Nach dem Saarbrücken-"Tatort": Wie erkennt man eine Spielsucht?
Der Unfalltod einer Autofahrerin führte Hauptkommissar Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) im Saarbrücken-"Tatort" ins Spielcasino. Dort traf er auf eine Gruppe, die ihre Wetteinsätze nicht nur auf Poker, Roulette und Co. beschränkt. Wie erkennt man Spielsucht, und was kann man dagegen tun?
Ein ungewöhnlicher Krimi bot sich dem "Tatort"-Publikum am Sonntagabend: In "Der Fluch des Geldes" (Regie: Christian Theede, Buch: Hendrik Hölzemann) ermittelte Hauptkommissar Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) nach einem mysteriösen Verkehrsunfall allein undercover und ohne Auftrag in einem Spielcasino. Dabei traf er auf eine Gruppe, deren Mitglieder offensichtlich spielsüchtig waren. Durch welche Symptome äußert sich Spielsucht, und wie lässt sich die Krankheit behandeln?
Worum ging es im "Tatort"?
Der fünfte "Tatort" des neuen Teams aus dem Saarland knüpfte nahtlos an den vorangegangen vierten Film "Die Kälte der Erde" (Erstausstrahlung: Januar 2023) an. Kommissar Adam Schürk (Daniel Sträßer) hatte damals das Geld aus dem letzten Banküberfall seines Vaters unter einem Baum vergraben gefunden. Die Sporttasche hatte er fortan wie seinen Augapfel gehütet, ehe Kollege Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) sie am Ende des Films entdeckte. Zu Beginn von "Tatort: Der Fluch des Geldes" wurde das Fernsehpublikum Zeuge eines Streits, weil Adam das Geld behalten wollte.
Leo stürmte wütend und zu Fuß über die Landstraße davon, wo er kurz darauf fast von einem Auto überfahren wurde. Während sich der Kommissar gerade noch hinter die Leitplanke retten konnte, hatte die auf der Gegenspur fahrende Roswitha Jäger (Patricia Osmond) weniger Glück: Sie prallte mit ihrem Auto gegen die Leitplanke und starb noch am Unfallort an plötzlichem Herztod. Während Adam und die Kommissarinnen Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) an einen tragischen Unfall glaubten, vermutete Leo als einziger Mord.
Worum ging es wirklich?
Um seine These zu beweisen, ging Leo allein, ohne Auftrag und undercover ins Spielcasino. Dort wurde er Zeuge eines gefährlichen Spiels: Luisa (Jasmina Al Zihairi), Betty (Susanne Bormann), Dino (Daniel Zillmann) und Taleb (Omar El-Saeidi) konnten offensichtlich gar nicht genug von Glücksspielen bekommen. Ihre mal mehr, mal weniger ausgeprägte Sucht beschränkte sich allerdings nicht nur aufs Casino.
Stattdessen wurde Leo schon bald Mitwirkender in einem im lebensgefährlichen Wettspiel, das letztlich auch zum tödlichen Autounfall der älteren Dame geführt hatte: Betty, Dino und Taleb hatten Luisa, während sie hinter dem Steuer saß, abwechselnd die Augen zugehalten. Am Ende wurden Dino und Taleb verhaftet. Luisa war bereits zuvor von Taleb ermordet worden. Einzig Betty konnte sich mit Adams Tasche voller Geld ins Ausland absetzen.
Wie viele Menschen in Deutschland sind spielsüchtig?
Dem Glücksspielatlas 2023 zufolge sind in Deutschland 1,3 Millionen Menschen spielsüchtig. Weitere 3,3 Millionen Menschen zeigen ein riskantes Glücksspielverhalten mit ersten Anzeichen einer Sucht. An dem Bericht, der auf einer Umfrage aus dem Jahr 2021 basiert, waren das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg, die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm und der Bereich Glücksspielforschung an der Universität Bremen beteiligt.
Mehr zum Thema: Wie verbreitet ist Wettsucht in Deutschland?
Was ist Spielsucht?
Spielsucht (auch pathologisches oder zwanghaftes Glücksspiel genannt) ist eine Verhaltenssucht. Im Gegensatz zu anderen Verhaltenssüchten ist sie als eigenständige psychische Erkrankung im internationalen Krankheits-Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation anerkannt.
Betroffene Personen stehen unter dem Zwang, stundenlang und ohne Rücksicht auf Verluste oder Schulden an Glücksspielen und Wetten teilzunehmen. Am häufigsten tritt eine Spielsucht bei Geldspielautomaten auf. Danach folgen Spiele in Casinos, Wetten, Karten- und Würfelspiele. Auch Online-Spiele gewinnen zunehmend an Bedeutung. Hier sind auch Kinder und Jugendliche betroffen. Lotto führt zu vergleichsweise wenigen Spielsüchtigen.
Wie äußert sich eine Spielsucht?
Eine Spielsucht entwickelt sich meist über einen Zeitraum von mehreren Jahren, den Expertinnen und Experten in drei Phasen einteilen: Es beginnt mit dem positiven Anfangsstadium, in dem der oder die Betroffene gelegentlich und meist zur Ablenkung von alltäglichen Problemen spielt. Sobald erste Gewinne erzielt werden, verführt das Erlebnis zum stetigen Weiterspielen, bis die zweite Phase eintritt.
Im sogenannten Gewöhnungsstadium nimmt das Glücksspiel einen immer größeren Teil des Lebens ein, während gleichzeitig Freunde, Familie, Hobbys und Arbeit in den Hintergrund gedrängt werden. Spricht man einen Betroffenen in dieser Phase auf sein verändertes Verhalten an, so wird er teils aggressiv verleugnen, seinen Hang verheimlichen und sich zunehmend distanzieren. Während des Glücksspiels hingegen ist die betroffene Person ausgelassen. Sie empfindet Lebensfreude und schreibt Gewinne zunehmend dem eigenen Geschick und nicht dem Zufall zu.
Die dritte und letzte Phase ist das eigentliche Suchtstadium: Das Spielverhalten der betroffenen Person wird immer verzweifelter. Gleichzeitig geht sie ein immer größeres Risiko ein, um den Nervenkitzel zu steigern. Die Folge ist ein zunehmender Kontrollverlust, der viel Geld kostet. Die Schulden sollen durch erneutes Glücksspiel beglichen werden. Es entsteht ein Teufelskreis, der die betroffene Person oftmals den Kontakt zu Familie und Freunden sowie den eigenen Job kostet. Besteht keine Möglichkeit zu spielen, kommt es wie bei anderen Süchten zu körperlichen Symptomen wie zittrigen Händen, starkem Schwitzen, Stress, Nervosität und Angstzuständen.
Wie lässt sich eine Spielsucht behandeln?
Spielsucht ist durch eine professionelle Spielsucht-Therapie behandelbar. In einem ersten Schritt gilt, etwaige weitere psychische Erkrankungen zu diagnostizieren. Häufig leiden Spielsüchtige parallel unter Persönlichkeits-, Angst- und depressiven Störungen sowie unter Drogensucht. Auch eine Alkoholabhängigkeit kommt bei über der Hälfte aller Betroffenen vor. Die Spielsucht wird mithilfe eines Fragenkatalogs durch eine Ärztin oder einem Psychotherapeuten diagnostiziert. Zur ersten Selbsteinschätzung kann auch ein Online-Test helfen. Das Ergebnis sollte aber dringend mit einer Expertin oder einer Sucht-Beratungsstelle besprochen werden.
Anschließend wird die Spielsucht in Einzel- oder Gruppensitzungen, in Verhaltenstherapie, Motivationstherapie oder individuellen Psychotherapie behandelt. Für Angehörige gibt es Selbsthilfegruppen.
Wie geht es mit dem Saarbrücken-"Tatort" weiter?
Die bisherigen vier Folgen vom Saarbrücken-"Tatort" mit den Hauptkommissaren Leo Hölzer und Adam Schürk erreichten zwischen 7,86 Millionen und 10,44 Millionen Menschen. Der Gesamtmarktanteil lag bei guten 24,7 bis 27,5 Prozent. Auch beim jungen Publikum stießen die Fälle auf Zustimmung. Der nächste "Tatort" aus dem Saarland dürfte dem bisherigen Senderhythmus folgend im Januar 2025 ausgestrahlt werden.
Video: Das sind die Newcomer und Dauerbrenner beim "Tatort"