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Schamlos gepanscht: Der Honig, den wir essen, ist wahrscheinlich keiner

Das Beimischen von Sirup zu Honig ist nach EU-Recht verboten. Die Fälschungen werden allerdings immer ausgeklügelter, die meisten Kunden tappen ahnungslos in die Falle.

Importierter Honig in der Europäischen Union ist von immer schlechterer Qualität. Zu diesem Schluss kommt eine von der EU-Kommission veranlasste Studie.

Demnach entsprachen 46 Prozent der vom Labor der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) untersuchten Proben nicht dem Reinheitsstandard, sondern war mit unter anderem mit Zuckersirup verlängert.

Die Fälschungsquote liegt damit etwa dreimal so hoch wie beim vorherigen EU-Kontrollbericht im Zeitraum 2015-1017. Damals lag der Anteil der beanstandeten Proben bei nur 14 Prozent.

Besonders auffällig waren die Honigproben aus China und der Türkei mit respektive 74 beziehungsweise 93 Prozent gepanschtem Honig.

EU importiert etwa 40% ihres Honigverbrauchs

Alle über das Vereinigte Königreich eingeführten Honigproben wurden als nicht konform eingestuft, wahrscheinlich aufgrund von Mischungen mit anderswo erzeugten Produkten vor der Wiederausfuhr. Auch ukrainischer, mexikanischer und brasilianischer Honig wurden beanstandet.

Die EU importiert etwa 40% ihres Honigverbrauchs und ist damit nach den USA der zweitgrößte Importeur der Welt.

Das Beimischen von Sirup zu Honig ist nach EU-Recht verboten. Die Fälschungen werden allerdings immer ausgeklügelter, die meisten Kunden tappten ahnungslos in die Falle, so die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch.

Die häufigste betrügerische Technik ist die Zugabe von Zuckersirupen (aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben). Der Bericht erwähnt auch die Verwendung von Zusatzstoffen und Farbstoffen, die schwer zurückverfolgt werden können.

"Honig enthält von Natur aus Zucker und muss nach EU-Recht rein bleiben: Er darf kein Wasser oder billige Zuckersirupe enthalten, die künstlich hinzugefügt werden, um das Volumen zu erhöhen", heißt es seitens des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung.

"Auch wenn das Risiko für die menschliche Gesundheit gering ist, führen solche Praktiken die Verbraucher in die Irre und benachteiligen ehrliche Erzeuger."

Unlauterer Wettbewerb

Der Durchschnittspreis von importiertem Honig lag 2021 bei 2,32 Euro/kg, während die Kosten für Zuckersirupe auf Reisbasis 0,40-0,60 Euro/kg betrugen. Das erklärt die Verlockung zum Fälschen.

Laut Foodwatch ist der EU-Markt "ein echtes Sieb, durch das Betrüger ihre gefälschten Produkte verkaufen können."

Das Problem scheint systemisch zu sein: Von 123 Honigexporteuren nach Europa werden 70 verdächtigt, ihre Produkte gepanscht zu haben, und von 95 überprüften europäischen Importeuren sind zwei Drittel von mindestens einer verdächtigen Charge betroffen.

Bisher wurde laut OLAF gegen 44 Händler in der EU ermittelt, sieben wurden bestraft.

Das Beimischen von Sirup zu Honig ist nach EU-Recht verboten. Die Fälschungen werden allerdings immer ausgeklügelter (Symbolbild: Ben Birchall/PA Images via Getty Images)
Das Beimischen von Sirup zu Honig ist nach EU-Recht verboten. Die Fälschungen werden allerdings immer ausgeklügelter (Symbolbild: Ben Birchall/PA Images via Getty Images)

Von den 21 in Frankreich entnommenen Proben waren nur vier "echter Honig". In Deutschland, wo ein Drittel der europäischen Importe konzentriert ist, war die Hälfte der 32 entnommenen Proben verdächtig.

Foodwatch fordert "angemessene Kontrollmittel", "eine harmonisierte Methodik zur Aufdeckung von Betrug" und vor allem "eine dringende Korrektur der Undurchsichtigkeit" in Bezug auf die Zusammensetzung des Honigs.

Detailliertere Informationen über die Herkunft des Honigs auf dem Etikett

Die Mitgliedstaaten sind alarmiert: Im Januar forderten etwa 20 Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, die Europäische Kommission auf, die Transparenzanforderungen in ihrer erwarteten Überarbeitung der bestehenden Vorschriften aus dem Jahr 2001 zu verschärfen.

"Die derzeitigen Regeln stellen Honigerzeuger aus einem einzigen Land und die Produzenten von Honigmischungen auf eine Stufe", hieß es in einer von Slowenien verfassten und von 19 anderen Staaten unterstützten Erklärung. Darin wird eine Änderung der Etikettierungsregeln gefordert, um "detailliertere Informationen über die Herkunft des Honigs" zu liefern und "die Rentabilität des Sektors zu verbessern".

Der EU-Landwirtschaftsverband COPA-COGECA schlägt vor, auf den Etiketten von Honigmischungen "die Angabe der verschiedenen Herkunftsländer in absteigender Reihenfolge mit Prozentangaben" vorzuschreiben und fordert "systematische Überprüfungen von importierten Honiglieferungen."