Ramelow bei "Caren Miosga": "Ganz Deutschland gruselt sich am liebsten vor Thüringen"

In der ARD-Talkshow von Caren Miosga ist am Sonntagabend mit Bodo Ramelow der einzige Ministerpräsident der Linken zu Gast. (Bild: NDR / Thomas Ernst)
In der ARD-Talkshow von Caren Miosga ist am Sonntagabend mit Bodo Ramelow der einzige Ministerpräsident der Linken zu Gast. (Bild: NDR / Thomas Ernst)

"Wird der Osten unregierbar?" In der ARD-Talkshow "Caren Miosga" spricht zu diesem Thema mit Bodo Ramelow der einzige Ministerpräsident der Linken. Der beklagt das Erodieren seiner Partei und mahnt eindringlich: "Wir müssen über Demokratie reden, und wir müssen weniger über die AfD reden."

Bodo Ramelow fastet. Acht Kilo hat der Thüringer Ministerpräsident von den Linken schon abgenommen. Sein Ziel: So viel Gewicht verlieren, wie die Linken in seinem Bundesland nach letzten Prognosen an Prozenten bei den kommenden Landtagswahlen verlieren. Da hat er noch einiges zu tun.

Letzten Umfragen zufolge könnte seine Partei bei den Landtagswahlen am 1. September locker 14 Prozent einbüßen. In diesen Umfragen ist jedoch das Bündnis Sahra Wagenknecht noch nicht dabei. Die Linken könnten Wähler auch an die neue Partei verlieren. Doch vor allem die AfD macht ihnen zu schaffen, die laut aktueller Daten in Thüringen bis zu 34 Prozent der Wählerstimmen abgreifen könnte.

Ramelow ist ein Ministerpräsident auf Abruf. Selbstbewusst ist er trotzdem geblieben. Bis zu den Wahlen sei ja noch ein halbes Jahr hin, sagt er in der ARD-Talkshow Caren Miosga. Dort ist er am Sonntagabend unter dem Sendungsmotto "Wird der Osten unregierbar?" zu Gast. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließt er aus. Den drohenden Stimmzuwachs der Höcke-Partei kommentiert Ramelow sarkastisch: "Ganz Deutschland gruselt sich am liebsten vor Thüringen." Dabei gehe die Gefahr für die Demokratie von Björn Höcke, nicht von seinem Bundesland aus.

Caren Miosga (Zweite von links) begrüßte in größerer Runde Bodo Ramelow, Katharina Warda und Thomas de Mazière (rechts). (Bild: NDR / Thomas Ernst)
Caren Miosga (Zweite von links) begrüßte in größerer Runde Bodo Ramelow, Katharina Warda und Thomas de Mazière (rechts). (Bild: NDR / Thomas Ernst)

CDU-Mann de Maizière: "Unsere Abgrenzung gegenüber der AfD ist glasklar"

In die Sendung ist auch der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière von der CDU eingeladen. Der lehnt zwar eine Zusammenarbeit seiner Partei mit AfD und Linken gleichermaßen ab, will aber dem CDU-Landesverband in Thüringen keine Ratschläge geben. Bei Caren Miosga sagt er: "Unsere Abgrenzung gegenüber der AfD ist glasklar. Was immer eine Schwierigkeit ist: Man darf im Abstimmungsverhalten nicht abhängig werden von der AfD."

Das war schon mal anders. Anfang 2020 hatten die Landtagsabgeordneten von CDU und FDP gemeinsam mit der AfD den FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt. Das löste eine handfeste Regierungskrise aus. Kemmerich trat drei Tage später zurück. Vier Wochen danach dann die Wiederwahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten von Thüringen, allerdings unter der Voraussetzung, dass es 2021 Neuwahlen geben sollte. Dann verweigerten jedoch vier Abgeordnete der CDU und später auch zwei Abgeordnete der Linken die dazu nötige Auflösung des Landtages. Das habe zu einem Vertrauensverlust der Wähler geführt, sagt Ramelow bei "Caren Miosga"

Mindestrente? "Ich hab' ja das Geld überhaupt nicht"

Doch das sei nicht der einzige Grund für die Vertrauenskrise gerade bei der Linken, sagt Ramelow. Da sei auch noch die Corona-Krise. Gut eine Woche nach seiner Wiederwahl habe Ramelow die ersten Lockdowns ankündigen müssen. "Das hat die Spaltung in der Gesellschaft noch weiter befeuert", sagt er.

Auf die Probleme der Linken kommt der Ministerpräsident nur sehr zögernd zu sprechen. Zunächst verteidigt er deren Forderung nach einer Mindestrente, die er in Thüringen jedoch nicht einführen kann. "Ich hab' ja das Geld überhaupt nicht", sagt er. Dann kommt er auf die zögerliche Angleichung der Ostrenten auf das Westniveau zu sprechen. Und dann - endlich - die Linke. "Sie hat sich nicht breiter aufgestellt, ist erodiert", kritisiert er. Später gibt es ein klares Signal an die Bundespartei: "Wenn Linke anfangen, sich immer durch Spaltung zu reduzieren, dann passiert das, was wir in Italien schon gesehen haben." Dort sind die ehemaligen Kommunisten mittlerweile bedeutungslos.

Tatsächlich ist das von der Linken abgespaltene Bündnis Sahra Wagenknecht ein Problem für die Linken in Thüringen. Zwar sei aus dem BSW das Signal gekommen, man wolle nicht gegen ihn kandidieren, aber genau das wolle die BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf nun tun, so Ramelow.

Bodo Ramelow: "Wir müssen weniger über die AfD reden"

Katja Wolf war 31 Jahre Mitglied der Linken. Nun ist sie in die neue Wagenknecht-Partei gewechselt. An Ramelows Regierung kritisiert sie in einem Film-Einspieler im ARD-Talk: "Die Gleichwertigkeit von Lebensbedingungen in Thüringen, die Frage des Auseinanderfallens der Stadt- und Landsituation, natürlich die Situation, wie gehen wir mit einer Zuwanderung um, bei der Kommunen einfach an Grenzen kommen - alles das ist aus meiner Sicht halbherzig angegangen worden."

Dass alles besser wird, wenn er erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden sollte, verspricht Ramelow nicht. Aber er hat ein wichtiges Ziel: "Ich werde alles tun, dass die Demokratie gewinnt." Dabei gehe es weniger um einen Posten oder seine Partei. "Wir müssen über Demokratie reden, und wir müssen weniger über die AfD reden."