"Schreckliche Selbstbeweihräucherung": Fernsehpreis fällt beim TV-Publikum durch

Michael Bully Herbig (vorne) wurde beim Deutschen Fernsehpreis am Donnerstag der Ehrenpreis verliehen. (Bild: 2023 Getty Images/Andreas Rentz)
Michael Bully Herbig (vorne) wurde beim Deutschen Fernsehpreis am Donnerstag der Ehrenpreis verliehen. (Bild: 2023 Getty Images/Andreas Rentz)

Die Quoten sprechen eine deutliche Sprache: Das Interesse des TV-Publikums am Fernsehpreis war am Donnerstagabend eher gering. Auch die Reaktionen im Netz fielen alles andere als positiv aus.

Quoteneinbußen beim "Deutschen Fernsehpreis": Im Schnitt sahen nur 1,03 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer am Donnerstagabend die alljährliche Gala-Veranstaltung auf SAT.1, Rund 270.000 davon waren Teil der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Zum Vergleich: 2022 übertrug das ZDF die Preisverleihung und bewegte damals mit 2,18 Millionen Zusehenden mehr als doppelt so viele Menschen zum Einschalten.

Jury-Entscheidungen rufen Unverständnis hervor

Auch das Fazit des TV-Publikums zur diesjährigen Verleihung fällt mau aus. Nachdem etwa Tom und Bill Kaulitz in der Kategorie "Beste Unterhaltung Show" mit ihrem RTL-Format "That's my Jam" gegen "Wer stiehlt mir die Show?" (ProSieben) und "Die Giovanni Zarrella Show" (ZDF) gewonnen hatten, kommentierte eine Facebook-Nutzerin: "Wer war denn da in der Jury? Die durchgeknallte Sendung von den Kaulitz Twins, Euer Ernst??!! 'Wer stiehlt mir die Show' ist so eine geniale Unterhaltungssendung und die Gewinnersendung nur ein Billig-Abklatsch von dem US Original!"

"Was in der Rubrik 'Unterhaltung' den diesjährigen Fernsehpreis gewonnen hat, zeigt den Zustand des deutschen Zuschauers: Doof, ungebildet, flach, trashig", lautete das ebenso wenig erbauliche Urteil eines X-Users (ehemals Twitter).

Ebenfalls mit der Wahl der Jury unzufrieden war diese Twitter-Nutzerin: "'Der Schwarm' gewinnt den Fernsehpreis. Also Millionen Euro raushauen für die langweilige Verstümmelung eines großartigen Romans reicht für sowas? Das ist, als ob man einen Michelin-Stern kriegt, weil man die neapolitanische Pizza mit Blätterteig und Ketchup neu interpretiert. Aber hey, das Dschungelcamp hat auch 'nen Preis bekommen, was soll man dazu noch sagen ..." Als besten Mehrteiler hätte auch eine weitere Zuschauerin eher eine andere ZDF-Produktion bewertet: "'Gestern waren wir noch Kinder' hätte es tausend mal mehr verdient."

"Schreckliche Selbstbeweihräucherung"

Zahlreiche weitere Zuschauerinnen und Zuschauer kritisierten die Veranstaltung an sich. "Was sollte das gestern Abend sein?!?!? Eine der langweiligsten und lächerlichsten Sendungen überhaupt", befand ein Facebook-User. "Kann man nicht mehr schauen. Habe umgeschaltet. Langweilig und was für Sendungen teilweise jetzt so einen Preis gewinnen. Was ein Niveau... Wo ist das Fernsehen gelandet", pflichtete ihm eine weitere Nutzerin bei. "Schreckliche Selbstbeweihräucherung", lautete derweil das knappe Fazit eines Zuschauers.

Deutscher Fernsehpreis: Fachjury wählt Nominierte und Preisträger

Geehrt werden sollten in Köln einmal mehr herausragende TV-Produktionen sowie deren verantwortliche Köpfe - vor und hinter der Kamera. Die Auszeichnung wird jährlich in insgesamt 30 Kategorien verliehen. Eine unabhängige Fachjury wählt die Nominierten und die Preisträgerinnen sowie Preisträger aus. Turnusgemäß war diesmal SAT.1 federführend verantwortlich für die Ausstrahlung der TV-Feier.

Alle 30 Preise des Deutschen Fernsehpreises 2023 im Überblick

Von der Auszeichnung berücksichtigt wurden Formate, die zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 30. Juni 2023 veröffentlicht wurden. Ein Überblick:

Fiktion:

  • Bester Fernsehfilm: "Die Bürgermeisterin" (ZDF/Network Movie)

  • Bester Mehrteiler: "Der Schwarm" (ZDF/Intaglio Films/ndF IP)

  • Beste Drama-Serie: "Kleo" (Netflix/Zeitsprung Pictures)

  • Beste Comedy-Serie: "King of Stonks" (Netflix/btf)

  • Beste Schauspielerin Jella Haase für "Kleo" (Netflix)

  • Bester Schauspieler: Philip Froissant für "Die Kaiserin" (Netflix/Sommerhaus Serien)

  • Beste Regie Fiktion Nina Vukovic für "Der Schatten" (ZDFneo/Keshet Tresor Fiction)

  • Bestes Buch Fiktion: Natalie Scharf für "Gestern waren wir noch Kinder" (ZDF/Seven Dogs Filmproduktion)

  • Beste Kamera Fiktion: Tim Kuhn für "Luden - Könige der Reeperbahn" (Prime Video/NEUESUPER)

  • Bester Schnitt/Montage Fiktion: Rainer Nigrelli, Florian Böttger, Christoph Otto für "King of Stonks" (Netflix/btf)

  • Beste Musik Fiktion: Christoph Schauer, Max Filges für "Höllgrund" (ARD/SWR/Studio Zentral)

  • Beste Ausstattung Fiktion: Gabriela Reumer (Kostüm), Matthias Müsse (Szenenbild) für "Die Kaiserin" (Netflix)

Unterhaltung:

  • Beste Unterhaltung Show: "That's my Jam mit Bill und Tom Kaulitz" (RTL+/SEO Entertainment)

  • Beste Comedy/Late Night: "TV Total" (ProSieben/Raab TV/Brainpool)

  • Bestes Factual Entertainment: "Zum Schwarzwälder Hirsch - eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer" (Vox/Vitamedia Film)

  • Beste Unterhaltung Reality: "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" (RTL/ITV Studios Germany)

  • Beste Einzelleistung/Moderation Unterhaltung: Barbara Schöneberger für "Eurovision Song Contest 2023 - Unser Lied für Liverpool" (ARD/NDR/Bildergarten Entertainment)

  • Beste Regie Unterhaltung: Mark Achterberg für ""Die Giovanni Zarrella Show" (ZDF/Bavaria Entertainment) und "Let's Dance" (RTL/Seapoint/BBC Studios)

  • Bestes Buch Unterhaltung: Jakob Lundt für "Wer stiehlt mir die Show?" (ProSieben/Florida Entertainment)

  • Beste Ausstattung Unterhaltung: Angel Garcia (Kostüme Tänzer:innen) für "The Masked Singer" (ProSieben/Endemol Shine)

  • Information

  • Beste Information "Sechs Monate Krieg gegen die Ukraine - tagesthemen live aus Kiew" im August 2022 (ARD)

  • Bestes Infotainment: "Sterben für Anfänger" (RTL+/I&U TV Produktion)

  • Beste Dokumentation/Reportage: "Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban" (ProSieben/PQPP2)

  • Beste Doku-Serie: "Joko Winterscheidt Presents: The World's Most Dangerous Show" (Prime Video/Florida Entertainment/K2H/27 KM Entertainment)

  • Beste persönliche Leistung Information: Arndt Ginzel für die Berichterstattung zum Ukraine-Krieg (ZDF)

  • Beste Kamera Information/Dokumentation: Nicolai Mehring für "Erfundene Wahrheit - Die Relotius-Affäre" (Sky/Kinescope Film/Sky Studios)

  • Bester Schnitt/Montage Information/Dokumentation: André Nier, Sarah-Christin Peter für "Reeperbahn Spezialeinheit FD65" (ARD/NDR/SWR/WDR/rbb/gebrueder beetz/OneGate Media)

Sport:

Beste Sportsendung: "Fifa Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022" (ZDF)

Einen Förderpreis gab es zudem für Bruno Alexander, Emil Belton, Oskar Belton, Leonard Fuchs und Max Mattis für ihre Serie "Intimate" (Joyn/Kleine Brüder/Pyjama Pictures).