Serie „Spezialisten“: In Borgards Herrenladen können es Männer richtig krachenlassen

In seinem Laden führt Bernert Kleidung, die alles andere als alltäglich ist.

Detlev Bernert kann im Grunde sogar das Silvesterfeuerwerk toppen. Er bringt nämlich nicht nur zum Jahreswechsel strahlenden Glanz, er tut es, wo immer und wann immer er auftritt. Das hängt mit seiner Leidenschaft zusammen und damit, dass ihn das Übliche noch nie interessiert hat. Schon gar nicht beim Thema Mode. Seit 23 Jahren betreibt der Kölner in der Innenstadt den Herrenladen Borgards. Bernert möchte bewusst nicht als „Herrenausstatter“ fungieren, weil das in seinen Ohren verstaubt und gestrig klingt. Er verleihe Herren ein Gefühl, welches sie woanders nicht bekämen. Woanders, das ist dort, wo Männerschuhe im Wesentlichen braun oder schwarz sind. In Bernerts Herrenladen sind die Schuhe mitunter so bunt, dass manchem Mannsbild bei der Erstbetrachtung ein konsterniertes „Oh!“ entfleucht. Bei anderen Herren klingt das Oh indes fünfvokalig und sehr begeistert. Es sind Männer wie Guido Cantz, denen man nicht mehr erklären muss, dass die Zeiten vorbei sind, in denen Brokatmuster allenfalls eine Berechtigung auf Omas Sofakissen hatten. Zu behaupten, dass Bernert außergewöhnliche Männerklamotten vertreibt, wäre richtig und doch falsch. Die größte Leistung des 53-Jährigen besteht wahrscheinlich darin, dass selbst vermeintlich harte Jungs im Laden ihre Selbstdefinition korrigieren. Bestimmte Attribute wie Glitzersteine oder Blütendekor am Schuh – Dinge, die man gerade noch draußen auf der Straße als Weiberkram bezeichnet hätte, werden plötzlich mit anderen Augen gesehen. Modische „Wiederbelebung“ des Mannes Immer wieder erlebt Bernert, dass sich völlig unauffällige, um nicht zu sagen unscheinbare Typen in sein Sortiment vergucken und zu Stammkunden werden. Eimol Prinz zo sin, reicht dann nicht mehr. Dass sich in Köln nur schwule Männer trauen, den modischen Trampelpfad zu verlassen, sei ein Irrtum, betont Bernert. „Ich erlebe oft das Gegenteil.“ Verpartnerte Männer griffen heute eher zu gedeckten Farben „und bloß nicht zu heftig“, wohingegen es der Hetero-Mann um die 45 und aufwärts immer öfter krachenlassen möchte. „Bei Frauen würde man es vielleicht Wechseljahre nennen, bei Männern empfinde ich es wie eine Wiederbelebung“, sagt der gelernte Einzelhandelskaufmann, der selber das beste Aushängeschild für seine Kollektion ist. Nachdem Bernert vor 17 Jahren damit begonnen hat, mangels entsprechendem Angebot eine eigene Schuhkollektion zu entwickeln, geht inzwischen mehr als die Hälfte des Sortiments auf seine eigenen Entwürfe zurück. Die Schuhe tragen kölsche Namen wie Hennes, Jupp und Mattes, bei den Hemden kann man unter anderem zwischen dem Modell Schäng oder Tünnes wählen. Zu Bernert kommen keine Männer, die einen Anzug brauchen, sondern die, die einen tragen wollen. Nicht irgendeinen, sondern einen besonderen: Zum Beispiel einen mit Rosenmuster oder mit Schlangenprint. Und wenn es ein Karo-Stoff sein soll, dann bitte mit besonderen Knöpfen, ungewöhnlichem Futterstoff und auffälligen Revers-Rückseiten. Im Großen und Ganzen findet das neue Outfit des Mannes auch bei den Partnerinnen Anklang. Nur fünf Prozent der Frauen, so schätzt der Experte, haben nicht nur Angst, dass der Gatte ihnen die Show stiehlt, sondern legen ein Veto mit der Begründung ein: „Darin sieht der zu gut aus und ist dann vielleicht ganz weg.“ Zu entkommen, wäre einem seiner Kunden kaum möglich gewesen, erzählt Bernert schmunzelnd. Die Abendgesellschaft sei von den Schuhen des Mannes derart begeistert gewesen, dass sie zu gründlicheren Begutachtung von Gast zu Gast weitergereicht wurden. Im Fall eines anderen Kunden ist die Gefahr einer partnerschaftlichen Umorientierung ebenfalls gering. Der 80-jährige Herr mit der unvermeidlichen Sonnenbrille, der jüngst in Bernerts Laden zugeschlagen hat, wird sicherlich bei seiner Hannelore bleiben....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta