Schwerer Winter: Neue Phase im Krieg mit Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte eine neue Phase im Krieg mit Russland an. Trotz Rückschlägen und eisiger Wintertemperaturen will die Ukraine nicht aufgeben.

Der Winter dürfte die Kämpfe in der Ukraine erschweren
Der Winter dürfte die Kämpfe in der Ukraine erschweren

Charkiw, Nordostukraine: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine neue Phase im Krieg mit Russland angekündigt. Der Winter dürfte die Kämpfe erschweren. Trotz der Rückschläge werde die Ukraine aber nicht aufgeben, sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur The Associated Press am Freitag.

"Wir befinden uns in einer neuen Phase des Krieges, das ist eine Tatsache", sagte Selenskyj. "Der Winter als Ganzes ist eine neue Phase des Krieges".

Weiter fügte er hinzu: "Ob ich zufrieden bin? Sehen Sie, wir weichen nicht zurück, ich bin zufrieden."

Konkurrierende Interessen und begrenzte Ressourcen

Selenskyj äußerte auch die Befürchtung, dass der Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen den Konflikt in der Ukraine zu überschatten drohe. Konkurrierende politische Interessen und begrenzte Ressourcen in der militärische Hilfe könnten die Fähigkeit seines Landes, die Konfrontation mit Russland aufrechtzuerhalten, erheblich beeinträchtigen.

Seine Bedenken werden durch die politischen Turbulenzen, die in dem US-Wahljahr 2024 zu erwarten sind, noch weiter verstärkt.

Ukraines Gegenoffensive, die durch die westliche Militärhilfe einschließlich schwerer Waffen in Milliardenhöhe finanziert wurde, brachte nicht die erwarteten Durchbrüche. Nun befürchten ukrainische Beamte, dass die künftige Hilfe weniger großzügig ausfallen könnte.

Inzwischen gehen der Ukraine die Munitionsvorräte aus. Es droht eine militärische Pattsituation.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte eine neue Phase im Krieg mit Russland an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte eine neue Phase im Krieg mit Russland an

Krieg unter erschwerten Bedingungen

Zum Jahresende muss sich die militärische Führung angesichts des Winterwetters zwar mit neuen, aber dennoch vertrauten Herausforderungen auseinandersetzen. Ukrainische Soldaten müssen eisige Temperaturen aushalten und bleiben auf den kargen Feldern ungeschützt. Hinzu kommt die Bedrohung durch großflächige russische Luftangriffe, die vor allem auf die Zivilbevölkerung und Städte mit einer Energieinfrastruktur abzielen.

Am 25. November startete Moskau den umfangreichsten Drohnenangriff seit Kriegsbeginn. Die meisten der 75 aus iranischer Produktion stammender Shahed-Drohnen hatten Kiew zum Ziel - ein beunruhigender Präzedenzfall für die kommenden Monate. "Das ist der Grund, warum ein Winterkrieg schwierig ist", sagte Selenskyj.

Keine zufriedenstellenden Ergebnisse im letzten Sommer

Selenskyj gab auch eine ernüchternde Bewertung der Gegenoffensive des letzten Sommers: "Wir wollten schnellere Resultate. So gesehen, haben wir leider nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt. Das ist eine Tatsache", sagte er.

Die Ukraine habe nicht alle benötigten Waffen von ihren Verbündeten erhalten. Auch habe die begrenzte Größe der ukrainischen Streitkräfte einen schnellen Vormarsch verhindert.

"Wir hatten nicht genug Energie, um die gewünschten Ergebnisse schneller zu erreichen. Aber das bedeutet nicht, dass wir aufgeben sollten", sagte Selenskyj. "Wir sind, was unser Handeln angeht, zuversichtlich. Wir kämpfen für das, was uns gehört."

Schrittweise Gebietsgewinne

In den letzten Monaten habe es auch einige positive Entwicklungen gegeben, sagte er.

Der Ukraine sei es gelungen, gegen einen besser bewaffneten und stärkeren Feind schrittweise Gebietsgewinne zu erzielen.

Trotzdem kontrolliert Russland weiterhin ein fünftel des Staatsgebiets der Ukraine. Der Druck auf Selenskyj, Ergebnisse zu liefern, wächst damit nicht nur im eigenen Land sondern auch international.

Auf die Frage, wie er als Staatschef eines Landes, das sich im Krieg befindet, zurechtkomme, sagte Selenskyj, er habe keine Worte, um zu beschreiben, wie schwierig diese Aufgabe ist. Er könne sich aber auch nicht vorstellen, den Posten zu verlassen.

"Das kann man wirklich nicht tun", sagte er. "Das wäre sehr unfair, falsch und definitiv demotivierend.

Video: Geht die Ukraine weg von der Gegenoffensive hin zur Verteidigung?