Schmiso zum Super Bowl: "Nichts ist so groß und shiny wie die NFL"
Mit "ran" machte er American Football im deutschen Fernsehen groß, nun erfüllt sich ein Lebenstraum für ihn: Florian Schmidt-Sommerfeld alias "Schmiso" kommentiert den Super Bowl für RTL. Ein Gespräch über erste Male in Las Vegas, den NFL-Hype hierzulande und ein lebensveränderndes Casting.
Die erste NFL-Saison bei RTL steht vor ihrem Höhepunkt: dem Super Bowl LVIII. Im Allegiant Stadium von Las Vegas treffen die San Francisco 49ers auf die Kansas City Chiefs (Sonntag, 11. Februar, ab 23.15 Uhr). RTL überträgt das Sport-Spektakel live aus der Glücksspiel-Metropole. Kommentiert wird die Partie von Florian Schmidt-Sommerfeld alias Schmiso. Der heute 34-Jährige hat ab 2015 mit "ran" den American-Football-Hype hierzulande mitbegründet und traf nach sechs Jahren Pause bei RTL auf bekannte Gesichter. Im Interview spricht der Münchner Journalist über die drei großen Träume seiner Sportreporter-Karriere, den Aufstieg der NFL in Deutschland und den nach eigener Aussage wichtigsten Schritt seines Lebens.
teleschau: Herr Schmidt-Sommerfeld, der Super Bowl steht an und Sie sitzen am Mikrofon. Was bedeutet Ihnen das?
Florian Schmidt-Sommerfeld: Über die Jahre sind drei große Träume in mir gereift, die ich in meiner Sportreporter-Karriere gerne verwirklichen würde: Ein Handball-WM- oder -EM-Finale mit deutscher Beteiligung am Mikro zu begleiten, das Champions-League-Finale, das mich in Sachen Fußball immer besonders elektrisiert hat, und der Super Bowl. Ich hätte nie gedacht, dass der erste von drei Sportreporter-Lebensträumen schon so früh in meinem Leben wahr wird.
teleschau: Und dann auch noch in Las Vegas.
Schmidt-Sommerfeld: Für mich ist es in allen Belangen das erste Mal: das erste Mal Super Bowl, das erste Mal Las Vegas und sogar das erste Mal USA. Ich flog bereits am Montag los, um den ganzen Wahnsinn aufzusaugen. Um zu erleben, wie groß das größte Sportevent der Welt wirklich ist.
"Die Germany Games haben mich ein bisschen aus den Latschen gehauen"
teleschau: Seit Beginn dieser Saison sind Sie als NFL-Kommentator zurück. Fiel es Ihnen schwer, nach sechs Jahren Football-Abstinenz wieder reinzufinden?
Schmidt-Sommerfeld: Zurückzukommen hat total Spaß gemacht, und die Rückmeldungen von Kollegen und aus dem Netz waren positiv. Aber ich finde schon, dass ich jetzt Football inhaltlich wieder auf einem anderen Niveau ins Wohnzimmer bringen kann, als ich es Anfang der Saison konnte. NFL-spezifisch war ich doch etwas eingerostet. Jetzt greifen wieder alle Automatismen, und ich stecke komplett drin.
teleschau: Wie lautet Ihr vorläufiges Fazit zur ersten NFL-Saison bei RTL?
Schmidt-Sommerfeld: Bei RTL ist einfach alles nochmal eine Nummer größer. Als ich angefangen habe, wurden bei "ran" die Spiele auf dem kleinen Spartensender ProSieben Maxx gesendet. Damals haben wir uns noch wie die Schneekönige über jedes Spiel auf SAT.1 gefreut. Wie es ein paar Jahre später aussieht, hätten wir selbst damals nicht für möglich gehalten. Jetzt hat RTL praktisch die komplette Saison im Hauptprogramm gezeigt, das ist ja fast surreal.
teleschau: Wie haben Sie den Hype um die Germany Games in Frankfurt wahrgenommen?
Schmidt-Sommerfeld: Das hat mich ganz persönlich ein bisschen aus den Latschen gehauen. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie krass Frankfurt wird. Man konnte keine zwei Meter durch dieses Stadion laufen, ohne, dass sich irgendwer gefreut hat und ein Bild machen wollte. Mein Gefühl ist: Wir waren damals deren Zugang zu diesem Sport und sind es irgendwie immer noch. Als On-Air-Crew sind wir gefühlt der Ersatz für das Menschliche, was man mit einem NFL-Star über diese Distanz nicht so leicht aufbauen kann.
teleschau: Wie nehmen sie das Fantum außerhalb des Stadions wahr?
Schmidt-Sommerfeld: Wie viele Leute sieht man auf der Straße mit Caps oder Hoodies von den Teams? Inzwischen tragen Football-Fans ihre Trikots, wie andere Fußball-Trikots tragen. Die leben das hart. Es ist erstaunlich, was da gewachsen ist in den letzten Jahren. Die allerbesten Botschafter für den Sport sind die Fans, die sich sonntags vor den Fernseher setzen und zwei, drei Kumpels mehr einladen. Da wirst du wirklich angefixt.
Alles begann mit einem Gameboy-Spiel
teleschau: Warum lässt sich die NFL so gut vermarkten?
Schmidt-Sommerfeld: Jeder, der irgendwas mit Sport anfangen kann, wird in der NFL das serviert kriegen, was ihn am Sport fasziniert. Du kannst die Athletik bewundern, dich unendlich tief in diese komplexe Taktik eingraben oder dich von geilen Spielzügen berieseln lassen. Und die Eventfans werden von dieser Größe abgeholt: Nichts ist so groß und so shiny wie die NFL. Wer hat so eine Halbzeitshow? Die Flugzeuge, die Nationalhymne, die zahlreichen Kamera-Perspektiven. Es ist alles so bombastisch, dass du immer das Gefühl hast: Wenn du einschaltest, passiert etwas ganz Großes.
teleschau: Wie hat die ehemals so beschauliche, familiäre Community auf den Hype reagiert?
Schmidt-Sommerfeld: Leider zwiegespalten, aber der allergrößte Teil feiert das. Dann gibt es aber auch eine kleine Gruppe, aktiv auf Social Media, die es nicht so geil findet, dass dieser Sport jetzt überall präsent ist. Ich finde das sehr traurig, denn was kann nur die Motivation dahinter sein? Es geht darum, in einem kleinen Königreich der König sein zu wollen, nicht um den Sport, sondern nur um einen selbst. Und das ist nie ein guter Antrieb.
teleschau: Wann hat Sie selbst das Football-Fieber gepackt?
Schmidt-Sommerfeld: Mein erster Kontakt mit dem Sport war in den 90-ern, als ich ein Fußball-Gameboy-Spiel haben wollte. Meine Eltern haben auf der Verpackung "Football" gelesen und dachten: "Das ist das Richtige." Dann machte ich meinen Gameboy an, und es quatschte mich John Madden voll, alles war auf Englisch. Irgendwann habe ich dann gefühlt als einziger Junge in meinem Alter "Madden" auf dem Gameboy gespielt. Der erste Super Bowl, an den ich mich erinnere, war 2008. Regular Season konnte man ja gar nicht schauen im Free-TV, dagegen sind das heute paradiesische Zustände.
Das "ran"-Casting war "der wichtigste Schritt meines Lebens"
teleschau: Ihre Kommentatoren-Karriere begann dann mit einem Casting für "ran".
Schmidt-Sommerfeld: Mir ist das alles noch wahnsinnig präsent, weil das der wichtigste Schritt meines Lebens war. Anfang meiner 20-er habe ich alles dafür gegeben, dass, wenn eine solche Chance mal kommt, ich sie auch nutzen kann. Mein bester Kumpel Alex Klich, heute auch Sportkommentator bei Magenta, hat mit mir das Bewerbungsvideo gedreht: "Komm, ich habe eine Kamera, ein Mischpult und ein Kommentatoren-Headset." Nachdem es eingereicht war, war es glaube ich sogar Icke Dommisch, der meinte: "Den Mann sollte man mal einladen zum Casting."
teleschau: Und das kann man sich wie vorstellen?
Schmidt-Sommerfeld: Dann bin ich an einem Wochentag, vormittags - eigentlich noch nicht meine Zeit - nach Unterföhring. Dann hieß es: "Bereitet euch mal ein bisschen vor, dann geht's ins Studio, und dann kommentiert ihr mit Jan Stecker eine Sequenz." Ich war dann wahnsinnig schnell in meiner Zone. Wahrscheinlich waren das 10 oder 15 Minuten, aber gefühlt war alles nach drei Minuten rum. Als mir dann jemand aufs Ohr gesagt hat: "Danke, das war's schon", dachte ich zunächst: "Oh, f..k." Dann höre ich aber über Funk noch den Halbsatz: "Der hat das ja geil gemacht." Ich habe dann noch ein komplettes Spiel als Probekommentar gemacht. Und einen Monat später, im Oktober 2015, war ich schon auf Sendung. And the rest is history (lacht).
teleschau: Heute haben Sie mit dem "Lauschangriff" einen Podcast mit Frank Buschmann. War er damals ein Vorbild?
Schmidt-Sommerfeld: Ja, das weiß er auch. Bevor ich das erste Mal darüber nachgedacht habe, ob das nicht auch ein Job für mich wäre, war Buschi schon meine Ikone und ist es auch immer geblieben. Er hat das Kommentieren in Deutschland auf ein anderes Level gehoben. Nie hat jemand das so euphorisch, so laut und mit so viel Herz gemacht.
teleschau: Bleibt Sport immer die Nummer eins, oder gibt es verstärkt Ausflüge ins Entertainment?
Schmidt-Sommerfeld: Mein Kern wird immer Sport bleiben. Ich liebe das alles zu sehr, um es sein lassen zu können. Aber ich bin für alles, was es im Entertainment-Bereich gibt, dankbar und offen. Für mich ist es mega spannend zu sehen, wie schwer es ist, eine coole Unterhaltungsshow zu konzipieren, und "99" war eine unfassbare Erfahrung. Auch da muss man Buschi dankbar sein. Er hat mir immer wieder erzählt, dass Leute am Anfang gesagt haben: "Dann wirst du als Sportreporter nicht mehr ernst genommen." Aber er hat er eindrucksvoll gezeigt, dass das exzellent nebeneinander hergeht.
"Wir brauchen Medienkompetenz als Schulfach"
teleschau: Sie haben sicher kürzlich die Aufregung um das Fake-Video und Ihren Kollegen Cornelius Küpper mitbekommen. In einem ausfälligen Clip wurde seine Stimme per KI gefälscht.
Schmidt-Sommerfeld: Vor ein paar Monaten habe ich Corni in London kennengelernt. Mir war sehr schnell klar, wenn man genau hinhört, klingt das nicht nach ihm. Zudem würde er sowas nie sagen. Und: Er kommentiert nicht für Sky. Ich habe ihm dann geschrieben: "Ich bin wahrscheinlich nicht der Erste, aber hat dich auf dieses Ding schon jemand aufmerksam gemacht?"
teleschau: Was waren Ihre Gedanken dazu?
Schmidt-Sommerfeld: Als ich gesehen habe, wie viele Leute das auf Social Media verschickt hatten, hatte ich sofort den Gedanken: "Wir brauchen Medienkompetenz als Schulfach." Für mich, der in den Medien arbeitet, war das leicht als Fake zu erkennen. Es ist auch nur ein Rechercheaufwand von einer Minute, das zu checken. Aber wenn man kein Bewusstsein hat dafür, steht man natürlich verloren da. Jeder Mensch, der in den Medien steht, wird jetzt mehr und mehr mit diesen KI-Sachen konfrontiert werden und die werden immer besser. Deshalb ist es ultrawichtig, den Menschen den Umgang damit beizubringen und den Jungen, die sich so viel im Internet rumtreiben, umso mehr.