"Schlag ins Gesicht": ZDF-Moderator entlockt ter Stegen schonungslose EM-Aussage
Vor der Fußball-EM im eigenen Land traf Tommi Schmitt über Monate hinweg mehrmals Nationalspieler zum persönlichen Gespräch. Herausgekommen ist ein ZDF-Film, der tiefe Einblicke in das Seelenleben von Niclas Füllkrug, Marc-André ter Stegen und Robin Gosens erlaubt.
Noch zwei Testspiele, dann wird es ernst für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Bei der Heim-EM will man die enttäuschenden Ergebnisse der letzten Turniere vergessen machen. Doch welche Charaktere stecken eigentlich hinter den Spielern, die die DFB-Elf aus der Fußballtristesse holen sollen? Wie schätzen sie die Chancen ein? Und mit welchem Druck müssen sie umgehen? Im ZDF-Dokumentarfilm "Heimvorteil - mit Tommi Schmitt" (ab sofort in der ZDFmediathek) hat sich der selbsternannte Fußballromantiker Tommi Schmitt auf Spurensuche begeben.
Mit den Nationalspielern Niclas Füllkrug, Marc-André ter Stegen und Robin Gosens traf sich der Moderator und Podcaster zu mehreren und ungewohnt intimen Gesprächen. "Einer der schlimmsten Tage meines Lebens" sei es gewesen, gibt Gosens Einblicke in sein Seelenleben nach der Kaderabsage für das Heimturnier. Er habe deswegen geweint, alleine und mit seiner Frau am Telefon, offenbart der Verteidiger von Union Berlin: "Diese Gewissheit zu haben, das reißt dir alles unter den Füßen weg." Mit der Absage von Julian Nagelsmann sei ein Traum geplatzt.
Wie schwer den 29-Jährigen der sportliche Rückschlag getroffen haben muss, verdeutlichen auch Aussagen eines früheren Interviews. "Das ist so viel Stolz und Glückseligkeit, weil ich weiß, auf wie viel ich in den letzten Jahren verzichtet habe, um da hinzukommen", schwärmt Gosens über das Glücksgefühl, das mit jeder DFB-Nominierung verbunden ist.
ter Stegen gesteht Motivationsprobleme nach Degradierung ein
Mit dabei bei der Europameisterschaft ist Marc-André ter Stegen. Doch auch der Stammtorhüter des FC Barcelona musste eine bittere Pille schlucken. Trotz herausragender Leistungen des einstigen Gladbachers bleibt ihm hinter Manuel Neuer nur die Rolle der Nummer zwei - mal wieder. "Es war schon ein Schlag ins Gesicht für mich", redet der ter Stegen nicht lange um den heißen Brei herum und gesteht sogar Motivationsprobleme unmittelbar nach der Degradierung ein: "Der Tag nach der Entscheidung ist schon so, dass du etwas zusammensackst."
Nicht nur für ihn, auch für Trainer Nagelsmann sei das persönliche Gespräch eine "unangenehme Situation" gewesen, erinnert sich ter Stegen im Gespräch mit Tommi Schmitt. Zwar versichert der 32-Jährige, er werde die Entscheidung akzeptieren und die Mannschaft nach besten Kräften unterstützen, sein Unverständnis für Nagelsmanns Entschluss schimmert aber zwischen den Zeilen deutlich durch: "Ich als Spieler muss das respektieren, auch wenn ich vielleicht nicht einer Meinung bin."
Niclas Füllkrug glaubt an "gute Europameisterschaft"
Mit ordentlich Rückenwind geht indes Niclas Füllkrug ins Turnier. Der Dortmunder Mittelstürmer erlebte in den vergangenen drei Jahren einen Karriereaufwind sondergleichen und entwickelte sich vom Zweitligaspieler zum Nationalspieler und Champions-League-Finalisten. Zu Kopf gestiegen scheint ihm der Erfolg aber nicht zu sein, so nahbar und bodenständig er sich in den Interviews mit Tommi Schmitt gibt.
"Der Herzschlag war unfassbar. Ich habe einen Sprint danach angezogen zu meiner Frau. Das war ein ganz toller Glücksmoment", schildert "Fülle" die EM-Zusage von Julian Nagelsmann. Für die EM im eigenen Land gibt sich der 31-Jährige hoffnungsfroh, will aber den von Schmitt erhofften Rückenwind aus Deutschland nicht zu hoch hängen: "Wenn wir das brauchen, dann haben wir ein Problem, wenn es nicht da ist." Die bisherigen Eindrücke der Mannschaft jedenfalls stimmen Füllkrug positiv: "Wir werden eine gute Europameisterschaft spielen. Es zeichnet sich im Training ab, in den Spielen."
Selbst beim größtmöglichen Triumph - den Titel im eigenen Land - würde sich der BVB-Torjänger aber schwertun, den Erfolg auszukosten, wie er einräumt: "Genießen funktioniert nicht, wenn du dauerhaft erfolgreich sein willst. In dem Moment, in dem du genießt, lässt du nach." Selbstreflektiert gibt Füllkrug zudem zu Protokoll: "Das Problem ist, es macht dich ein Stück weit süchtig. Ein Tor zu schießen, danach die Schlagzeilen und die Positivität abzukommen, gibt einem ein Glücksgefühl." Auf Letzteres hofft auch Fußballdeutschland, wenn die EM am Freitag, 14. Juni, mit dem Eröffnungsspiel gegen Schottland startet.