Rhein zu Migration: «Haben die Belastungsgrenze erreicht»
Wiesbaden (dpa) - Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) dringt auf eine schärfere Gangart beim Thema Migration. «Wir haben die Belastungsgrenze erreicht», sagte Rhein im Deutschlandfunk. In den Kommunen gebe es «teils dramatische Zustände». Die Hauptfrage, die die Politik lösen müsse, sei: «Wie kommen weniger in das Land hinein, illegal.» Zweiter Punkt sei, wie man abgelehnte Asylbewerber zurückführe könne. Außerdem müssten «die Anreize runter».
Rhein sprach sich auch klar für Grenzkontrollen aus. Wenn man die Außengrenzen der EU nicht schützen könne, müsse man die Binnengrenzen schützen. «Wir brauchen Lage-angepasste Grenzkontrollen besonders zu Tschechien und Polen.» Kontrollen seien zudem ein deutliches Signal, «dass die grenzenlose Offenheit in Deutschland, jedenfalls derzeit, vorüber ist».
Das sogenannte Dublin-Verfahren müsse wieder eingeführt werden: Migranten müssten dann in dem Land bleiben, im dem sie zuerst registriert wurden. Wer später weiter wandere, müsse mit den Sozialleistungen des ersten Landes zurechtkommen.
Rhein für Auslagerung von Asylverfahren
Die Auslagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb der EU sei «ein sehr richtiger und wichtiger Vorschlag». Das EU-Türkei-Abkommen «hat richtig gut funktioniert, das war richtig wirksam. Und solch ein Verfahren brauchen wir jetzt auch beispielsweise mit Tunesien».
Das Thema Migration werde auch bei den Sondierungsgesprächen nach der hessischen Landtagswahl «intensiv» mit möglichen Koalitionspartnern diskutiert. Auf die Frage, welche Partei der CDU dabei näher sei, sagte Rhein: «Die Dinge sind vollkommen ergebnisoffen noch zum heutigen Tage».
Länder fordern mehr Geld für Flüchtlingsversorgung
Rhein teilte der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden mit: «Allein in diesem Jahr summieren sich die Kosten für asyl- und flüchtlingsbedingte Ausgaben der Länder auf 17,6 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere 5,7 Milliarden Euro an Kosten, die von den Kommunen getragen werden.»
Der Bund beteiligt sich Rhein zufolge an diesen Kosten in diesem Jahr «mit lediglich 3,75 Milliarden Euro und will den Betrag für 2024 auf 1,25 Milliarden Euro kürzen. Das ist aus Sicht der Länder nicht akzeptabel, weil der Bund die Städte und Gemeinden mit ihren Problemen alleine lässt.» Die Länder seien sich da sehr einig - obwohl es fünf verschiedene Parteibücher im Reigen der Ministerpräsidenten gebe.
SPD-Abgeordnete für Asylprüfungen in Drittstaaten
Drei SPD-Bundestagsabgeordnete fordern die Verlagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb Europas. Die Politiker Lars Castellucci, Frank Schwabe und Fabian Funke sprachen sich für die «Einrichtung von "Migrationszentren" in sicheren Drittstaaten als Anker- und Anlaufpunkt für Schutzsuchende» aus, wie aus einem «Impulspapier» hervorgeht, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte der «Spiegel» berichtet.
In den Zentren sollten demnach langfristige Visa ausgegeben sowie anschließende Möglichkeiten der regulären und sicheren Einreise in die EU geschaffen werden. Jeder Person, die die gesetzlichen Kriterien für Asyl erfüllt, werde ein Schutzstatus gewährt. Eine Obergrenze für Schutzsuchende solle es nicht geben. «So wird irreguläre und lebensbedrohliche Migration durch legale und sichere Migration ersetzt», schrieben die Abgeordneten in dem Papier mit dem Titel «Schluss mit dem Massengrab Mittelmeer durch ein humanes und kontrolliertes Asylmanagement».
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese mahnte angesichts des Vorschlags seiner Parteikollegen die Praxistauglichkeit der Pläne an. Die Idee der Asylzentren in Drittstaaten sei nicht neu, sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. «Sämtliche derzeit gemachten Vorschläge dürfen dabei nicht nur in der Theorie gut klingen, sondern müssen vor allem praxistauglich sein.» Bis jetzt habe es gegen Asylzentren außerhalb Europas rechtliche und humanitäre Bedenken gegeben.
Kretschmer: Migrationspolitik braucht Maßnahmenbündel
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert ein Maßnahmenbündel zur Begrenzung der Migration. «Wir müssen wissen, auf welche Zahl wollen wir kommen. Wenn wir das wissen, werden wir die Maßnahmen bringen», sagte der CDU-Politiker im ZDF-«Morgenmagazin». Als mögliche Maßnahmen zählte er unter anderem die Kürzung von Sozialleistungen, die Reduzierung von Familiennachzügen und verstärkte Kontrollen an den EU-Außengrenzen auf.
Weil: Prognosen zu Asylbewerberzahlen «nicht seriös»
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil warnt derweil vor zu hohen Erwartungen an eine schnelle Verringerung der Zahl der Asylbewerber in Deutschland. «Ich rate allen von konkreten Prognosen ab, wann die Zahl der zu uns fliehenden Menschen zurückgehen wird», sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Das kann man nicht seriös vorhersagen.»
Richtig sei «ohne Zweifel, dass wir besser werden müssen bei den Rückführungen», betonte er. Diese funktionierten aber derzeit nur bei einem begrenzten Personenkreis.
Die Grundlage für sogenannte Rückführungen seien Rücknahmeabkommen mit Staaten, diese verweigerten aber oft die Aufnahme ihrer eigenen Staatsangehörigen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte gesagt, Deutschland müsse diejenigen «endlich im großen Stil abschieben», die kein Recht hätten, in Deutschland zu bleiben. Weil wiederum betonte, es sei wichtig, «den Bürgerinnen und Bürgern sehr klar zu sagen, was geht und was nicht geht».