Treffen mit Scholz - Schmyhal fordert Kampfpanzer
Berlin (dpa) - Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Treffen in Berlin konkrete Vorschläge zur Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an die Ukraine gemacht. «Wir haben über das Thema gesprochen.
Wir haben sogar vorgeschlagen, auf welche Weise Deutschland die Ukraine mit diesen Panzern versorgen kann», sagte Schmyhal am Sonntag nach seinem Gespräch mit Scholz im Kanzleramt vor Journalisten.
Er könne «nicht alle Vereinbarungen und alle Einzelheiten des Gesprächs» offenlegen. «Aber wir haben diese ganzen Fragen zu den Panzern und anderen militärischen Systemen für die Ukraine absolut konstruktiv diskutiert.» Auf die Frage, ob er optimistisch sei, dass die Kampfpanzer am Ende geliefert werden, sagte Schmyhal: «Ich bin immer optimistisch.»
Scholz sagt allgemein weitere militärische Unterstützung zu
Der Ministerpräsident war am Nachmittag von Scholz mit militärischen Ehren vor dem Kanzleramt empfangen worden. Eine gemeinsame Pressekonferenz war am Samstag von deutscher Seite aus Termingründen abgesagt worden. Regierungssprechers Steffen Hebestreit teilte zu dem Treffen unter anderem mit: «Der Bundeskanzler betonte, dass Deutschland nicht nachlassen werde, die Ukraine militärisch, aber auch politisch, finanziell und humanitär zu unterstützen.» Auf mögliche konkrete Waffenlieferungen ging er nicht ein.
Schmyhal hatte bereits vor seiner Ankunft in Berlin die Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 von der Bundesregierung gefordert. «Wir benötigen einen Wandel in der Philosophie der Waffenlieferungen. Damit meine ich: Es sollten auch moderne Kampfpanzer geliefert werden», sagte Schmyhal in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die Leopard 2 seien «die modernen Panzer, die die Ukraine auf dem Schlachtfeld braucht».
Schmyhal macht auch ein Angebot: Atomstrom für Deutschland
Die Bundesregierung hat der Ukraine bisher Waffen im Wert von mehr als 700 Millionen Euro zugesagt, der größte Teil davon ist schon geliefert - darunter auch einiges an schweren Waffen: zehn schwere Artilleriegeschütze vom Typ Panzerhaubitze 2000, 15 Flugabwehrpanzer, drei Mehrfachraketenwerfer und drei Bergepanzer. Zur Lieferung von Kampfpanzern hat sich Scholz bisher skeptisch geäußert. Auch kein anderer Nato-Staat hat bisher Kampfpanzer westlicher Bauart in die Ukraine geliefert. Der Kanzler hat immer darauf gepocht, dass Deutschland hier keinen Alleingang machen werde.
Schmyhal stellte bei seinem Besuch aber nicht nur Forderungen auf, sondern machte auch ein Angebot. Die Ukraine will Deutschland mit der Lieferung von Atomstrom auf dem Weg aus der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen unterstützen. «Derzeit exportiert die Ukraine ihren Strom nach Moldau, Rumänien, in die Slowakei und nach Polen. Aber wir sind durchaus bereit, unsere Exporte auf Deutschland zu erweitern», sagte Schmyhal der dpa vor seinem Treffen mit Scholz. Er wolle mit dem Kanzler darüber spreche. «Wir haben eine ausreichende Menge an Strom in der Ukraine dank unserer Kernkraftwerke. Bei meinem Besuch in Berlin und dann auch in Brüssel werde ich das ansprechen.»
Entwicklungsministerin will Binnenflüchtlingen helfen
Schmyhal war der höchstrangige ukrainische Besucher in Deutschland seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor gut einem halben Jahr. Er wurde in Berlin auch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue empfangen. Außerdem traf er sich mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), die ihm Hilfe beim Wiederaufbau versprach. Sie verwies darauf, dass Deutschland direkt nach Beginn des Krieges Soforthilfe von 185 Millionen Euro bereitgestellt habe. Diese Unterstützung solle nun mit bereits zugesagten 406 Millionen Euro fortgesetzt werden. «Der Schwerpunkt soll auf der Unterstützung innerhalb des Landes geflüchteter Familien liegen, sagte Schulze.
Am Montag will Schmyhal Gespräche in Brüssel führen. Auch dort wird es um Stromexporte gehen. Die Ukraine ist seit März an das europäische Netzwerk angeschlossen. Seitdem exportiert das Land täglich zwischen 400 und 700 Megawattstunden Strom in die Europäische Union und nach Moldau. Schmyhal will die Exportquoten für die EU nun um ein Vielfaches erhöhen. «Das wäre für beide Seiten sehr gut. Die EU bekäme mehr Energie und wir (bekämen) die Devisen, die wir dringend benötigen», sagte der Ministerpräsident. Die Ukraine ist eines der am stärksten von Atomenergie abhängigen Länder der Welt, ihr Anteil an der Stromproduktion beträgt nach Angaben des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung mehr als 50 Prozent.
Nachfolger von Botschafter Melnyk benannt
Unmittelbar vor dem Besuch Schmyhals wurde eine Personalentscheidung bekannt, über die schon seit längerem spekuliert wurde. Die Ukraine benannte offiziell den Nachfolger des derzeitigen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk. Olexij Makejew, der derzeitige Sanktionsbeauftragte der Regierung in Kiew, soll den Posten übernehmen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe auf Ersuchen der ukrainischen Regierung bereits seine Zustimmung erteilt, teilte das Auswärtige Amt auf Anfrage mit. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte den amtierenden Botschafter Melnyk Mitte Juli von seinem Posten abberufen. Geplant ist, dass Melnyk am 14. Oktober Deutschland verlässt und einen Posten im ukrainischen Außenministerium annimmt.