Rechtsruck bei Parlamentswahl in Portugal erwartet

Rechtsruck bei Parlamentswahl in Portugal erwartet

10,8 Millionen Portugiesen sind heute aufgerufen ein neues Parlament zu wählen. Die vorgezogene Neuwahl findet vor dem Hintergrund von Korruption und einer Wirtschaftskrise statt, die das Vertrauen in gemäßigte Parteien untergraben hat und eine beträchtliche Anzahl von Wählern in die Arme einer rechtspopulistischen Partei drängen könnten.

Eine Reihe jüngster Korruptionsskandale haben den beiden Parteien, die jahrzehntelang abwechselnd an der Macht waren, geschadet: den Sozialisten und der christdemokratischen PSD (Partido Social Democrata), die mit zwei kleinen Verbündeten in einer Koalition namens Demokratische Allianz antritt. Es wird weiterhin erwartet, dass diese traditionellen Parteien die meisten Stimmen erhalten.

Die öffentliche Enttäuschung über die traditionellen Parteien -war schon vor dem Aufschreien über Bestechung gewachsen. Niedrige Löhne und hohe Lebenshaltungskosten – die sich letztes Jahr durch Inflations- und Zinsschübe verschärften –, gepaart mit einer Immobilienkrise und Versäumnissen im öffentlichen Gesundheitswesen trugen zur Unzufriedenheit bei.

Diese Unzufriedenheit wurde durch Chega (Genug) weiter geschürt, eine populistische Partei, die möglicherweise am meisten von der aktuellen öffentlichen Stimmung profitieren könnte.

Man geht allgemein davon aus, dass Chega die Partei mit den drittmeisten Stimmen wird, bei einem politischen Rechtsruck, der bereits anderswo in Europa zu beobachten war. In Spanien und Frankreich waren in den vergangenen Jahren ähnliche Trends erkennbar.

Chega könnte sogar in die Rolle des Königsmachers zukommen, wenn eine größere Partei die Unterstützung kleinerer Rivalen benötigt, um eine Regierung zu bilden.

Die meisten Ergebnisse werden innerhalb weniger Stunden nach Schließung der Wahllokale um 20.00 Uhr MEZ erwartet.

Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa, der größtenteils repräsentative Aufgaben hat, dessen formelle Zustimmung jedoch für die Bildung einer Regierung erforderlich ist, forderte die Menschen auf, zu wählen, weil unsichere Zeiten im Weltgeschehen das Wohlergehen des Landes bedrohten. Bei der letzten Wahl im Jahr 2022 lag die Wahlbeteiligung bei 51 %.

In einer Fernsehansprache an die Nation am Samstagabend sagte Rebelo de Sousa, der unvorhersehbare Ausgang der Wahlen zum Europäischen Parlament und in den Vereinigten Staaten später in diesem Jahr sowie der Krieg in der Ukraine und die Konflikte im Nahen Osten könnten noch mehr wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen.

„In schweren Zeiten wie diesen wird das Wählen immer wichtiger“, sagte Rebelo de Sousa.

Die Wahl findet statt, weil der Parteichef der Sozialisten, António Costa, im November nach acht Jahren als Ministerpräsident zurückgetreten war, nachdem Korruptionsermittlungen gegen seinen Stabschef eingeleitet wurden. Costa wurde kein Verbrechen vorgeworfen.

Auch die christdemokratische PSD wurde kurz vor dem Wahlkampf durch einen Korruptionsskandal in Verlegenheit gebracht, der zum Rücktritt zweier prominenter Parteifunktionäre führte.