Ricarda Lang im ZDF: "Dann haben wir offensichtlich ein Problem in der Wirtschaft"
Lob für Robert Habeck, Forderung nach Investitionen: Zum Tag der Industrie nahm Ricarda Lang im "ZDF-Morgenmagazin" Stellung zur Wirtschaftspolitik der Grünen. Mit einem Dynamisierungspaket wolle man "einen Wumms erzeugen", die Schuldenbremse sei jedoch hinderlich.
Die deutsche Wirtschaft hat zu kämpfen, immer wieder werden Forderungen an die Politik laut. Anlässlich des Tags der Industrie war Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang am Montag zu Gast im "ZDF-Morgenmagazin", um die wirtschaftliche Lage einzuordnen. "In der Vergangenheit wurde viel über Bürokratie-Abbau gesprochen, aber sehr wenig getan", gestand Lang ein.
Dies habe aber seinen Grund: Viele Regeln seien nicht mit böser Absicht geschaffen worden, sondern hätten erst mal einen guten Gedanken zugrundeliegen. "Aber wenn so viele gute Gedanken zusammenkommen, dass gar keiner durchgesetzt werden kann, dann haben wir offensichtlich ein Problem in der Wirtschaft und im ganzen Land. Und deshalb machen wir jetzt ernst mit Bürokratieabbau innerhalb der Ampelregierung."
Allerdings lobte die Grünen-Chefin auch Wirtschaftsminister und Parteikollege Robert Habeck, der im Wirtschaftsministerium die sogenannten Praxis-Checks eingeführt hat. Jedes Gesetz werde kontrolliert auf seine Auswirkungen auf kleine oder mittelständische Betriebe. Dies sei allerdings nicht genug. "Ich glaube, dass wir jetzt gemeinsam vor der Aufgabe stehen, mit einem Dynamisierungspaket einen Wumms zu erzeugen", sagte Lang. Einen Schlüssel sieht sie in der Digitalisierung der Verwaltung, die einfachere und unkompliziertere Kommunikation zwischen Staat und Unternehmen ermögliche.
Lang: Schuldenbremse verstärkt Investitionsstau
Ricarda Lang glaubt, "dass wir uns in der Ampel oft zu viele Hürden selbst in den Weg stellen". Man habe die Folgen, die Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine für die deutsche Wirtschaft hatte, gut aufgefangen. Die Wachstumsgröße der Wirtschaft reiche jedoch nicht aus, betonte sie, insbesondere im internationalen Vergleich. Das liege daran, "dass wir einen riesigen Investitionsstau haben" an privaten aber auch öffentlichen Investitionen. Mit der Schuldenbremse - immer wieder Streitthema mit der FDP - verstärke man aktuell diesen Investitionsstau nur.
Auch die nach wie vor hohen Energiepreise werden von Wirtschaft bemängelt, entgegnete "moma"-Moderatorin Mirjam Meinhardt, auch der Industriestrompreis habe nicht funktioniert. Lang betonte daraufhin, man müsse mehrere Themen gleichzeitig angehen. "Das eine ist, die erneuerbaren Energien schneller auszubauen, um dauerhaft bezahlbare Energie zu schaffen." Da habe man "Riesen-Sprünge" gemacht im letzten Jahr, etwa bei der Solarenergie. Auf dem Weg dahin müsse man aber unterstützen, beispielsweise beim Ausbau der Netze, was ebenfalls Investitionen benötige.
Lang erwartet, dass "jeder bereit ist, über seinen Schatten zu springen"
"Die Frage, ob die öffentliche Hand in der Lage ist, Investitionen zu stemmen, das ist die Voraussetzung für ein Land, das einfach funktioniert", erklärte die Grünen-Politikerin. "Gerade für die energieintensiven Branchen brauchen wir eine Lösung für Netzentgelte, die können nicht einfach auf die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen ausgelagert werden."
Moderatorin Meinhardt warf immer wieder ein, dass die Themen seit langer Zeit auf dem Tisch lägen, aber nichts passiere. "Ich kann das verstehen, dass es den Wunsch gibt nach mehr Geschwindigkeit, und ich glaube, wir nehmen das sehr ernst", antwortete Lang. Sie erwarte auch, dass es in der Bundesregierung zu Lösungen komme. Es bringe nichts, sich gegenseitig dazu aufzufordern, sich zu bewegen. "Am Ende werden wir alles brauchen: Bürokratieabbau, Investitionen, Fachkräfte und sichere Energie. Ich erwarte, dass jeder bereit ist, über seinen Schatten zu springen."