Ryugyŏng: Das "Hotel of Doom" in Nordkorea

Außen hui, innen leer

Der Name des Hotels Ryugyŏng ist wohl eine historische Bezeichnung für die Stadt Pjöngjang
Der Name des Hotels Ryugyŏng ist wohl eine historische Bezeichnung für die Stadt Pjöngjang. (Foto: Reuters / The Korea Sharing Movement)

Es sollte das größte Hotel der Welt werden, und das mit einer veranschlagten Bauzeit von nur zwei Jahren – doch es kam alles ganz anders. Obwohl der Spatenstich des "Ryugyŏng-Hotels" in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang bereits 1987 erfolgte, übernachten bis heute darin keine Menschen. Der Bau hat sich also alles andere als erfolgreich gestaltet. Deshalb trägt das Gebäude heute auch den Spitznamen "Hotel of Doom" - das verfluchte Hotel.

Das Gebäude war von Anfang an als Prestigeprojekt gedacht und sollte der Propaganda im Kalten Krieg dienen. Das schreibt die Schweizer Fachzeitschrift für Bauwirtschaft "Baublatt" in einem Porträt über das Ryugyŏng-Hotel. Dort heißt es: "Das Projekt war ein Resultat der Rivalität zwischen dem von den USA unterstützten Südkorea und dem von der Sowjetunion unterstützten Norden."

Ein ehrgeiziges Ziel, das nie erreicht werden sollte

Weil ein Jahr zuvor in Südkorea ein 226 Meter hohes Hotel erbaut worden war, das damals höchste Hotel der Welt, wollte Nordkorea nicht nur nachziehen, sondern diesen Rekord für sich beanspruchen. So entstand die Idee des Ryugyŏng-Hotels. 1987 begannen die Bauarbeiten, 1989 sollte es fertig sein - pünktlich zu den Weltjugendspielen, die damals in Pjöngjang stattfinden sollten.

Nordkorea investierte viel Geld in dieses Ereignis, unter anderem wurde der Flughafen der Hauptstadt erweitert, ein neues Stadion und neue Straßen gebaut - aber das alles belastete die schwache Wirtschaft stark. Das wirkte sich auch auf den Bau des Hotels aus, der ins Stocken geriet. Dazu kam, dass Baumaterialien fehlten. Und dann brach die Sowjetunion zusammen, wodurch Nordkorea von einem auf den anderen Moment auf sich gestellt war.

Trotzdem hielt die Regierung erst noch am Bau des Ryugyŏng-Hotel fest und erreichte 1992 auch die geplante Höhe von 330 Metern, verteilt auf insgesamt 105 Stockwerke. Fertig war zu diesem Zeitpunkt aber nur die Grundkonstruktion. Und so sollte es bleiben. Denn das Projekt wurde wenig später eingestellt.

Schweizer Luxushotel in Pjöngjang geplant

Für 16 Jahre stand das Gebäude so da, fensterlos und im Rohbau. In dieser Zeit erhielt es mehrere Spitznamen. Neben "Hotel of Doom" wurde es beispielsweise vom Esquire Magazin zum "schlechtesten Gebäude der Menschheit" gekürt und die Nachrichtenagentur Reuters nannte es 2008 das "Phantom Hotel". Der Artikel von Reuters hatte damals auch einen aktuellen - eigentlich positiven - Anlass: Es gab einen Investor, der das Hotel "verschönern" wollte: den ägyptischen Mischkonzern Orascom.

Nach weiteren drei Baujahren war das Hotel äußerlich auch tatsächlich fertiggestellt und komplett mit einer Glasfassade für umgerechnet mehr als hundert Millionen Euro versehen. Das Innere aber blieb unangetastet.

Ein weiteres Jahr später aber gab es ein neues Angebot. Es schaltete sich die Schweizer Hotelgruppe Kempinski ein und wollte in der Spitze des bisher unvollendeten Ryugyŏng-Gebäudes ein Hotel mit 150 Zimmern eröffnen. Zusätzlich wollte sie auch Restaurants, Büros und ein Einkaufszentrum bauen.

Das berichtete damals unter anderem der "Spiegel". Aber soweit sollte es nicht kommen. Denn: Wegen der damaligen Spannungen auf der koreanischen Halbinsel zog sich das Unternehmen zurück. Die Verhandlungen scheiterten.

Die Modernisierung würde mittlerweile sehr teuer werden

Es gab also weiter keinen Baufortschritt. Und mit jedem Jahr sollte dieser schwieriger werden. Das war zumindest die Einschätzung des Architekten Calvin Chua, der in einem 2019 erschienenen "CNN"-Artikel zu Wort kam. Chua lebt in Singapur, beschäftigt sich aber schon lange mit dem Städtebau in Pjöngjang.

Er sagte damals: "Das Gebäude sieht von außen strukturell einwandfrei aus, aber wer weiß, wie es im Inneren ist." Und selbst wenn mit der Statik alles in Ordnung sei, laut Chua dürfte das eigentliche Problem an der Ausstattung und am Beton liegen. Es würde viel Zeit beanspruchen, alle Leitungen und Belüftungssysteme neu zu legen, um sie von den Anforderungen, die in den 1980er galten, in die Moderne zu bringen. Auch das dürfte ein Grund sein, wieso sich seither kein neuer Investor gefunden hat.

Riesige leuchtende Propaganda-Tafel

Ein bislang letztes Update erhielt das Ryugyŏng im Jahr 2018. Das zeigt, dass man sich offenbar vom ursprünglichen Zweck des Gebäudes verabschiedet hatte. Denn mit dem "Update" wurde es umgewidmet.

Vor sechs Jahren wurden auf der gesamten Außenfläche LEDs angebracht und so eine riesige Werbetafel geschaffen. "Baublatt" schreibt dazu: "Seither wird dort die Geschichte von Nordkorea und verschiedene politische Parolen abgespielt. Der Kegel auf der Spitze der Konstruktion dient dabei als nordkoreanische Flagge." Damit sei aus dem ursprünglichen Hotelbau eine riesige Reklametafel für Propaganda-Zwecke geworden.

Wie es heute im Inneren des Gebäudes aussieht, ist nicht bekannt. Vor einem Jahr berichtete Simplicissimus noch, dass niemand das als Hotel geplante Projekt betreten dürfe.

Auf Skyscraperpage.com gibt es zwar aktuelle Satellitenaufnahmen zu sehen – die zeigen das Gebäude aber nur von außen. Dort steht jedoch, dass das Ryugyŏng weiterhin leerstehen würde und die "nordkoreanischen Behörden auch keine finanziellen Möglichkeiten haben, das Gebäude zu nutzen".

Auch wenn das Gebäude nie den erhofften Rekord als höchstes Hotel der Welt beanspruchen konnte – so war es zwischenzeitlich immerhin das höchste ungenutzte Gebäude der Welt. Doch auch dieser Rekord ist wohl mittlerweile weg.