Schmitt: Rekordflug im Grenzbereich

Schmitt: Rekordflug im Grenzbereich
Schmitt: Rekordflug im Grenzbereich

Erst Ende März hatte Martin Schmitt noch darüber spekuliert, wie sich denn der Skisprung-Weltrekord in der Zukunft entwickeln würde. Bei den 253,5 Metern des Österreichers Stefan Kraft müsse noch nicht Schluss sein, hatte der ehemalige Weltklasse-Springer der dpa vor dem Saisonfinale in Planica gesagt.

Nur einen Monat später waren alle Spekulationen über einen neuen Weltrekord jäh beendet. Mit seinem Rekordsprung kratzte Ryoyu Kobayashi dabei an der irren Weite von 300 Metern. Der Japaner sprang auf einer provisorischen Schanze in Island unglaubliche 291 Meter weit und überbot den bisherigen Weltrekord um fast 40 Meter. Das bestätigte der Weltverband FIS am Mittwoch.

Schmitt warnt vor immer weiteren Flügen

Nach Kobayashis Wahnsinns-Sprung zeigte sich Schmitt im Eurosport-Interview beeindruckt vom Japaner, gleichzeitig warnte er aber auch vor immer weiteren Sprüngen: „Es sah sicher und stabil aus. Trotzdem bewegt man sich, um diese Weiten erreichen zu können, immer auch in einem Grenzbereich.“

Ab einem gewissen Punkt gebe es sicher eine Grenze. „Aber wo diese liegt, weiß niemand. Man hat völliges Neuland betreten und gesehen, dass es bei diesen Flügen gut funktioniert hat“, meinte der 46-Jährige.

Skispringen: „Monsterbakken“ für Rekordversuch errichtet

Für den Rekordflug war im Skigebiet Hlidarfjall extra ein „Monsterbakken“ mit enorm langem Anlauf in einen Hang gebaut worden. Dort stand der 27-Jährige zunächst Flüge auf 259 und 282 m, ehe er auf 291 m segelte. Schon zuvor war ein Video von einem solchen Rekord-Flug Kobayashis viral gegangen.

Schmitt geht allerdings nicht davon aus, dass es jetzt eine Jagd um neue Rekorde geben werde. Auch glaubt der ehemalige Olympiasieger nicht, dass derart große Schanzen demnächst auch im Weltcup gesprungen würden. „Man muss da unterscheiden. Es ist natürlich keine zertifizierte Weltcup-Anlage, auf der man sicherstellen muss, dass 40 Athleten in einem Skiflugwettkampf unter guten Bedingungen runterkommen“, meinte Schmitt.

Sprung extra auf Kobayashi zugeschnitten

Der Rekordsprung in Island sei extra auf einen absoluten Topsspringer zugeschnitten worden und unter optimalen Bedingungen durchgeführt worden. Daher sei es extrem beeindruckend, was hier gelungen sei. Nun müsse der Flug noch genauer analysiert werden, dann wären auf dieser Schanze sicher noch weitere Sprünge möglich. „Im Nachgang werden sicherlich alle Daten, die Geschwindigkeitsverläufe und die Höhen in den einzelnen Flugphasen angeschaut und analysiert werden“, führte Schmitt aus.

Danach könne man die Flüge noch besser einschätzen. „Was könnte man im Sprung optimieren, was beim Material, welche Nuancen im Profil der Schanze“, nannte der ehemalige Topspringer Faktoren, die dabei in den Fokus genommen werden könnten.

Hannawald: Die Weitenjagd ist eröffnet

Zuvor hatte sich bereits Sven Hannawald zum spektakulären Flug von Ryoyu Kobayashi geäußert. „Von gefühlt allen Kontakten in meinem Adressbuch kam der Link zum Video“, berichtete der ehemalige Weltklasse-Skispringer Sven Hannawald dem SID. „Die Weitenjagd ist jetzt eröffnet. Es ging nur darum, wer den ersten Schritt macht.“

Durch die Augen seines jüngeren Ichs sagte der heute 49-Jährige: „Ich wäre direkt mitgefahren.“ Für die nun startende Rekordjagd kämen alle „stabilen Flieger“ infrage. Etwa der Österreicher Stefan Kraft. Hannawald ist begeistert und warnte zugleich: „Wir kommen in eine Region, wo man den Kopf mit dabei haben muss.“ Denn sollten die Bedingungen nicht stimmen, „gilt es, zurückzuziehen“.