"Als würde Liverpool versuchen, Schultz aus Köln loszueisen"

Nach den Absagen von Xabi Alonso, Julian Nagelsmann, Ralf Rangnick und zuletzt auch Thomas Tuchel, haben sich die Bayern auf Vincent Kompany als neuen Coach festgelegt. Als treibende Kraft des Deals galt Sportvorstand Max Eberl, der große Stücke auf den Belgier hält. Mit den Worten „Nein. Vertraut mir. Ich sehe etwas in Vincent Kompany“, soll er Uli Hoeneß davon überzeugt haben, den Belgier anstelle von Hansi Flick an Bord zu holen.

Zwar hat Eberl die Bayern-Führungsetage hinter sich gebracht, jedoch herrscht auf der Insel ein großes Stirnrunzeln. Der Guardian und die Times schrieben von einer „Überraschung“, während die Daily Mail den Bayern-Vorstoß gar als „Shock Move“ und „Wagnis“ betitelte. The Athletic beschrieb den Kompany-Fußball als „lobenswert, aber naiv“ und bemängelte, dass sich die fehlende Erfahrung des Coaches in der Taktik zeige.

„Nach so vielen Absagen gibt es eben nicht mehr die 1A-, 1B- oder 1C-Lösung. Der Belgier ist eher ein Plan J“, empfindet die englische Zeitung die Kompany-Verpflichtung eher als Notlösung. Mit dem Titel „Könnte Kompany der neue Alonso werden?“, stellte immerhin Sky Sports eine positive Entwicklung zur Debatte.

England-Experte kritisiert Kompany: „Hatte keinen Plan B“

Pete Sharland von Eurosport in London stieg in die kritische Berichterstattung ein. „Klar, Kompany hat Potenzial, aber ein Wechsel zu einem großen Klub wie Bayern erscheint mir verrückt“, erklärte er. Zwar attestierte er dem 38-Jährigen einen taktisch spektakulären Plan A, der jedoch schnell entschlüsselt worden sei. „Als es nicht mehr so gut lief, hatte er keinen Plan B“, bemängelte er.

Zwar ist Sharland der Ansicht, dass Kompany bei einem spielerisch starken Verein besser funktioniert als zuletzt in Burnley, jedoch bleiben seine Zweifel bestehen. „Was ist, wenn es gegen Leverkusen, Dortmund, Leipzig, Stuttgart oder die großen Klubs in Europa geht? Da mache ich mir Sorgen“, verdeutlichte er. Eurosport merkte zudem an, dass der Deal auf dem Papier so wäre „als würde der FC Liverpool versuchen, Timo Schultz vom 1. FC Köln loszueisen“.

Kompany-Aktie in England steil gesunken

Der Tenor auf der Insel ist klar. Obwohl man in England durchaus Potenzial in Kompany sieht, sind die Zweifel und das Erstaunen über den „Boom-or-Bust-Move“ der Bayern größer. Vor einem Jahr hätte all das wohl noch ein wenig anders ausgesehen. Nach dem dominanten Aufstieg mit dem FC Burnley in die Premier League (14 Punkte Vorsprung auf den Tabellen-Zweiten) galt er als das „Next Big Thing“ an der Seitenlinie.

Der frühere Weltklasse-Verteidiger ließ spektakulären Fußball spielen, weshalb sein Klub als „Mini-ManCity“ bezeichnet wurde. Top-Klubs wie der FC Chelsea und Tottenham Hotspur zeigten Interesse, jedoch blieb Kompany beim frischgebackenen Aufsteiger. Ähnlich deutlich wie der Aufstieg im Vorjahr fiel dann jedoch in dieser Saison der Abstieg aus. Nach nur 24 Punkten und acht Zähler auf das rettende Ufer sank auch der Stern des früheren Manchester-City-Verteidigers wieder.

Die Tatsache, dass Thomas Tuchel auf der Insel einen sehr guten Ruf genießt, dürfte zusätzlich dazu beigetragen haben, dass der Wechsel von Tuchel zu Kompany kritisch gesehen wird.

Pep Guardiola zeigte sich hingegen glücklich über das Zusammenfinden der Bayern und Kompany. „Ich habe die höchste Meinung von seiner Arbeit, seiner Persönlichkeit, seinem Wissen von dem Spiel und der Art und Weise, wie er mit den Medien umgeht“, lobte der Katalane seinen früheren City-Kapitän. Für den FC Bayern bleibt die Hoffnung, dass sich die Expertise von Guardiola, der für Kompany als eine Art Lehrmeister fungierte, als richtig herausstellt.