörenswert wird die Rede vermutlich dennoch, der Meinung war nicht nur Klamroth: "Wir werden es gucken."